Interview | Energiespar-Experte - "Eine volle Badewanne kostet richtig viel Geld"

Die Caritas bietet einen Stromspar-Check für Geringverdiener: Wie kann man zuhause die Energiekosten drosseln? Wer Sozialleistungen vom Staat bekommt, kann die Beratung nutzen. Seit dem Krieg gegen die Ukraine geht das Angebot durch die Decke.
rbb: Herr Schoß, Sie koordinieren in Berlin den Stromspar-Check, den die Caritas anbietet. Wie groß ist der Andrang?
Sven Schoß: Wir haben in den vergangenen zehn Jahren immer gut zu tun gehabt, weil wir einkommensschwache Haushalte beraten. Aber nachdem die Energiepreise so durch die Decke gegangen sind, merken wir nochmal ein größeres Interesse unserer Klientel. In unseren Büros stehen die Telefone nicht mehr still. Die Leute bitten um einen Stromspar-Check, damit wir ihnen beratend unter die Arme greifen können.
Wie können die Stromsparhelfer, die für die Caritas im Einsatz sind, den Menschen konkret helfen?
Wir verschaffen uns zunächst einen Überblick, welche Einsparmöglichkeiten es in dem jeweiligen Haushalt gibt. Wir schauen, wo sind die Großverbraucher, was können wir austauschen, wie ist das Heiz- und Lüftungsverhalten der Kunden. Dann geben wir alles in eine Datenbank ein und berechnen das mögliche Einsparpotenzial des Haushalts. Im Rahmen eines zweiten Besuchs bauen wir dann Energiesparhilfen im Wert von bis zu 70 Euro kostenlos ein.
An welcher Stelle lässt sich denn am meisten Energie einsparen?
Die größten Hebel liegen bei den Kühlgeräten, sie verbrauchen bis zu 30 Prozent des Stroms in einem Haushalt. Unsere Klientel verfügt meistens über ältere Modelle, das sind richtige Stromfresser. Ist ein Kühlschrank älter als 10 Jahre und verbraucht mehr als 200 Kilowattstunden im Jahr, können die Leute von uns einen Gutschein über 100 Euro bekommen, den das Bundesumweltministerium finanziert.
Auch Durchlauferhitzer verbrauchen enorm viel Energie. Wie sinnvoll ist es hier, alte Geräte durch effizientere zu ersetzen?
Das macht immer Sinn, allerdings muss der Vermieter dem zustimmen beziehungsweise den neuen Durchlauferhitzer anschaffen. Eine Minute duschen kann bis zu einem Euro kosten, das ist ein großer Posten. Deshalb beraten wir auch da und können Wassersparartikel zur Verfügung stellen wie zum Beispiel einen effizienten Wasserspar-Duschkopf, der nur noch sieben Liter durchlässt. Der schäumt das Wasser auf und die Leute merken gar nicht, dass weniger Wasser durchkommt. Ansonsten gilt: möglichst nicht baden – eine volle Badewanne kostet richtig viel Geld – und die Duschzeiten begrenzen!
Viele Gas- und Stromversorger haben ihre Preise in den vergangenen Wochen angezogen. Inwieweit bekommen die Berliner das schon zu spüren?
Die große Welle der Rechnungen wird erst noch kommen, wenn viele im Frühjahr ihre Abrechnungen kriegen und da ist dann ein Jahr eingepreist. Zwischenzeitlich haben die Versorger ihre Abschläge angepasst. Ich kenne Beispiele, da sind die Abschläge von 65 Euro auf 90 Euro erhöht worden und wenn man den Energieverbrauch nicht weiter drosselt, dann wird es immer teurer.
Für Sozialhilfeempfänger sind 25 Euro im Monat viel Geld. Welche Kosten übernehmen die Jobcenter?
Strom ist in dem sogenannten Warenkorb integriert, mit dem der ALG II-Satz berechnet wird. Die Leute müssen also von diesem Geld ihre Stromrechnung bezahlen. Bei Härtefällen kann man sich ans Jobcenter wenden und dort einen Kredit beantragen, den muss man aber irgendwann zurückzahlen. Man kann sicherlich auch mit den Stromversorgern verhandeln oder sich in Verbraucherzentralen beraten lassen. Heizkosten gehören zu den Wohnnebenkosten und werden im Normalfall von den Jobcentern übernommen, sofern sie nicht ins Uferlose steigen.
Wie viel sparen Haushalte, die beim Stromspar-Check mitmachen, unterm Strich ein?
Wir können mit unserer Beratung nicht alles abfedern, aber zumindest helfen, dass es nicht allzu hart wird. Durch unsere Beratung spart ein Haushalt bis zu 700 Euro im Jahr und das ist schon viel Geld.
Vielen Dank für Das Gespräch.
Das Interview führte Franziska Ritter
Sendung: Inforadio, 12.03.2022, 09:46 Uhr