Neue Siegel für Lebensmittel - Mindestens 90 Prozent Brandenburg

Kartoffeln, Eier, Äpfel und Wurst - all das am liebsten frisch und aus der Region. Doch ob die Produkte wirklich aus der Region stammen, ist oft schwer zu erkennen. Zwei neue Brandenburger Qualitätszeichen sollen das ändern. Von Amelie Ernst
"Gesicherte Qualität Brandenburg" steht in weißer Schrift auf rotem Grund auf dem Siegel, das regionale Produkte aus konventionellem Anbau kennzeichnen soll. Für regionale Produkte aus ökologischer Erzeugung steht zusätzlich das Wort "Bio" auf dem Siegel.
Das bedeutet in beiden Fällen: Wenn es sich um ein verarbeitetes Produkt wie beispielsweise Joghurt, Wurst oder Suppe handelt, dann müssen mindestens 90 Prozent der Zutaten aus Brandenburg kommen. Bei nicht verarbeiteten Lebensmitteln wie Kartoffeln, Milch oder Eiern müssen es sogar 100 Prozent Brandenburg-Herkunft sein.
Siegel sollen anspornen
Der Natur-Joghurt aus der Lobetaler Bio-Molkerei in Biesenthal erfülle die Kriterien für das neue Regional-Siegel schon, der Erdbeer-Joghurt dagegen noch nicht, sagt Bereichsleiter Reinhard Manger. "Da sind 20 Prozent Fruchtzubereitung drin, also Erdbeeren aus Europa und Zucker aus Deutschland. Und 80 Prozent Milch aus Brandenburg." Doch 90 Prozent Brandenburg müssen mindestens drin sein im Becher, sonst gibt’s kein Siegel. Deshalb wolle er versuchen, künftig auch Erdbeeren und Zucker aus der Region zu bekommen, so Manger. Und zwar in Bio-Qualität – denn die Lobetaler Molkerei bewirbt sich um das regionale Bio-Siegel. 60 Prozent der Milchprodukte erfüllten bereits alle Kriterien und könnten das regionale Bio-Siegel quasi über Nacht bekommen.
Der Trend geht zum Regionalprodukt
Der Brandenburger Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) hofft, dass Verbraucherinnen und Verbraucher künftig beim Einkaufen immer öfter auf die beiden neuen Zeichen treffen – egal ob regional erzeugt aus konventionellem Anbau oder aus Bio-Anbau. Sechs Millionen Menschen und 10.000 gastronomische Einrichtungen in Berlin und Brandenburg seien ein riesiger Markt. Und gerade während der Corona-Pandemie sei die Nachfrage nach regional produzierten Lebensmitteln gestiegen, so Vogel. Beispielsweise würden auch immer mehr Abo-Kisten nachgefragt: "Das zeigt: Regionalität liegt im Trend - und im Bewusstsein der Konsumenten sogar noch vor Bio und Saisonalität."
Neue Kriterien sollen kontrolliert werden
Doch nicht nur Supermarkt-Kundinnen und -Kunden sollen die beiden neuen rot-weißen Siegel erreichen. Gerald Köhler von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau (FÖL) hat noch einen weiteren großen Markt im Blick - speziell in Berlin. Der größte Nutzen des Siegels und auch der größte Bedarf liege in der Gemeinschaftsverpflegung: Großküchen, Caterer, Schulkantinen und andere könnten Regional-Vorgaben bei Ausschreibungen mit den neuen Siegeln leichter erfüllen.
Mit großen Mehrkosten für Abnehmer und Erzeuger rechnet Köhler dabei nicht. Sein Verband und der Verein Pro Agro sollen kontrollieren, ob Betriebe die Kriterien auch wirklich erfüllen. "Wir werden die ohnehin schon bestehenden Öko-Kontrollen dazu nutzen und dabei weitere Prüfkriterien abfragen. Deshalb ist da der Aufwand vergleichsweise gering."
Das neue Siegel ist kein Selbstläufer
Reine Selbstläufer seien die neuen Siegel dennoch nicht, ergänzt Kai Rückewold vom Verein Pro Agro, der vor allem die konventionell wirtschaftenden Betriebe vertritt. Man werde Erzeuger und Verarbeiter suchen müssen, die das Siegel unterstützten und sich prüfen ließen. "Und wir brauchen Abnehmer, die bereit sind, das Siegel mit aufzunehmen und entsprechende Preise an die Erzeuger zu zahlen."
Das könne zumindest vorübergehend auch für die Kundinnen und Kunden etwas höhere Preise bedeuten; diese würden aber idealerweise durch mehr Absatz später auch wieder sinken, vermutet Rückewold. Denn nur, wenn die neuen Qualitätszeichen ein echter Mehrwert seien für die 4.500 landwirtschaftlichen Erzeuger in Brandenburg, würden sie sich auch langfristig durchsetzen.
Sendung: Radioeins, 26.01.2022, 13:10 Uhr