Erhöhtes Passagieraufkommen - BER nutzt jetzt beide Start- und Landebahnen gleichzeitig

Nach gut einem Jahr sind die beiden Start- und Landebahnen am Flughafen BER gleichzeitig in Betrieb. Aus Kostengründen wurden die Pisten zuvor nur im monatlichen Wechsel genutzt. Wirklich benötigt wird der teurere Parallelbetrieb nicht. Von Thomas Rautenberg
Nach knapp einem Jahr rollierender Nutzung der beiden Start- und Landebahnen am Flughafen BER werden die Pisten seit Mittwoch wieder gleichzeitig genutzt. Starts und Landungen von Flugzeugen im Parallelbetrieb auf der Nord- und Südbahn des BER hatte es zuletzt vor ziemlich genau einem Jahr gegeben, am 02. Dezember 2020.
Wegen Corona waren die Passagierzahlen eingebrochen, kaum jemand konnte oder wollte noch in den Urlaub fliegen. Für die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) war damit klar: Das Geld für den Betrieb zweier Start- und Landbahnen kann man sparen.
Stilllegung einer Bahn bis Ende 2021 genehmigt
Dabei wäre der Flugverkehr auch künftig mit einer Start- und Landebahn zu gewährleisten. Denn im ersten Quartal 2022 werden am BER rund 8.000 Flugbewegungen erwartet. Das ist zwar doppelt so viel, wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres, aber noch keine Größe, die die Kapazität einer Start- und Landebahn an ihre Grenzen bringt.
Die zuständige Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LuBB) hatte die "temporäre Befreiung von der Betriebspflicht", wie die Stilllegung einer Bahn offiziell heißt, bereits bis Ende des Jahres genehmigt. Dass die FBB trotzdem vorzeitig zum Normalbetrieb auf beiden Bahnen zurückkehren will, begründet sie mit der Vorbereitung auf winterliche Verhältnisse, unter denen ein stabiler Flugverkehr gewährleistet werden müsse: "Bei Schnee und Eis kann immer eine Bahn geräumt und eine Bahn genutzt werden."
Herbstchaos wirkt immer noch nach
Doch das ist wohl nicht der einzige Grund für die FBB, beide Start- und Landebahnen wieder für den dauerhaften Verkehr freizugeben. Offenbar wirkt das Desaster zum Beginn der Herbstferien auf dem BER nach. An den Check in-Schaltern und vor der Sicherheitskontrolle hatte es damals lange Warteschlagen gegeben. Viele Passagieren verpassten ihre Flüge, weil sie nicht rechtzeitig abgefertigt werden konnten.
Verantwortlich für das Chaos waren neben der Flughafengesellschaft auch die Airlines und Bodenverkehrsdienstleister, die nicht genügend Personal vor Ort hatten.
Bundesverkehrsminister Scheuer macht Druck
Das Debakel rief den amtierenden Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf den Plan. Scheuer verlangte von BER-Chefin Aletta von Massenbach eine schriftliche Zusicherung, dass sich die katastrophalen Zustände auf dem BER nicht wiederholen würden. Später bat er die Geschäftsführerin noch zum persönlichen Rapport.
Der Bund ist, wie Berlin und Brandenburg, Miteigentümer der Flughafengesellschaft. Er hält 26 Prozent an dem Unternehmen. Die Entscheidungen nach dem Treffen sind bekannt: Vor dem Osterreiseverkehr im kommenden Jahr soll das neue Billigflieger-Terminal T2 mit einer zusätzlichen Kapazität von rund sechs Millionen Passagieren eröffnen. Und der Parallelflugbetrieb auf beiden Bahnen wird wieder aufgenommen, ob der Winter kommt oder nicht.
Monatliche Kosten liegen bei mehreren Hunderttausend Euro
Immer mehr Länder machen derzeit ihre Grenzen dicht, um sich vor der neuen Coronavirus-Variante Omikron zu schützen. Immer mehr Menschen sagen ihre geplanten Flugreisen ab, weil die Einreisebeschränkungen und Quarantäneregeln kaum noch zu überschauen sind. Während andere Flughäfen ihr Angebot deshalb erneut einschränken, weil in der Hochphase der Corona-Pandemie weniger geflogen wird, startet der BER den Dauerbetrieb seiner zweiten Rollbahn.
Die zusätzlichen Ausgaben für Technik, Flugsicherung und Personal werden bei der Flughafengesellschaft mit mehreren Hunderttausend Euro pro Monat zu Buche schlagen. Geld, für das am Ende die Flughafeneigentümer und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufkommen müssen.
Lärmpegel für Anwohner wird zunehmen
Mit Wehmut in den Himmel schauen werden nun aber auch viele Flughafen-Anrainer. Denn mit dem monatlichen Wechsel der Start- und Landebahnen herrschte zumindest zeitweilig Ruhe über den Köpfen der Menschen. Mit diesen Lärmpausen ist es vorbei, wenn künftig wieder auf beiden BER-Bahnen gestartet und gelandet wird.
Sendung: Abendschau, 01.12.2021, 19:30 Uhr