Erneuerbare Energie - Zahl neuer Windräder nimmt in Brandenburg deutlich zu

Jedes sechste Windrad, das in den ersten sechs Monaten des Jahres in Deutschland gebaut wurde, entstand in Brandenburg. Nur in Niedersachsen wurden mehr aufgebaut. Die Industrie fordert verbindliche Ziele für den weiteren Ausbau.
Der Ausbau der Windkraft an Land in Brandenburg beschleunigt sich. Im ersten Halbjahr 2021 wurden dort 40 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 166 Megawatt gebaut. Das geht aus Zahlen des Bundesverbands Windenergie sowie VDMA Power Systems hervor, die dem ARD-Hauptstadtstudio sowie der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vorlagen. Die Leistung der neuen Windräder entspricht gut einem Zehntel eines mittleren Atomkraftwerks.
Brandenburg auf Platz zwei unter den Bundesländern
Die Zahl der neugebauten Windräder in Brandenburg ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum somit deutlich gestiegen - damals waren es noch 24 neue Anlagen mit 85 Megawatt.
Im deutschlandweiten Vergleich liegt Brandenburg damit für das erste Halbjahr 2021 an zweiter Stelle hinter Niedersachsen. Dort wurden 48 Anlagen mit 211 Megawatt Gesamtleistung gebaut. Auch bundesweit sind deutlich mehr neue Windräder an Land hinzugekommen. Das Niveau reicht aber aus Sicht der Branche nicht aus, um aktuelle Klimaziele erreichen zu können.
3.883 Windkraftanlagen sind laut dem Landesumweltamt derzeit insgesamt im Brandenburg in Betrieb. Demnach sind von den aufgebauten Windkraftanlagen in diesem Jahr 31 neu ans Netz gegangen. Für 54 Windräder wurden Genehmigungen erteilt, für 526 weitere sind die Genehmigungsverfahren noch nicht entschieden.
Stromverbrauch wird deutlich steigen
Schon jetzt gibt es vielerorts regelmäßig Proteste gegen Windräder: Verspargelung der Landschaft, Nähe zu Wohngebäuden, Konflikte um den Arten- und Lärmschutz. Dazu kommt, dass die Anlagen immer höher werden.
Ohne viel mehr Windräder aber dürfte es schwierig werden, die Energiewende zu bewerkstelligen - den Abschied von fossilen Energieträgern. "Mit der drastischen Verschärfung des deutschen Klimaschutzgesetzes im Juni und der Vorlage des neuen EU-Klimapaketes im Juli ist klar, dass wir unsere Anstrengungen im Klimaschutz deutlich steigern müssen", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.
"Wir werden zum Beispiel bis zum Jahre 2030 rund 15 Prozent mehr Strom verbrauchen, weil es auf unseren Straßen viel mehr Elektroautos und in unseren Häusern viel mehr Wärmepumpen geben wird, als bisher zugrunde gelegt", sagte Altmaier, "gleichzeitig werden wir planmäßig alle Atomkraftwerke stilllegen, und viele Kohlekraftwerke werden schneller als angenommen abgeschaltet werden. Deshalb brauchen wir viel mehr neue Windräder und Solardächer, als bisher angenommen wurde."
Nach Branchenangaben wurden im ersten Halbjahr des Jahres bundesweit 240 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 971 Megawatt installiert - bei der Leistung ist das eine Steigerung von 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Weil 135 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 140 Megawatt stillgelegt wurden, lag der sogenannte Netto-Zubau bei 831 Megawatt.
Lange Planungs- und Genehmigungszeiten, viele Klagen
Die Talsohle sei durchschritten, sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie, am Dienstag. Um die Klimaziele auf europäischer und nationaler Ebene zu erreichen, müsse der Ausbau aber beschleunigt werden. "Wir brauchen deutlich mehr erneuerbaren Strom", sagte Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems. Die Windenergie müsse das starke Zugpferd sein.
Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit rund 29.000 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 55 Gigawatt. Die bisherige Zielgröße der Bundesregierung lautet 71 Gigawatt im Jahr 2030. Die Energiebranche fordert eine Erhöhung auf 95 Gigawatt bis dahin.
Als Hemmnisse für den Ausbau gelten lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, außerdem verzögern viele Klagen die Inbetriebnahme neuer Anlagen. Das wohl größte Problem aber ist aus Sicht der Energiebranche: Es gibt zu wenig ausgewiesene Flächen.
Albers forderte verbindliche Ziele, damit zwei Prozent der Fläche in den Ländern für die Windenergie genutzt werde. Davon seien viele Länder noch weit entfernt. Es gebe ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Die "Windländer" mit den meisten installierten Anlagen sind Niedersachsen, Brandenburg und Schleswig-Holstein.
Sendung: Inforadio, 27.07.2021, 16.40 Uhr
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