Alternativen zum Plastikmüll - Umweltschützer plädieren für Mehrwegverpackungen

Ab 3. Juli ist in der EU die Produktion von Einweggeschirr aus Kunststoff verboten. Die Tage von Plastikbesteck, Papptellern mit Kunststoffbeschichtung und Essensboxen aus Styropor sind damit gezählt. Doch was sind die Alternativen? Von Franziska Ritter
In Deutschland landen jede Stunde rund 800.000 Einwegteller, Trinkbecher und Essensboxen im Müll. Die Zahl stammt von der Deutschen Umwelthilfe aus der Zeit vor Beginn der Pandemie. Die Coronakrise hat die Müllberge noch wachsen lassen, weil Restaurants monatelang nur außer Haus verkaufen durften.
Nach dem EU-weiten Produktionsverbot für Einweggeschirr aus Kunststoff sollten Coffee-to-go-Becher, Besteck und Essensboxen aber nicht durch Verpackungen aus anderen Materialien abgelöst werden, findet die Deutsche Umwelthilfe. "Einweg durch Einweg zu ersetzen, führt nicht dazu, dass der Müllberg auch nur um ein Gramm leichter wird", betont Kreislaufexperte Thomas Fischer.
Abgabe für Einweggeschirr gefordert
Der beste Abfall ist der, der gar nicht erst entsteht, heißt es von der Umwelthilfe. Um den pro Kopf anfallenden Verpackungsmüll bis zum Jahr 2025 zu halbieren, plädiert sie für die Einführung einer Abgabe. Mindestens 20 Cent sollen Einwegbecher und Essensboxen, egal aus welchem Material, zusätzlich kosten. Denn auch Einweggeschirr, das nicht aus Erdöl hergestellt wird, belastet die Umwelt.
Die Herstellung von Aluminium etwa verbraucht viel Energie, für Papier müssen Bäume gefällt werden. Selbst Biokunststoffe sehen Umweltschützer kritisch. "Das ist Greenwashing und hat überhaupt nichts mit Klima- und Umweltschutz zu tun", sagt Thomas Fischer. Viele dieser Verpackungen seien aus US-amerikanischem Mais oder brasilianischem Zuckerrohr hergestellt, für dessen Anbau teilweise Regenwälder gerodet werden – ein ökologisches Desaster.
Mehrwegschalen per App ausleihen
Aus Sicht von Umweltschützern lösen nur Mehrwegverpackungen das Problem. Tan Vuong, der in der Alten Schönhauser Straße in Berlin ein vietnamesisches Restaurant leitet, bietet Kundschaft, die außer Haus essen wollen, beispielsweise auslaufsichere Kunststoffschalen mit Deckel an. "Wir finden die klasse und unsere Gäste auch, weil das nachhaltig und ressourcenschonend ist", sagt der Gastronom. An manchen Tagen gibt er bis zu 80 Mehrwegschalen aus und spart damit bergeweise Müll.
Mehr als 200 Berliner Restaurants nutzen bereits diese Mehrwegschalen der Firma Vytal, die es in drei verschiedenen Größen gibt. Wer sie als Kunde ausleihen will, muss die App des Kölner Anbieters auf sein Smartphone laden und Zahlungsdaten hinterlegen. Solange er die Schalen in ein teilnehmendes Restaurant zurückbringt, wird ihm kein Geld berechnet.
Die Kosten tragen die Gastronomen
99 Prozent der Schüsseln gehen nach Angaben der Kölner zurück ins Restaurant, wo sie gespült und anschließend wieder ausgegeben werden, berichtet Laura Berning, die das Geschäft von Vytal in der Hauptstadt koordiniert. Und der Rest? "Wir gehen davon aus, dass circa 0,4 Prozent der Schüsseln gekauft werden, weil die Kunden sie schön finden, und der Rest geht vielleicht verloren oder wird vergessen."
Für jede Schale, die Gastronomen an Kundinnen und Kunden ausgeben, berechnet Vytal ihnen 15 bis 20 Cent – so finanziert sich das Mehrwegsystem. Ganz ähnlich funktioniert Rebowl, ein Pendant aus München, für das Nutzer allerdings kein Handy brauchen. Sie hinterlegen bei der Bestellung fünf Euro als Pfand. Bringen sie die Schüssel in eine der über 7.500 teilnehmenden Kantinen, Restaurants oder Cafés zurück, kriegen sie ihr Geld wieder. "Diese Mehrwegverpackungen müssen Standard werden", mahnt Thomas von der Umwelthilfe und sieht neben der Politik vor allem die Gastronomie in der Pflicht: "Die Leute wollen sich nachhaltig und klimafreundlich verhalten. Wenn es genügend Stellen gibt, an denen sie Mehrwegbecher und Essensboxen zurückgeben können, werden sie das auch tun."
Sendung: Inforadio, 23.06.2021, 14:35 Uhr