Toiletten ohne Wasserspülung - Wenn der Toilettengang am Ende dem Ackerbau nutzt

Mehr als das Volumen der Müritz - so viel Wasser verbrauchen die Deutschen pro Jahr beim Toilettengang. Das Leibniz-Institut in Großbeeren forscht an Alternativen, die ohne Wasser auskommen - und den Kot sogar nutzbar machen. Von Sybille Seitz
Jeder macht es mehrmals täglich: Knopf drücken und schon spült Trinkwasser unsere Fäkalien in die Kanalisation. Gut ein Drittel des durchschnittlichen täglichen Frischwasserverbrauchs wird in Haushalten für die Toilettenspülung verwendet. Deutschland kommt auf einen Verbrauch von einer Milliarde Kubikmeter jedes Jahr. Das ist mehr als das Volumen der Müritz, dem größten Binnensee Deutschlands.
Pro Kopf und pro Jahr werden in Deutschland für Toilettengänge - je nach Spültechnik - etwa 15.000 bis 30.000 Liter Frischwasser verbraucht. Gleichzeitig führt der Klimawandel schon jetzt in vielen Regionen der Welt zu Wasserknappheit, auch in manchen Brandenburger Gewässern.
Doch es gibt auch Systeme, die ohne Trinkwasser auskommen. Das Projekt "zirkulierBAR" am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren (Potsdam-Mittelmark) erforscht, wie menschlicher Urin und Fäkalien, die auch wertvolle Nährstoffe enthalten, wieder in den Kreislauf zurückgebracht werden können.
So können Nährstoffe wiederverwendet werden
Mit "zirkulierBAR" erproben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Experten aus der Praxis einen neuen Ansatz für Kreislaufwirtschaft. Im Vordergrund stehe ein "kommunales Abfall-Management-System", in dem menschliche Fäkalien nicht in der herkömmlichen Wassertoilette gesammelt werden, sondern in der Trockentoilette, erklärt die Projektkoordinatorin Ariane Krause.
"Diese Inhalte werden dann auf den Recycling-Hof gebracht, dort so behandelt und erhitzt, dass die Schadstoffe entfernt werden, also Krankheitserreger, aber auch Arzneimittelrückstände oder Fehlwürfe, wenn zum Beispiel ein Päckchen Taschentücher mit reingefallen ist", erklärt die Wissenschaftlerin weiter. Diese würden zunächst herausgefiltert, damit die Nährstoffe, die Wertstoffe, zirkuliert werden können. "Daraus kann dann Recycling-Dünger hergestellt werden, der in der Landwirtschaft wieder genutzt werden kann. Also: den Kreislauf vom Teller zum Acker wieder zu schließen", so Krause.
Erste Modellversuche mit Müllabfuhren
Eine Trockentoilette verwendet kein Wasser, sondern beispielsweise Sägespäne, um die Feuchtigkeit aufzunehmen. Momentan müssen die Auffangbehälter noch zu einem Recycling-Hof gebracht werden. Später soll das dann zum Beispiel von der Müllabfuhr übernommen werden. Hier laufen bereits Modellversuche mit der Abfallentsorgung im Landkreis Barnim, hierbei insbesondere in Eberswalde.
Auf den Recycling-Höfen werden die gesammelten Inhalte der Trockentoiletten auf etwa 70 bis 80 Grad erhitzt, damit es keine Seuchengefahr gibt. Die Flüssigkeit läuft durch einen Filter, in dem aktivierte Kohle enthalten ist. An der Oberfläche der Kohle werden die Schadstoffe festgehalten. Eine Technik, die in der Trinkwasseraufbereitung erfolgreich angewendet wird.
Toiletten können nachgerüstet werden
Im Projekt "zirkulierBAR" wird aber nicht nur an mobilen Systemen getüftelt. Auch bestehende Häuser und Neubauten könnten dafür gerüstet werden. "In Gebäuden würde man in der Toilette eine Urinabtrennung von den festen Fäkalien machen", erklärt die Projektkoordinatorin Krause. Das könne sichtbar oder unsichtbar für die Nutzenden gestaltet werden und der Urin würde ohne Wasser in Extrarohren über Pumpen- oder Vakuum-Systeme abgeleitet und gesammelt. "Daraus kann dann ein hochwertiger Flüssigdünger gewonnen werden", betont die Wissenschaftlerin. Rund 80 Prozent der Nährstoffe im Abwasser aus Städten könnte auf diese Weise zirkuliert werden
Die Nachfrage nach Trockentoiletten steigt. Das gilt für Großveranstaltungen genauso wie im Privaten, etwa im Campingbereich oder in Kleingartenkolonien. "Ein weiterer Grund für das Projekt ist auch, dass wir sowohl auf EU-Ebene als auch in der deutschen Politik aus Klimaschutzgründen hinkommen wollen zu einer Kreislaufwirtschaft. Wir wollen zirkuläre Systeme, und dazu gehören nun mal auch unserer eigenen Abfälle", betont Krause.

Alternativen zu Abwassersammelbecken
Dabei gebe es auch direkt in Brandenburg einiges zu tun: "Hier gibt es immer noch Stadtteile oder Dörfer, die noch nicht an die Kanalisation angeschlossen sind, die bisher Abwassersammelbecken haben. Oder Anlagen, wo Chemietoiletten stehen. Die wollen wir ersetzen", betont die Wissenschaftlerin. Es sei grundsätzlich wichtig, mehr Kohlenstoff in die Böden zurückbekommen. Das gelinge mit humushaltigen Düngemitteln, hergestellt aus Abfallstoffen. "Und auch hier können eben Inhalte aus Trockentoiletten einen Beitrag leisten", so Krause.