Anbieter liefern nicht - Zahlreiche Stromkunden rutschen in die Grundversorgung

Für viele Verbraucher ist der Strom plötzlich teurer: Anbieter erhöhen teils ohne Ankündigung, andere stellen die Lieferung gleich ganz ein. Stromkunden geraten dann in die Grundversorgung, das trifft auch viele Kunden in Berlin.
Zahlreiche Stromkunden in Berlin geraten in die Grundversorgung, weil ihr bisheriger Anbieter sie nicht mehr beliefert. Der Energiekonzern Vattenfall, Grundversorger in der Hauptstadt, verzeichnet nach eigenen Angaben "wegen der Kündigungswelle bei Stromverträgen anderer Anbieter aktuell Kundenzuwächse in unserer Grundversorgung". Eine konkrete Zahl nannte Vattenfall nicht. Die Grundversorgung ist fast immer teurer als ein selbstgewählter Stromtarif.
Hintergrund ist die angespannte Lage auf den Strommärkten. Die Preise an den Strombörsen waren 2021 so hoch wie seit mindestens 20 Jahren nicht, wie das Energiewirtschaftliche Institut (EWI) der Universität zu Köln ermittelte. Das liege daran, dass sich nach dem Corona-Einbruch die Weltwirtschaft 2021 erholte und die Nachfrage nach Energie sprunghaft gestiegen sei. Hinzu kamen höhere Preise für den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids.
Verbraucherschutzministerium spricht von Vertragsbruch
Bei der Bundesnetzagentur haben bis Ende 2021 mindestens 38 Anbieter angezeigt, ihren Kunden keinen Strom mehr liefern zu wollen. Die Unternehmen begründen das mit den stark gestiegenen Preisen an den Strombörsen. Hunderttausende Kunden dürften bundesweit betroffen sein.
Wenn ein Anbieter nicht mehr liefert, wechseln die Kunden automatisch in den Tarif des örtlichen Grundversorgers. Dann können sie zwar weiter Strom beziehen, müssen diesen aber in der Regel deutlich teurer bezahlen als zuvor.
Die Bundesregierung sieht in der aktuellen Kündigungswelle Vertragsbrüche der Anbieter. Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz müssen Kunden, deren laufender Stromvertrag gekündigt wurde, keine Preiserhöhungen akzeptieren.
Verbraucherzentrale Brandenburg klagt gegen Berliner Anbieter
Erst am Mittwoch gab die Verbraucherzentrale Brandenburg ihre Klage gegen den Berliner Anbieter Voxenergie bekannt. Kunden hatten sich demnach beschwert, dass das Unternehmen die Preise erhöht habe, ohne dies zuvor anzukündigen oder auf das Sonderkündigungsrecht hinzuweisen. Auf eine vorherige Abmahnung hatte der Stromanbieter laut der Verbraucherzentrale nicht reagiert.
"Energieversorger müssen beabsichtigte Preiserhöhungen vorher mitteilen. Sie müssen ihre Kund:innen außerdem über ihr fristloses Kündigungsrecht im Falle einer einseitigen Preiserhöhung informieren", teilte die Verbraucherzentrale mit. Eine solche Mitteilung hätten die Kunden nach eigenen Angaben aber im Vorfeld nicht erhalten.
Grundsätzlich können Verbraucherinnen und Verbraucher bei einseitigen Preiserhöhungen den Anbieter wechseln. Das ist momentan allerdings nicht immer einfach.
Sendung: Inforadio, 07.01.2022, 10:35 Uhr