Aletta von Massenbach startet als BER-Chefin - "Wir wollen ein normaler Flughafen werden"

Auf Engelbert Lütke Daldrup folgt Aletta von Massenbach: Als erste Flughafenchefin Deutschlands soll sie den einstigen Pannen-Airport aus der Krise führen. Doch die Corona-Pandemie hat die Terminals und die Kassen geleert.
Dass sie die erste Flughafenchefin in Deutschland ist, möchte Aletta von Massenbach eigentlich nicht so sehr betonen. Nicht, weil es nicht stimmt. Sondern weil es für sie nicht sonderlich bemerkenswert ist: Managerinnen im Flughafengeschäft gebe es schließlich mehrere, sie selber hat unter anderem schon in den Philippinen, in Portugal, Puerto Rico, Russland, und Spanien Flughafenprojekte geleitet. "Es ist für mich nicht das erste Mal, dass ich Chefin bin", sagt von Massenbach im Gespräch mit dem rbb-Inforadio. Als Frau an der Spitze zu stehen: für Aletta von Massenbach also Normalität.
Botschafterin eines Pannen-Flughafens
Nach Normalität sah es am Flughafen BER jahrelang gar nicht aus. Etliche Verzögerungen, Bauskandale und Pannen später öffnete der BER schließlich - "pünktlich" zur Pandemie und der wirtschaftlichen Flaute. Vor der Eröffnung, sagt von Massenbach im rbb, habe sie das Projekt bei Dienstreisen im Ausland schon mal gegen Häme und Spott verteidigen müssen. "Aber ich konnte nicht immer alles sehr überzeugend erklären", gibt sie zu. "Von außen betrachtet gab es natürlich schon ein paar Entscheidungen oder Entwicklungen, wo man sich gefragt hat: 'Was ist das denn jetzt?'"
Nun aber sei er ja auf, der Pannen-Flughafen, und Aletta von Massenbach will das Unternehmen endlich in ruhigere Bahnen steuern. "Wir wollen ein normaler Flughafen werden", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Fertig gebaut heißt nicht störungsfrei
Die bisherige Finanzchefin übernimmt an diesem Freitag die Gesamtleitung am BER und löst auf diesem Posten Engelbert Lütke Daldrup ab. Lütke Daldrup hatte den BER im Herbst vergangenen Jahres mit rund neunjähriger Verzögerung in Betrieb genommen und geht nun in Rente. In Betrieb ist derzeit nur das Hauptterminal T1. Das ebenfalls fertig gestellte Terminal T2 wurde bislang aufgrund der geringen Auslastung nicht gebraucht und bleibt geschlossen. Ganz reibungslos läuft es allerdings auch am T1 noch nicht. "Ein paar Dinge müssen auch noch nachjustiert werden", sagt von Massenbach. "Das eine ist der Windfang vom Bahnhof, dass es da im Winter sehr kalt hochgezogen hat - das müssen wir angehen."
Außerdem können je nach Sonneneinstrahlung Brandmelder ausgelöst werden. "Die Laufbänder im Mainpier haben schon funktioniert, aber funktionieren nicht mehr - das sind so Dinge, die gelöst werden müssen." Von Massenbach räumte zudem in der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" ein, dass mehr Raum für die Sicherheitskontrollen wünschenswert gewesen wäre, "damit mehr Menschen parallel abgefertigt werden können". "Dafür fehlt uns jetzt der Platz."
Ohne sei der Sicherheitscheck aktuell ein Nadelöhr im Tagesablauf. "Das brennt uns auf den Nägeln", sagt die neue Chefin. "Das verzögert den Prozess." Doch die Corona-Maßnahmen ließen keine schnellere Abfertigung zu. "Damit müssen wir während der Pandemie leben".
Der lange Weg zur Rentabilität
Von Massenbach übernimmt zudem ein Unternehmen in der Krise: Die Fluggastzahlen sind während der Corona-Pandemie eingebrochen, der BER ist schwer verschuldet und macht hohe Verluste. Nach einer Rekordzahl von rund 36 Millionen Passagieren im Jahr 2019 an den Berliner Flughäfen hoffen die Verantwortlichen für das laufende Jahr, dass wenigstens zehn Millionen Menschen über den BER fliegen. "Aber wir sehen nicht, dass wir das sicher erreichen werden", sagt von Massenbach. "Wir werden das Jahr möglicherweise mit etwas unter zehn Millionen beenden."
Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg ist deshalb auf Milliardenhilfen seiner Eigentümer, dem Bund sowie den Bundesländern Berlin und Brandenburg, angewiesen. "Wir wollen endlich das Unternehmen auch finanziell auf eine gesunde Bahn bringen, damit das Unternehmen Freiheitsgrade für die Umsetzung der Zukunftsaufgaben bekommt", so von Massenbach. "Es wird nicht sofort passieren", sagte sie der rbb-Abendschau am Donnerstag. Erst müsse man die Pandemie überstehen, dann die Teilentschuldung angehen. "Dann haben wir die Perspektive, dass wir finanziell selbstständig werden und profitabel."
Drehkreuz der Klimasünder?
Von Visionen wie dem BER als internationalem Drehkreuz will von Massenbach deshalb nichts hören. Wichtig sei, was die Region Berlin-Brandenburg brauche. Ohnehin brauche ein Drehkreuz-Flughafen auch mindestens eine Drehkreuz-Fluggesellschaft. "Wir haben eine sehr, sehr gute Abdeckung in Europa, aber wir habe keine Konnektivität in die Welt darüber hinaus."
Dass Flughäfen im Zuge der Klimadebatte immer stärker in den Fokus rücken und kritisch bewertet werden, weiß von Massenbach. "Ziel eines Flughafens ist, zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region beizutragen", hält sie im rbb-Interview dagegen. "Und zu ermöglichen, dass Menschen sich treffen, dass Menschen andere Länder kennenlernen, dass Menschen andere Kulturen kennenlernen, was ebenfalls sehr, sehr wichtig ist für unsere Welt."