EU will einheitliche Ladekabel - "Der Hauptbremser in der Branche war Apple"
In vielen Haushalten sammeln sich die Ladegeräte für Smartphones oder Tablets. Die EU will mit einem Standard für die Ladeanschlüsse diesen Kabelsalat beenden. Im Interview erklärt Netzaktivist Alexander Fanta, warum das nicht längst schon so ist.
Smartphone, Tablet oder E-Reader haben meist völlig inkompatible Ladekabel. Bei Neukauf gibt es ein neues Kabel dazu, das alte wird zu Elektroschrott. Die EU-Kommission will dies nun ändern - und ist dabei auf die Kooperation der Hersteller angewiesen, sagt Alexander Fanta, der in Brüssel für den Blog netzpolitik.org tätig ist.
rbb: Die für Verbraucher so sinnvollen Pläne gibt es schon seit Jahren. Wer steht da bislang auf der Bremse?
Alexander Fanta: Die Kommission hat das Problem schon vor mehr als einem Jahrzehnt erkannt. Als das erste iPhone gerade mal zwei Jahre alt war, hat die Kommission schon angemahnt, dass da was getan werden muss. Aber sehr lange hat man in Brüssel auf freiwillige Übereinkünfte mit den Herstellern gesetzt. Zu lange - wie Verbraucherschützer, Umweltorganisationen und auch das Europäische Parlament sagen. Ein Hauptbremser in der Branche war Apple. Denn sie verbauen als einziger großer Hersteller einen selbst entwickelten, eigenen Anschluss in ihren Geräten. Und somit ist das die große Hürde zur kompletten Kompatibilität aller Anschlüsse.
Welchen Vorteil hat Apple davon?
Apple meint, dass ein gemeinsamer Anschluss sie bei der Innovation hemmen würde. Sie könnten keine neuen, innovative Lösungen verfolgen. Aber Apple lizenziert ja auch Drittanbieter, die dann das Recht haben, diese Anschlüsse herstellen zu dürfen. Da verdient Apple ja auch ordentlich Geld damit. Und das würden sie mit einem einheitlichen Anschluss nicht.
Wenn sich jetzt die EU auf einen Anschluss festlegen würde - wäre das dann unbedingt der Beste?
USB-C hat sich als Standard in vielen Bereichen durchgesetzt, deswegen wäre das ja auch nur eine halbe Revolution. Sehr viele Geräte haben diesen Anschluss schon, unter anderem auch Tablets von Apple. USB-C ist ein guter Standard.
Natürlich gibt es auch immer noch zukünftige Entwicklungen. Die Kommission hat offen gelassen, ob sie zum Beispiel auch drahtlose Ladegeräte regulieren möchte, aber das ist bis jetzt leider nicht zukunftsfähig.
Apple hat ja schon angefangen, seine neuen iPhones ganz ohne Kabel auszuliefern. Man kann als Käufer selber entscheiden, ob man noch ein neues Kabel braucht oder ein altes weiter nutzen kann. Wäre das nicht der Königsweg, um Elektroschrott zu vermeiden?
Das ist tatsächlich das, was die Kommission vorschlagen wird. Jedes neue Handy soll auch in einer Variante ohne ein zusätzliches Kabel angeboten werden. Das wird dann auch hoffentlich günstiger für die Konsumenten.
Wann rechnen Sie mit dem Ende dieses Kabelsalats, also dass sich die EU-Kommission mit diesem Gesetz durchsetzt?
Jetzt muss erstmal das Parlament mitsprechen. Und auch wenn das durchgeht, hat die Kommission immer noch eine recht großzügige Frist von 24 Monaten gesetzt. Was wir bisher noch nicht wissen ist, wie Apple reagieren wird. Der Konzern hat sich noch nicht aus der Deckung gewagt. Aber es wird sehr viel von dem Willen der Industrie abhängen, das auch möglichst rasch umzusetzen. Es kann sonst wirklich noch Jahre dauern.
Der Text ist eine gekürzte und redigierte Fassung eines Interview von Inforadio. Das komplette Gespräch können Sie hören, wenn Sie auf den Play-Button im Titelbild klicken.
Sendung: Inforadio, 23.09.21, 16:45 Uhr