Nachhaltiges Bauen in Berlin - Wenn Mensch, Umwelt und Wirtschaft im Einklang sind

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land wird für ihr geplantes Quartier "Buckower Felder" Klimaschutzpartner des Jahres 2021. Das Projekt ist nachhaltig. Aber was bedeutet das beim Bauen überhaupt? Von Maike Gomm
Noch steht in Buckow am südlichen Berliner Stadtrand nur ein leeres Feld. Doch schon 2024 sollen hier die ersten Menschen wohnen, durch das Quartier schlendern und auf autofreien Wegen die Grünanlagen genießen. Um die 900 Wohnungen sollen hier im Süden Berlin-Neuköllns entstehen.
Die Hälfte davon soll sozial gefördert sein mit Mietpreisen zwischen 6,20 und 8,20 Euro pro Quadratmeter. Die freifinanzierten Wohnungen sollen im Durchschnitt unter 10 Euro pro Quadratmeter kosten. Baubeginn ist im August dieses Jahres.

Tatsächlich ist die soziale Förderung mit ein Grund, warum die Buckower Felder als nachhaltiges Bauprojekt gelten. Denn beim nachhaltigen Bauen geht es nicht nur darum CO2-Emmissionen zu reduzieren oder nachwachsende Rohstoffe zu verwenden. Es ist ein ganzheitliches Konzept, das auf drei Säulen beruht: Ökologie, Ökonomie und Soziales. So definiert es zumindest die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).
Johannes Kreissig ist Geschäftsführer der DGNB und weiß, dass man beim nachhaltigen Bauen eine Sache nicht aus den Augen verlieren darf: "Wenn ich dem Klimaschutz alles andere unterordne, dann fehlen vielleicht Qualitäten, die das Quartier lebenswert machen. Dann fehlt vielleicht der Komfort oder etwas anderes. Und das muss man in Balance bringen."
Bepflanzte Dächer und Pilotprojekt zur Regenwasserspeicherung
Diesem Prinzip hat sich auch das Projekt Buckower Felder verschrieben. "Der Grundsatz der Nachhaltigkeit, das heißt die gleichrangige Behandlung ökologischer, ökonomischer und sozialer Ziele, bildet einen Schwerpunkt in der Entwicklung", heißt es auf der Projektwebseite.
Den ökologischen Aspekt will das Projekt durch eine Reihe von Vorhaben umsetzen: Es soll eine CO2-neutrale Wärmeversorgung geben, Solarzellen auf den Dächern sollen den Strom für das Quartier erzeugen und rund 20 Prozent der Fläche sollen in Holzbauweise errichtet werden. Dabei wird nicht nur auf die Materialien geachtet, sondern auch woher diese kommen. Außerdem soll ein Großteil der Dächer bepflanzt werden und gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben wird ein Pilotprojekt zur Regenwasserspeicherung und -nutzung umgesetzt. Ein Aspekt, der bei zunehmender Trockenheit und häufigem Starkregen in der Region immer wichtiger wird.
Nachhaltig heißt nicht klimaneutral
Selbst ökonomisch lohnt sich nachhaltiges Bauen meist – allerdings vor allem langfristig betrachtet. "Bei der ökonomischen Seite ist es einfach so, dass man schauen muss, dass nicht nur die Baukosten gering sind, sondern eben auch die Betriebs- und Unterhaltskosten. Das heißt, Qualität zahlt sich in der Regel über den Lebenszyklus aus ist dann natürlich auch ein wichtiger Aspekt für den Wert", sagt Kreissig.
Ähnliches gilt auch für den Ausstoß von CO2-Emissionen beim Bauprozess selbst. Denn nachhaltiges Bauen bedeutet nicht direkt klimaneutrales Bauen. Kreissig schätzt, dass Bauen ohne den Ausstoß von Emissionen zumindest im großen Stil nicht möglich ist. "Aber wir müssen das, was wir durchs Bauen verursachen, über den Ertrag des Gebäudes sozusagen wieder reinholen über eine lange Nutzungsdauer."
Langfristig können Gebäude oder Quartiere also durchaus auch klimaneutral sein. "Das ist tatsächlich möglich mit Eigenversorgung, beziehungsweise wenn das Gebäude mehr produziert, als es tatsächlich verbraucht, zum Beispiel über Solaranlagen." Trotzdem sollte man schon auch beim Bau auf die Umwelt-Bilanz achten. "Je weniger CO2-Emissionen durchs Bauen verursacht werden, umso leichter tue ich mich mit dem Gebäude, das dann auch zu erreichen", sagt Kreissig.

Quartiere bieten sich für nachhaltiges Bauen an
Trotzdem ist der soziale Aspekt beim nachhaltigen Bauen besonders wichtig: "Eine Grundqualität für die Menschen besteht darin, dass sie sich gerne in den Bereichen aufhalten, dass sie dort gesund leben können. Und dass sie keinen Gefahren ausgesetzt sind, dass sie Begegnungsräume haben und dass dort sozusagen auch gesellschaftlich eine Entwicklung passieren kann", so Kreissig.
Deswegen bieten sich gerade Quartiere für das nachhaltige Bauen besonders an. Denn hier können die soziale Zusammensetzung, Gemeinschaftsräume und Naherholungsflächen gemeinsam geplant werden, so wie jetzt auch bei den Buckower Feldern.
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen vergibt übrigens Zertifikate an Bauvorhaben in ganz Deutschland. Auch in Berlin und Brandenburg gibt es einige Quartiere, die nach den Kriterien der DGNB-Zertifizierung umgesetzt werden oder schon umgesetzt wurden. Dazu gehören etwa das Wohnquartier Neu-Schöneberg an der Yorckstraße, das Spandauer Quartier Waterkant und in Potsdam das Areal rund um die Kaserne Krampnitz.
Die Buckower Felder hingegen sind noch nicht von der DGNB zertifiziert. Stadt und Land teilte auf Anfrage von rbb|24 mit, eine Zertifizierung behalte man sich für einen späteren Zeitpunkt vor.
Sendung: Inforadio, 08.07.2021, 11:15 Uhr