Entscheidung des Arbeitsgerichts - Vivantes-Mitarbeiter dürfen Streik fortsetzen

Die Beschäftigten von Vivantes dürfen ihren zeitweise ausgesetzten Streik gegen ihren Arbeitgeber wieder aufnehmen. Laut Verdi entschied das Berliner Arbeitsgericht am Dienstag zugunsten der Klinikmitarbeiter.
Die Beschäftigten von Vivantes dürfen wieder streiken. "Die Kammer hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das heißt, es kann jetzt wieder gestreikt werden", sagte ein Sprecher des Berliner Arbeitsgerichts am Dienstag. Der Klinikkonzern hatte zunächst eine einstweilige Verfügung gegen den Arbeitskampf erwirkt und argumentiert, dass es keine Notdienstvereinbarung gebe.
Verdi-Verhandlungsführerin Meike Jäger kündigte an, den Warnstreik noch am Dienstag wieder hochfahren zu wollen - "geordnet, im Laufe der Spätschicht". Gewerkschaftsvertreter Tim Graumann sagte dem rbb ebefalls, dass der Streik "ab sofort wieder hochgefahren wird". Laut Graumann stellte das Gericht fest, dass ein Streik zulässig sei, solange Verdi einen Notdienst sicherstelle. Die Richter hätten zudem der Auffassung von Vivantes widersprochen, dass es eine sogenannte Friedenspflicht gebe.
Arbeitsgericht stoppte Streik bei Vivantes-Kliniken zunächst
Drei Tage lang wollten die Pflegekräfte an den landeseigenen Kliniken von Vivantes und Charité zunächst streiken. Doch am Montagmorgen untersagte das Berliner Arbeitsgericht den begonnenen Warnstreik von Vivantes-Mitarbeitern vorläufig. Zur Begründung hieß es, in Krankenhausbetrieben könne ein Streik nur durchgeführt werden, wenn die medizinische Versorgung der Patienten in Notfällen gesichert sei. Dies sei bislang nicht gewährleistet, hieß es vom Gericht.
Es gab damit einem Eilantrag der Vivantes-Geschäftsführung statt. Die Entscheidung galt zunächst bis zu der mündlichen Verhandlung am Dienstagmittag. Verdi stoppte daraufhin den Warnstreik der Vivantes-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die Gerichtsentscheidung abzuwarten.
Vivantes: "Zeit nach vorne zu schauen"
In der mündlichen Verhandlung klärte sich die Frage jedoch. "Die Kammer nimmt jetzt an, dass die Gewerkschaft für eine ausreichende Notfallversorgung Sorge tragen wird", so ein Sprecher. Das Gericht vertraue darauf, dass die Gewerkschaft Leib und Leben von Patienten nicht gefährden werde.
"Wir haben mit diesem Verfahren zu keinem Zeitpunkt einen Eingriff in das Streikrecht vorgenommen und haben stets betont, dass wir rechtskonforme Streiks selbstverständlich akzeptieren", erklärte Dorothea Schmidt, Geschäftsführerin Personalmanagement bei Vivantes. "Jetzt ist es Zeit nach vorne zu schauen."
Müller fordert schnelle Lösung
Noch während des Streikverbot hatten am Dienstagvormittag vor dem Roten Rathaus etwa 200 Beschäftigte des Klinikkonzerns Vivantes demonstriert. Sie forderten, dass der Senat in den Tarifkonflikt bei den landeseigenen Krankenhäusern eingreift. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach sich daraufhin für eine schnelle Lösung im Konflikt aus. Alle Beteiligten müssten mit aller Kraft einen Kompromiss finden, der auch das Streikrecht absichere, so der SPD-Politiker nach einer Senatssitzung am Dienstag.
Gewerkschaftsforderungen für Vivantes "nicht tragbar"
Verdi geht es um einen Tarifvertrag, der eine Mindestpersonalausstattung für Stationen und Bereiche in den Kliniken festlegt. Er soll zudem Regelungen zum Belastungsausgleich enthalten für den Fall, dass diese tarifvertraglichen Vorgaben nicht eingehalten werden. Außerdem wollen Angestellte von Vivantes-Tochterunternehmen den vollen Tariflohn des öffentlichen Dienstes erhalten.
Vivantes erklärte die Forderungen der Gewerkschaft für "nicht tragbar". Die Charité teilte mit, dass nur eine individuelle Regelung in Betracht käme. Der Vorstand der Charité sei auch nicht frei darin, einen Entlastungstarifvertrag abzuschließen, so ein Sprecher.
Sendung: Inforadio, 24.08.2021, 16 Uhr