Folge der Corona-Krise - Berliner Hotels und Gaststätten klagen über Personalmangel

Die Corona-Lockerungen lassen es zu: Die Gastronomen in Berlin können wieder Gäste bewirten. Doch nach Monaten des Lockdowns sind vielen die Mitarbeiter weggelaufen. Auch werden viel weniger Ausbildungsplätze angeboten. Von Franziska Ritter
Schon vor Beginn der Pandemie war das Personal im Hotel- und Gaststättengewerbe knapp. Doch die Corona-Krise hat die Situation verschärft. Nach 15 Monaten Kurzarbeit, in denen Beschäftigte auf große Teile ihres bereits überschaubaren Lohns und Trinkgeld verzichten mussten, haben viele Fach- und Hilfskräfte der Branche den Rücken gekehrt.
Gerrit Buchhorn vom Berliner Landesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) formuliert es vorsichtig: "Wie viele Leute insgesamt die Branche verlassen haben, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Stand Mai sind laut Arbeitsagentur 13.000 Menschen aus der Branche arbeitslos geworden. 23.000 haben sich arbeitssuchend gemeldet." Ob diese Beschäftigte in die Branche zurückkehren oder sich anders orientieren, müsse man am Ende des Tages sehen.
"Viele haben sich längt etwas neues gesucht"
Sebastian Riesner, Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, befürchtet, dass die Gastronomie und Hotellerie in Berlin mindestens ein Viertel – wenn nicht gar ein Drittel – ihres Personals verloren haben. Oft blieben die Versuche von Gastwirten, ihre Mitarbeiter zurückzuholen ohne Erfolg. Viele hätten sich längt etwas neues gesucht, sagt Riesner.
"Viele Beschäftigte geben uns auch eine Rückmeldung, dass sie keine Perspektive im Hotel- und Gaststättengewerbe sehen und sich in den letzten Monaten um neue Arbeitsplätze bemüht und umgeschult haben. Diese Beschäftigte werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht wieder in die Branche zurückkommen." Schließich ist die Tätigkeit oft mit Arbeit bis tief in die Nacht und Diensten an Wochenenden und Feiertagen verbunden. Das wünschen sich die wenigsten zurück.
Personalmangel vor allem in Biergärten
In den Biergärten sei der Personalmangel am deutlichsten zu sehen, heißt es vom Dehoga Landesverband. Die Job-Portale sind voller Stellengesuche.
Dazu kommt: 2019, vor Beginn der Corona-Krise, hatten im Juli bereits 1.600 junge Menschen einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. Aktuell sind es laut Gerrit Buchhorn gerade mal 200. "Das Problem ist, dass die Ausbildungsbetriebe nicht ganz so viele Ausbildungsstellen anbieten. Einfach aufgrund der Tatsache, dass sie nicht genau wissen, wie sich die Lage im Sommer entwickelt. Wenn ich nicht weiß, was im September beziehungsweise im Oktober ist, stelle ich auch keinen Azubi ein."
Außerdem hätten sich junge Menschen in den vergangenen Monaten nicht so über Berufe informieren können wie sonst, fügt er hinzu.
Der Personalmangel in der Hotellerie und Gastronomie dürfte sich zuspitzen – spätestens, wenn der Tourismus in der Stadt wieder anzieht. Die Arbeitgeber plädieren deshalb für mehr Planungssicherheit und weiterhin finanzielle Unterstützung von Land und Bund.
Sendung: Inforadio, 29.06.2021, 10:35 Uhr