Symbolische Schlüsselübergabe - In Tegel beginnt jetzt offiziell die Zukunft

Am Donnerstag werden die Schlüssel des ehemaligen Flughafens Tegel symbolisch übergeben. Noch wird das Gelände nach Kampfmitteln abgesucht, doch die beauftragte Projektfirma blickt schon in die fernere Zukunft - auf eine "menschgerechte Umgebung".
Mit einer symbolischen Schlüsselübergabe beginnt am Donnerstag offiziell die Nachnutzung des ehemaligen Flughafens Tegel. Auf dem Gelände entstehen in den kommenden Jahren ein Forschungs- und Industriegelände sowie ein Wohnquartier.
Wie der Geschäftsführer der landeseigenen Tegel Projekt GmbH, Philipp Bouteiller, im Inforadio vom rbb sagte, haben die bauvorbereitenden Maßnahmen schon begonnen. "Wir haben bereits angefangen mit der Kampfmittelberäumung, wir bereiten uns vor auf die Baustellentätigkeit", sagte Bouteiller. Dafür seien die Baustellenzufahrten geebnet und einige flughafenspezifische Gebäude abgerissen worden, die nicht mehr gebraucht werden. Fast eine Tonne Sprengmunition sowie fast 30 Tonnen Munitionsschrott, vor allem aus dem ersten und zweiten Weltkrieg, wurden auf insgesamt zwei Hektar Fläche bisher gefunden.
"Anders machen" steht im Zentrum des Tegel-Projekts
Bouteiller blickt zuversichtlich auf die weitere Zukunft des Areals. Auf einem Zehntel der Stadtfläche von Tel Aviv soll auf dem Gelände in den kommenden Jahren Raum für 1.000 Firmen und 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Unter anderem soll die Beuth-Hochschule nach Tegel ziehen. "Wir stellen uns hier die grundsätzlichen Fragen: Was sind die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts?", so Bouteiller. "Was passiert jetzt eigentlich mit dem Klimawandel? Wie können wir unsere Städte darauf vorbereiten? Was müssen wir anders machen in Zukunft?" Dieses "anders machen" stehe im Zentrum der Überlegungen und des Projekts. Es solle ein Beitrag dazu geleistet werden, künftig "bessere Städte" zu bauen.
Neben Forschungs- und Industriegelände soll das Areal auch ein neuer Stadtteil für Berlinerinnen und Berliner werden. "Vor allem aber soll das Schumacher-Quartier keine elitäre, abgehobene Sache werden, sondern wir werden rund 40 Prozent der Wohnungen mit Sozialbindung herstellen. Es wird eine sehr menschgerechte Umgebung." Im Inneren sollen wenig Autos fahren, das Areal soll auch Fußgänger und Radfahrer ausgerichtet sein. "Es soll einfach Spaß machen, sich dort aufzuhalten. Es wird ein gesünderes und hoffentlich auch schöneres Stück Stadt."
Blaupause für Stadt der Zukunft
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, begrüßte die Schlüsselübergabe. "Es ist eine Stadt von morgen, eine Modellstadt, die hier entstehen wird." Nach Angaben des Bausenatoren Sebastian Scheel (Linke) werde in Tegel eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas verwirklicht werden.
Für das Projekt der Zukunft habe sich die Stadt Berlin Vorbildprojekte aus anderen Städten gesucht. "Wir haben überall dort abgekupfert, wo wir es für sinnvoll erachtet haben, es aber zu einer ganz eigenen Mischung zusammengefasst", sagt Tegel-Projekt-Chef Bouteiller.
Diese eigene Mischung gelte ihrerseits wieder anderen Städten als Vorbild. Unter anderem habe Singapur bereits in Berlin an Workshops zur Stadtumwandlung teilgenommen. Denn die Stadt wolle ebenfalls ihren innenstadtnahen Flughafen 2030 schließen und orientiere sich dabei in der Vorbereitung an den Überlegungen zur Projektplanung Berlin-Tegels.

B.Z.: Berlin will Anteil des Bundes übernehmen
Bereits am Mittwoch hatte die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) das Gelände des ehemaligen Flughafens an Bund und Land Berlin als neuen Eigentümer übergeben. Mit der Schlüsselübergabe sind diese nun endgültig für den ehemaligen Flughafen Tegel zuständig, also für ein etwa 500 Hektar großes Gelände sowie 130 Gebäude und Anlagen. Die Stadt will die Anteile des Bundes an dem Areal übernehmen. Ein erstes Gutachten ergab nach Informationen der "B.Z." einen Wert von rund 275 Millionen Euro [bz-berlin.de]. Beide Seiten wollten sich wegen der laufenden Verhandlungen aber nicht dazu äußern.
In Tegel war nach mehr als 70 Jahren am 8. November 2020 das letzte Flugzeug abgehoben. Zwölf Jahre nach der Schließung des Flughafens Tempelhof konzentrierte Berlin seinen Luftverkehr damit am Standort Schönefeld. Dort war Ende Oktober 2020 der neue Flughafen BER eröffnet worden.
Sendung: Inforadio, 05.08.2021, 07:29 Uhr