Jahrelanger Rechtsstreit - Berliner Abgeordnetenhaus stimmt Rückkauf des Stromnetzes zu

"Unser Strom ist ab sofort wieder Berliner", so formuliert ein Parlamentarier die Tatsache, dass das Abgeordnetenhaus mit rot-rot-grüner Mehrheit zugestimmt hat: Das Stromnetz Berlins liegt künftig nicht mehr in der Hand von Vattenfall.
Das Berliner Stromnetz kommt wieder in öffentliche Hand. Das Abgeordnetenhaus hat dem Rückkauf der Stromnetz Berlin GmbH, die zum Vattenfall-Konzern gehört, am Donnerstag mit seiner rot-rot-grünen Mehrheit zugestimmt. Der Senat, der seit Längerem versucht, Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte rückgängig zu machen, hatte das bereits Ende April beschlossen.
Kollatz spricht von Meilenstein für Berlin
Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) nannte den Rückkauf des Stromnetzes einen Meilenstein für Berlin und für die Energiewende in der Hauptstadt. Er sagte, dass auch die Bürger Berlins künftig die Möglichkeit haben sollen, "sich an diesem Rekommunalisierungsvorhaben zu beteiligen." Denkbar seien eine genossenschaftliche Beteiligung oder auch Bürger/innenanleihen. In einer Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Finanzen heißt es am Donnerstag, die Rekommunalisierung des Stromnetzes "ermöglicht es dem Land Berlin, in einem sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge energie- und umweltpolitische Ziele umfassend und konsequent zu verfolgen."
"Unser Strom ist ab sofort wieder Berliner", sagte Stefan Taschner von den Berliner Grünen auf Twitter. Die Entscheidung sei nicht nur eine "gute Nachricht für die rund 600.000 Berlinerinnen und Berlinern, die sich beim Volksentscheid Energietisch für die Rekommunalisierung des Stromnetzes ausgesprochen haben", so Taschner weiter, sondern auch für die Energiewende. Denn gerade in Berlin setze man auf dezentrale Solarenergie. Hierbei sei "das Verteilnetz der Schlüssel, diese klimafreundliche Energie aufzunehmen, zu verteilen und bei der intelligenten Nutzung zu unterstützen."
Langjähriges Verfahren nun beendet
Vattenfall hatte nach einem jahrelangen Rechtsstreit um die Konzession im vergangenen Oktober überraschend angeboten, das Berliner Netz zu verkaufen. Formell war die Konzession der Stromnetz Berlin GmbH 2014 ausgelaufen. Das Land hatte den Betrieb bei der anschließenden Ausschreibung an ein staatliches Unternehmen vergeben. Dagegen hatte sich Vattenfall gerichtlich über mehrere Instanzen gewehrt.
Das langjährige Konzessionsverfahren ist laut der Senatsverwaltung für Finanzen nun rechtssicher beendet worden. Der reine Kaufpreis liegt bei gut 2,06 Milliarden Euro. Hinzu kommen nach Angaben der Finanzverwaltung Anschaffungsnebenkosten in Millionenhöhe, etwa Kaufpreiszinsen. Die Kosten sollen über Kredite in Verbindung mit der Übernahme von Landesbürgschaften bezahlt werden.
Angebot soll am 23. Juni angenommen werden
Nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses ist geplant, das Vattenfall-Angebot am 23. Juni anzunehmen. Der Kauf soll laut der Finanzverwaltung durch die landeseigene Gesellschaft BEN Berlin Energie und Netzholding GmbH erfolgen.
Sendung:Abendschau, 17.06.2021, 19:30 Uhr