Steigende Energiepreise - Blechen oder Bibbern

Die Kosten für Strom, Gas und Öl steigen so stark wie nie – auch für Verbraucher aus Berlin und Brandenburg. Energie verteuerte sich im Laufe eines Jahres um 35 Prozent. Doch was bedeutet die Preissteigerung? Von Leonie Schwarzer
Die hohen Energiepreise sorgen für derzeit für viel Stress: So werden beispielsweise viele Kunden aus Billigverträgen von Strom- oder Gasanbietern geschmissen – und landen dann bei den Grundversorgern.
In Bernau haben die Stadtwerke nach eigenen Angaben zuletzt einen sehr hohen Kundenzuwachs erlebt. Wegen der gestiegenen Energiepreise und der gleichzeitig hohen Nachfrage, können neue Kunden aber nur noch mit dem Grundversorgungstarif versorgt werden, der in der Regel deutlich teurer ist als die sonst üblichen Wahltarife.
Warum steigen die Preise?
Für die gestiegenen Energiepreise gibt es unterschiedliche Gründe: Unter anderem hat die Erholung der Weltwirtschaft nach dem corona-bedingten Einbruch 2020 zu einer unerwartet hohen Nachfrage geführt. Zudem steigt der CO2-Preis an - seit diesem Jahr kostet eine Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid statt 25 jetzt 30 Euro.
Wie stark ist die Preissteigerung?
Dem Vergleichsportal Verivox zufolge verteuerte sich Energie im Laufe eines Jahres um 35 Prozent. Und laut Check24 hoben allein im neuen Jahr bereits mehr als 700 Grundversorger ihre Gaspreise an. Die durchschnittliche Preiserhöhung bedeute für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 kWh zusätzliche Kosten von mehr als 1.000 Euro pro Jahr.
Wer ist von den steigenden Energiepreisen besonders betroffen?
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind Haushalte mit geringem Einkommen besonders stark von den steigenden Energiepreisen betroffen. 2020 haben Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1.300 Euro demnach insgesamt knapp zehn Prozent ihrer Konsumausgaben für Heizung, Strom und warmes Wasser ausgegeben. Zwar gaben Haushalte mit einem höheren Einkommen in absoluten Zahlen mehr Geld für Energie aus, allerdings ist der Anteil an den gesamten Konsumausgaben deutlich geringer.
Was plant die Politik?
Wegen der hohen Heizkosten plant das neue Bauministerium einen einmaligen Zuschuss für Wohngeldbezieher. Nach einem Gesetzentwurf sollen Singles 135 Euro bekommen, ein Zwei-Personen-Haushalt 175 Euro. Die Summe beruhe auf Berechnungen eines Wirtschaftsinstitutes, so Bundesbauministerin Klara Geywitz in Brandenburg aktuell vom rbb.
Es gibt allerdings auch Kritik: Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin hält den geplanten Zuschlag für unzureichend. "Die Menschen, die Wohngeld beziehen, brauchen wesentlich mehr Geld", sagte die Geschäftsführerin Gabriele Schlimper dem rbb. Außerdem kritisierte sie, dass viele Menschen ausgeschlossen seien. So würden Bezieher von Grundsicherung den Zuschuss nicht bekommen.
Wie können Verbraucher Energie sparen?
80 Prozent der Energie im Haushalt seien im Winter auf die Heizkosten zurückzuführen, sagt Joshua Jahn von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Er rät, die Heizung um ein Grad runterzudrehen – damit könne man etwa sechs Prozent der Energie einsparen. Außerdem die Heizung nicht auf fünf drehen, sondern beispielsweise auf drei. Denn der Raum erwärme sich immer gleich schnell: "Wenn man die Heizung auf drei stellt, hört die Wärmeabgabe irgendwann auf. Bei fünf geht es weiter."
Was tun, wenn der Anbieter kündigt?
Viele Haushalte bekommen derzeit Kündigungsschreiben von ihren Strom- oder Gasanbietern. Wegen der stark gestiegenen Energiepreise stellen Versorger Lieferungen ein und kündigen Verträge. Joshua Jahn von der Verbraucherzentrale Brandenburg rät, dann erst einmal den Vertrag prüfen zu lassen. Manchmal sei eine einseitige Beendung nicht möglich – dann könnten gegebenenfalls Schadenersatzforderungen gestellt werden. Nach einer Kündigung landen Verbraucher automatisch beim Grundversorger.
In Berlin ist der Grundversorger für Strom Beispiel Vattenfall und für Gas GASAG. Betroffenen rät Joshua Jahn, sich den Tarif in der Grundversorgung anzuschauen und zu überlegen, ob sich ein Anbieterwechsel lohnt. In der Grundversorgung gebe es ein Sonderkündigungsrecht von zwei Wochen: "In manchen Regionen ist der Grundversorger der billigste Anbieter, in anderen Regionen sind die aber auch in astronomischen Höhen und da lohnt sich dann ein Anbieterwechsel."
Wird das jetzt ewig so weitergehen?
Eigentlich werden seit Januar die Verbraucher beim Strompreis entlastet. Denn die sogenannte EEG-Umlage ist von 6,5 Cent pro Kilowattstunde auf 3,7 Cent gefallen. Das liegt unter anderem an dem hohen Strompreis an der Börse: Dadurch ist die Differenz zwischen dem Markt und dem für erneuerbare Energien garantierten Preis gesunken. Die Umlage soll diese Kluft eigentlich schließen und sinkt wegen der Annäherung der beiden Preise jetzt ab.
Allerdings wird der Strom aller Voraussicht nach nicht billiger, da die Umlage nur ein Teil des Preises ist und auf der anderen Seite die Energieversorger beim Einkauf mehr für den Strom zahlen müssen. Gleichzeitig steigt auch der CO2-Preis weiter an. Seit dem 1. Januar 2022 kostet eine Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid 30 statt wie bisher 25 Euro. Das wiederum sorgt dafür, dass Erdgas, Benzin oder Diesel teurer werden – und ist auch klimapolitisch so gewollt.
Tendenziell müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher daher auch weiter eher auf steigende Preise einstellen. Extreme Anstiege, wie wir sie derzeit erleben, sind laut Experten aber eher vorübergehender Natur.
Sendung: Inforadio, 12.01.2022, 17:30 Uhr