Weniger als 2.000 Euro brutto - Gehälter im Berliner Gastgewerbe weit unter Durchschnitt

Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte arbeiten dann, wenn andere frei haben - kommen mit ihrem Lohn aber kaum über die Runden. Die Fachkräfte wandern vermehrt in andere Branchen ab, warnt die Gewerkschaft NGG vor Start der Tarifverhandlungen.
Beschäftigte im Berliner Gastgewerbe - darunter Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte - verdienen weit unter Durchschnitt. Das geht aus einer Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Sie hat Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet. Demnach verdienen Vollzeitbeschäftigte in der Branche im Durchschnitt nur 1.988 Euro brutto im Monat.
Damit liege das Gehalt im Berliner Gastgewerbe ganze 43 Prozent unter dem branchenübergreifenden Durchschnittsgehalt bei Vollzeitstellen in der Hauptstadt, errechnete die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) anhand der Zahlen der Stiftung. Branchenübergreifend verdienen Vollzeitbeschäftigte in Berlin demnach knapp 3.500 Euro brutto im Monat.
Viele Angestellte nun in anderen Branchen
Es sei nicht gelungen, dass die Menschen aus dem Gastgewerbe auch von ihrem Verdienst leben können, sagte der Geschäftsführer der NGG Berlin-Brandenburg, Sebastian Riesner, dem rbb am Montag. Auch deshalb seien viele Angestellte in andere Branchen gewechselt.
Die Corona-Krise habe die Situation nochmal verschärft. Die Menschen hätten gemerkt, dass man auch in anderen Branchen "ganz gutes Geld“ verdienen könne. Daher sei die große Fluktuation in den vergangenen 18 Monaten keine wirkliche Überraschung, resümierte Riesner. Und die Abwanderung halte an. Daher werden sich die Probleme in Zukunft verschärfen, so seine Prognose.
Gewerkschaft fordert weitreichende Veränderungen
Riesner fordert - auch im Sinne der Branche - weitreichende Veränderungen. Ein erster Schritt wäre in den Augen des Gewerkschafters eine Lohnuntergrenze von 13 Euro pro Stunde. Das wäre ein Plus von 28 Prozent. Mit dieser Forderung geht die NGG am Donnerstag auch in die Tarifverhandlung für das Berliner Gastgewerbe. Auch in Brandenburg werden in den kommenden Monaten die Tarifverdienste neu verhandelt.
Es müsse nun alles dafür getan werden, Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen. Gelinge das nicht, dürfte es in vielen Hotels, Gaststätten und Cafés schon bald nicht mehr genügend Personal geben, warnte die Gewerkschaft.
Lengenfelder weist Niedriglohnvorwurf zurück
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) Berlin, Thomas Lengenfelder, bestätigte die Fluktuation. Offene Stellen könnten nur noch schwer neu besetzt werden. Den Niedriglohnvorwurf der Gewerkschaft wies er allerdings zurück: "Die tarifgebundenen Betriebe sind ja an die Tarife gebunden."
In der Gastronomie seien zudem viele Betriebe nicht an Tarife gebunden und zahlen mehr, um überhaupt Personal einstellen zu können, so Lengenfelder, der aber auch "schwarze Schafe" in der Branche sieht.
Sendung: Inforadio, 25.10.2021, 18 Uhr