Steigende Preise für Verbraucher - Warum Gemüse gerade so teuer ist

Seit vergangenem Jahr sind die Preise für Nahrungsmittel in Berlin und Brandenburg um rund fünf Prozent gestiegen. Besonders Gemüse kostet mehr. Gerade für ärmere Menschen werde das zum Problem, warnen Sozialverbände. Von Roger Schneider
Tomaten, Salat, Kartoffeln - zuletzt sind vor allem gesunde Lebensmittel teurer geworden. Nach Berechnungen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) sind die Preise für Gemüse seit August 2020 um knapp neun Prozent gestiegen, für Milchprodukte um 4,6 Prozent. Der Preis für Eier ist im Vorjahresvergleich um ganze 17,5 Prozent nach oben geschnellt.
Neben Eiern waren es vor allem Kartoffeln, die den Index für Frischeprodukte mit einem Preisplus von 27,5 Prozent nach oben gebracht haben. Ähnlich sieht es beim Gemüsefavorit der Deutschen aus: Der Kilopreis für Strauchtomaten ist um 15 Prozent auf durchschnittlich 2,50 Euro gestiegen.
Pandemie und schwierige Ernte
Hans-Christoph Behr, Marktanalyst des AMI, nennt hierfür mehrere Gründe. Etwa: "Auf der Produktionsseite sind während Corona die Kosten gestiegen." Mindestabstände auf den Feldern, Hygienevorschriften – für die Landwirte sei die Ernte dadurch teurer geworden. Auf der anderen Seite habe es eine höhere Nachfrage in den Supermärkten gegeben, weil die Leute mehr zu Hause gekocht als in Restaurants gegessen hätten, erläutert Behr.
Auch der kalte Frühling und die Flutkatastrophe im Sommer trügen Mitschuld an einigen Preiserhöhungen. So habe der Regen vielerorts die Salat- und Kohlernten zerstört. Selbst wenn die Ernte überlebte, seien die Traktoren kaum durch die schlammigen Äcker gekommen, sagt Behr. Konsequenz: Ein Kopf Eisbergsalat kostete in diesem August knapp einen Euro, im Jahr zuvor waren es noch 60 Cent.
Rückkehr der Mehrwertsteuer
Ein Nebenaspekt: Seit Beginn des Jahres gilt auch wieder der alte Mehrwertsteuersatz. Um Unternehmen nach dem ersten Corona-Schock zu entlasten, lag dieser für Nahrungsmittel zeitweise bei fünf Prozent. Nun sind es wieder sieben Prozent.
Es gibt aber auch Gemüse, das entgegen des Trends günstiger geworden ist. Greift man zum Beispiel zu Paprika (-9,4 Prozent) oder Salatgurke (-7,3 Prozent), zahlt man im Kilo weniger als noch vor einem Jahr. "Dass es Schwankungen gibt, ist vor allem beim Gemüse normal", erklärt Behr. Der Dürresommer 2018 etwa habe die Preise schon einmal in die Höhe getrieben. Manches Gemüse sei damals sogar noch teurer gewesen als jetzt. Unterm Strich habe die Pandemie für viele Sorten dennoch zu einer spürbaren Grundteuerung geführt, sagt der Agrar-Analyst.
Was, wenn für Gesundes das Geld fehlt?
Der Sozialverband VdK warnt davor, dass eine ausgewogene Ernährung deshalb gerade für ärmere Menschen unbezahlbar werde. "Es ist ein reales Problem, das wir schon jetzt beobachten", sagt die VdK-Präsidentin Verena Bentele. Bei den Gemüsepreisen bleibe für manche nichts anderes übrig, als auf andere Lebensmittel auszuweichen. Die seien zwar billiger, oft aber auch ungesünder - mit entsprechenden Folgen.
Der Regelsatz in Hartz IV und die Grundsicherung sieht pro Tag fünf Euro für Lebensmittel vor. "Das war auch vorher schon viel zu wenig", sagt Bentele. Dass der Regelsatz für 2022 um lediglich drei Euro erhöht werde, sei daher eine Unverschämtheit. Nicht nur beim Einkauf im Supermarkt stoßen Kunden momentan auf steigende Preise. Es sind auch die hohen Energie- sowie Benzinpreise, die die gesamtwirtschaftliche Teuerungsrate von 4,1 Prozent antreiben - ein Wert so hoch wie seit 1993 nicht mehr.