Sogenannter Share Deal - Vonovia umgeht Grunderwerbssteuer bei Übernahme der Deutsche Wohnen

Vonovia glückte jüngst im dritten Versuch die mehrheitliche Übernahme der Deutsche Wohnen. Grunderwerbssteuern muss das Unternehmen aus Bochum für den Mega-Deal aber nicht zahlen. Der Konzern nutzt ein Steuerschlupfloch.
Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia hält mittlerweile 87,6 Prozent an der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen - Grunderwerbssteuer musste das Bochumer Unternehmen für diese Übernahme nicht zahlen. Das bestätigte Vonovia dem rbb am Dienstagabend. Vonovia profitiert dabei von einer Regelung, die in Berlin in den vergangenen Jahren besonders oft genutzt wurde: Die Grunderwerbssteuer wird bei Anteilskäufen von weniger als 90 Prozent nämlich nicht erhoben.
Diese sogenannten "Share Deals" machten in den vergangenen sechs Jahren in der Hauptstadt bis zu 31 Prozent der Transaktionen aus, bundesweit waren es hingegen nur maximal 15 Prozent pro Jahr. Das geht aus Daten des Bundesinnenministeriums hervor. Illegal ist diese Praktik nicht. Es handelt sich jedoch um ein Steuerschlupfloch, das ausgiebig genutzt wird.
Vonovia umgeht Zahlung in Höhe von geschätzt einer Milliarde Euro
Das Bochumer Unternehmen Vonovia hatte jüngst noch einmal Aktien an der bisherigen Nummer zwei der Branche Deutsche Wohnen einsammeln können. Damit glückte die mehrheitliche Übernahme im dritten Versuch.
Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus schätzte anlässlich eines vorherigen Übernahmeversuchs im Mai dieses Jahres in der Frankfurter Allgemeinen [faz.net], dass Vonovia eine Steuerzahlung in der Größenordnung von einer Milliarde Euro umgehen werde. Sie bezifferte die Übernahme mit 18 Milliarden Euro und legte ihrer Rechnung eine Grunderwerbsteuer von 5 bis 6,5 Prozent zugrunde.
Die Grunderwerbsteuer wird normalerweise beim Kauf von unbebauten oder bebauten Grundstücken fällig. Diese beträgt je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises einer Immobilie - in Berlin sind es 6,0 Prozent. Bei einem Share Deal allerdings werden Immobilien in einem Unternehmen gebündelt, der Käufer übernimmt Anteile an dem Unternehmen. Es handelt sich streng genommen nicht um einen Immobilienkauf. Daher fällt die Grunderwerbsteuer weg. So reicht es, unter 90 Prozent an einer Gesellschaft zu erwerben, um die Zahlung von Grunderwerbsteuer zu umgehen.
Hohe Einnahmeverluste pro Jahr
Wie hoch die Verluste für die öffentliche Hand insgesamt sind, ist nicht bekannt. Eine offizielle Schätzung der Bundesregierung zu den Steuerausfällen durch Share Deals gibt es nicht. Das hessische Finanzministerium ging 2016 in einer eigenen Schätzung von Einnahmeverlusten für die öffentliche Hand von rund einer Milliarde Euro pro Jahr bezogen auf das gesamte Bundesgebiet aus [faz.de].
In Berlin könnten es laut einer Schätzung von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) aus dem Jahr 2019 Einahmeverluste in Höhe von etwa 100 Millionen Euro im Jahr sein [tagesspiegel.de].
Sendung: Abendschau, 26.10.2021, 19:30 Uhr