Neuer Flughafen mit alten Bilanzproblemen - Corona verdirbt dem BER die ersten 100 Tage

Seit 100 Tagen fertigt der BER Fluggäste ab. Endlich. Immerhin waren dafür 14 Jahre Bauzeit nötig. Doch so richtig in die Gänge kommt der neue Flughafen nicht. Teuer ist der Betrieb, noch teurer der Fast-Betrieb. Von Thomas Rautenberg
Viele, sehr viele Aspekte wurden vor dem Start des BER Ende Oktober diskutiert. Etwa: Dass der neue Flughafen schon zu klein ist. dem Ansturm von 34 Millionen Passagieren ist der neue Airport niemals gewachsen, oder: Tegel müsse unbedingt offen bleiben. Seit dem 8. November 2020 ist Tegel nun geschlossen. Und auch in Schönefeld wird kaum noch geflogen. Diese Flugflaute liegt nicht am BER, sondern daran, dass weltweit kaum noch einer fliegen will.
Flughafen ohne Passagiere
Mit der BER-Eröffnung vor einhundert Tagen am 31. Oktober 2020 war die dramatische Entwicklung für den neuen Flughafen schon abzusehen: Über den Monat verteilt wurden im Oktober nur noch 581.000 Passagiere abgefertigt. Das war ein Rückgang um etwa 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und mit jeder Reisebeschränkung im Zuge der Corona-Krise ging es mit den Fluggastzahlen weiter bergab.
Im Januar nun waren in Schönefeld nur noch 207.000 Passagiere unterwegs. Das sind nicht mal 7.000 am Tag und entspricht einem Minus gegenüber der Vor-Corona-Zeit von rund 91 Prozent. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup spricht von einer äußerst schwierigen Situation für die gesamte Luftfahrtbranche. Und er sagt, dass sich diese Krise noch weiter verschärfen wird.
Der Stillstand erhöht den Finanzdruck
Wo nicht geflogen wird, kann ein Flughafen auch keine Start- und Landegebühren kassieren. Parkhäuser stehen leer und wenn Geschäften keine Umsätze mehr machen, müssen Mieten angepasst werden. Rund 300 Millionen Euro Corona-Hilfen hat die Flughafengesellschaft FBB im vergangenen Jahr bekommen. In diesem Jahr müssen die Flughafeneigentümer Berlin, Brandenburg und Bund dem BER sogar ein Darlehen in Höhe von 660 Millionen Euro ermöglichen, damit die Flughafengesellschaft wirtschaftlich über die Runden kommt.
Gerade eröffnet und schon wieder geschlossen
In den vergangenen 100 Tagen sind Teile des neuen BER gar nicht erst ans Netz gegangen oder sofort wieder geschlossen worden. Das neue Billigflieger Terminal T2, gerade erst für 200 Millionen Euro fertiggestellt, blieb zu.
Das Nord- sowie das Südpier des BER sind mangels Bedarf stillgelegt worden. Auch die neue Südstartbahn ist erst am 04. November in Betrieb gegangen, aber ebenfalls wieder zu. Und ab dem 23. Februar soll auch das Terminal 5, also der alte Flughafen Schönefeld, eingemottet werden.
Für die Flughafenangestellten ist seit geraumer Zeit Kurzarbeit angesagt. Darüber hinaus will das Unternehmen rund 500 Stellen abbauen – möglichst sozial verträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen.
Sparen allein reicht nun nicht mehr
Mit Sparen allein wird die Flughafengesellschaft nicht über die Runden kommen. Experten schätzen den Finanzbedarf der FBB in den kommenden Jahren auf rund 1,8 Milliarden Euro. Geld, für das die Steuerzahler aufkommen müssen. Erst für das Jahr 2025 rechnet die Flughafengesellschaft mit einer Erholung des internationalen Luftverkehrs auf Vorkrisenniveau. Bis dahin sind alle deutschen Flughäfen auf die finanzielle Unterstützung durch ihre Gesellschafter angewiesen - und der BER auf die besonders umfangreichen Zahlungen des Bundes, Berlins und Brandenburgs.
Sendung: Inforadio, 08.02.2021, 10 Uhr