Tarifstreit an Berliner Kliniken - Verdi lehnt Angebote von Charité und Vivantes ab
Eine Einigung im Tarifkonflikt an den Berliner Krankenhäusern ist vorerst geplatzt. Die Gewerkschaft Verdi hat Angebote der landeseigenen Kliniken Charité und Vivantes abgelehnt. Damit stehen die Zeichen erneut auf Konfrontation.
Die Gewerkschaft Verdi hat Angebote der Berliner Arbeitgeber Charité und der Vivantes Tochtergesellschaften zur Personalbesetzung in den Kliniken abgelehnt. "Das am Freitag vorgelegte Angebot der Arbeitgeber ist nicht einigungsfähig", erklärte Verdi-Verhandlungsführer Ivo Garbe zu Vivantes. Die Tarifkommission habe die Offerte einstimmig zurückgewiesen und die Fortsetzung des Arbeitskampfs beschlossen. "Damit provoziert die Vivantes-Spitze eine weitere Eskalation des Konflikts."
Die Warnstreiks, die das Pflegepersonal der Kliniken am vergangenen Montag begonnen hatte, sollen nun weiter fortgesetzt werden. "Damit drohen auch in der kommenden Woche Störungen im Klinikbetrieb", hieß es.
Planbare Operationen müssen verschoben werden
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte vor gut zwei Wochen zu einem unbefristeten Streik aufgerufen. Die Kliniken müssen deshalb unter anderem planbare Operationen verschieben, die Notfallversorgung ist nicht betroffen.
Wie ein Sprecher der Charité am späten Freitagabend erklärte, bedauere die Charité, dass die Gewerkschaft das Angebot der Klinik zum Personalaufbau abgelehnt habe. Die Charité hatte das Papier als Grundlage für Tarifverhandlungen in der kommenden Woche erarbeitet und darin unter anderem den Aufbau von 700 Vollzeitkräften in der Pflege einbezogen. "Die Charité ist damit an die Grenze des Machbaren gegangen", so der Sprecher.
Einigung mit Charité in puncto Arbeitsbelastung
Einigkeit zwischen Verdi und der Charité habe andererseits bestanden in einem von Verdi geforderten Belastungsausgleich: Zum einen ist ein Freizeitausgleich eingeplant, zum anderen aber auch die Möglichkeit, in Erholungsbeihilfen, Altersteilzeitkonten und Sabbaticals zu investieren.
Übereinstimmung hat es der Charité zufolge auch bei wesentlichen Veränderungen für Auszubildende gegeben, unter anderem durch die Einführung von drei neuen Ausbildungsstationen und einer multiprofessionellen Intensiv-Lernstation, einer Dienstplansicherheit zwei Monate im Voraus und einer Ausweitung der Betreuungszeit der sogenannten Praxisanleitenden.
Verdi fordert 1.200 Vollzeitkräfte
Verdi hatte im Vorfeld gefordert, 1.200 Vollzeitkräfte innerhalb von drei Jahren fest an der Charité einzustellen, was die Charité als "unrealistisch" bezeichnet. Eine solche Maßnahme würde in Kombination mit dem Belastungsausgleich "die gesamte Universitätsmedizin strukturell gefährden", wie ein Charité-Sprecher mitteilte.
Auch auf der Seite der Gewerkschaft fällt das Zwischenfazit des seit Wochen anhaltenden Konflikts gemischt aus. "Auf dem Weg zu einer Lösung des Tarifkonflikts sind wir weit vorangekommen. Doch die Grundlage einer Einigung ist die Festlegung, wie viel Personal auf den Stationen und in den Bereichen nötig ist", erklärt Melanie Guba, die für Verdi die Tarifverhandlungen an der Charité führt.
Verdi will Arbeitskampf bei Vivantes fortsetzen
Auch bei Vivantes zeigten sich die Beteiligten nach den Verhandlungen enttäuscht. "Wir bedauern sehr, dass Verdi auch in dieser Verhandlungsrunde nicht zu einer Einigung bereit war", sagte Dorothea Schmidt, Geschäftsführerin Personal bei Vivantes. Mit dem Angebot im Volumen von rund 47 Millionen Euro sei das Unternehmen an die Grenze des Machbaren gegangen. Die Verhandlungen betreffen laut Vivantes rund 1.250 Beschäftigte.
Vivantes hatte am Montag noch eine dreitägige Verhandlungsrunde für die im Unternehmen Beschäftigten angeboten. Gefordert wurden wie bei der Charité auch ein Entlastungstarifvertrag und bessere Arbeitsbedingungen. Bei Vivantes geht es zudem um eine Angleichung der Löhne an den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes.
Die Verdi-Tarifkommission habe nun deshalb ein eigenes Eckpunktepapier zur Beilegung des Konflikts vorgelegt, so Verhandlungsführer Tim Graumann. "Doch statt lösungsorientiert weiter zu verhandeln, will die Arbeitgeberin die Gespräche erst Anfang der Woche fortsetzen", berichtet der Gewerkschafter.
Eine kurzfristige Einigung in dem anhaltenden Streit ist damit noch nicht in Sicht.
Sendung: Inforadio, 25.09.2021, 11:00 Uhr