Vonovia und Deutsche Wohnen - Immobilienriesen bieten Berlin rund 20.000 Wohnungen zum Kauf an

Berlin will den Zusammenschluss der Immobilienriesen Vonovia und Deutsche Wohnen nutzen, um Tausende Wohnungen zu kaufen. Der Berliner Mieterverein befürchtet, dass der Druck auf die Mieten durch die Fusion noch steigen wird.
Die geplante Fusion der beiden Wohnungsunternehmen Vonovia und Deutsche Wohnen bietet Berlin die Möglichkeit, rund 20.000 Wohnungen zu kaufen. Ein entsprechendes Angebot bestätigte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Dienstag auf einer Pressekonferenz.
Mehr Wohnungen in kommunaler Hand würden mehr Einfluss auf den Wohnungsmarkt und sozialverträgliche Mieten bedeuten, begründete Müller das kommunale Interesse. "Das ist die Größenordnung einer eigenen Wohnungsgesellschaft."
Daher werde nun mit den Beteiligten im Detail besprochen, um welche Bestände es sich genau handele. "Mir liegen soziale Brennpunkte am Herzen, mir liegen Großsiedlungen am Herzen", sagte Müller. Als Beispiele nannte der die Thermometer-Siedlung in Lichterfelde und das Falkenhagener Feld in Spandau. Nach Angaben von Finanzsenator Matthias Kollatz (ebenfalls SPD) befinden sich die meisten der in der Debatte befindlichen Wohnungen außerhalb des S-Bahn-Rings, eine "vierstellige Zahl" aber auch in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte.
Kaufpreis bei mindestens 2,1 Milliarden Euro
Momentan verfügt Berlin über 340.000 kommunale Wohnungen. Müller zufolge strebt der rot-rot-grüne Senat einen kommunalen Wohnungsbestand von 400.000 Einheiten an. Mit beiden Unternehmen sei der Senat schon länger im Gespräch und habe vor allem von der Deutsche Wohnen bereits einige Tausend Einheiten erworben.
Wie Kollatz weiter erläuterte, will das Land die neuen Wohnungen "ungefähr zum Ertragswert" kaufen. Wenn die Prüfungen dazu zu einem positiven Resultat führten, "werden wir zwei, maximal drei Monate brauchen, um zu einem Ergebnis zu kommen". Gestemmt werden soll der Deal demnach von den sechs kommunalen Wohnungsgesellschaften - und zwar außerhalb des Landeshaushalts über Eigenmittel und Kredite.
Kaufsummen wurden nicht genannt. Es gehe aber für die kommunalen Wohnungsgesellschaften um "Belastungen, die die Unternehmen auch schultern können", sagte Kollatz. Die Kosten würden "hier eher noch etwas mehr" betragen als die 2,1 Milliarden Euro, die für den Rückkauf des Stromnetzes aufgewendet wurden, so Kollatz weiter.
In der rbb-Abendschau versicherte Müller, Berlin werde keinen überhöhten Preis bezahlen.
Mit dem Ankauf erhöhe das Land seinen Einfluss auf dem Wohnungsmarkt und damit auch auf die Entwicklung der Mietpreise.
Immobilienkonzerne wollen fünf Jahre Mieterhöhungen stark deckeln
Am Montagabend war bekanntgeworden, dass der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia SE dem Branchenzweiten Deutsche Wohnen SE ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot im Gesamtwert von rund 18 Milliarden Euro oder 53,03 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie macht. Die Spitze der Deutschen Wohnen unterstützt die Offerte.
Für Berlin, wo die Mieten seit Jahren stark steigen, hätte die Mega-Fusion erhebliche Auswirkungen: Vonovia besitzt hier momentan 40.000 Wohnungen, die Deutsche Wohnen 110.000. Zusammen macht das 150.000 - etwa neun Prozent aller 1,67 Millionen Mietwohnungen in der Stadt. Auch im Falle eines Verkaufs von 20.000 Einheiten wäre der Konzern mit Abstand größter privater Vermieter in der Stadt viel Marktmacht.
Die Vorsitzenden der beiden Konzerne kündigten allerdings einen "Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen" an, nach einer Fusion sollten zum Beispiel starke Mieterhöhungen in Berlin vorübergehend ausgeschlossen werden. In den ersten drei Jahren dürften die Mieten höchstens um ein Prozent angehoben werden; in den beiden darauf folgenden Jahren dürften Erhöhungen nicht höher ausfallen als die Inflationsrate.
Mieterverein spricht von "heißer Luft"
Der Berliner Mieterverein befürchtet, dass durch die Refinanzierung des 18-Milliarden-Euro-Kaufpreises der Druck auf die Mieten wachsen wird. "Besonders leidtragend werden die Wohnungssuchenden sein. Denn bei Wiedervermietung machen beide Konzerne derzeit ein dickes Geschäft, weil sie die Ausnahmen von der Mietpreisbremse nutzen", sagte der Vorsitzende Reiner Wild. Den angekündigten "Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen" wertete Wild als "heiße Luft". Denn es sei kein über das Mietrecht hinausgehendes Mieterschutzangebot erkennbar.
Die CDU sieht die Fusion dagegen als Chance für die Mieterstadt Berlin. Der "Zukunfts- und Sozialpakt" sei ein Lösungsansatz für Berlins Wohnungs- und Mietenproblem. "Es zeigt vor allen Dingen, dass die Immobilienwirtschaft bereit ist, an den Problemen mitzuarbeiten und dass man in Gesprächen mit der Immobilienwirtschaft ganz offenkundig viel erreichen kann", sagte der Berliner CDU-Chef Kai Wegner am Mittwoch im rbb-Inforadio.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch mahnte verbindliche Vereinbarungen zu Themen wie Mieterhöhungsstopp, bezahlbarem Neubau und einem stärker gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt in Berlin an.
Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD), räumte ein, dass in den letzten Jahrzehnten mit dem Verkauf von Wohnsiedlungen viele Fehler in der Wohnungspolitik gemacht worden seien. Der Kauf von 20.000 Wohnungen sei eine "einmalige Chance, Fehlentscheidungen der letzten Jahre zumindest teilweise im Sinne der Mieterinnen und Mieter zu revidieren".
Enteignungsinitiative hält an Plänen fest
Die Berliner Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" will auch nach der angekündigten Übernahme Vonovia an ihrem Volksbegehren festhalten. "Es ändert sich nichts", sagte Sprecherin Jenny Stupka am Dienstag. "Auch der fusionierte Wohnungskonzern wäre von einer Vergesellschaftung aller Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin betroffen, wie sie die Initiative Deutsche Wohnen Co. enteignen anstrebt", teilte die Initiative weiter mit.
Sendung: Abendschau, 25.05.2021, 19.30 Uhr
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