Anhörung im Abgeordnetenhaus - Berlin leidet unter hohen Energiepreisen

Do 28.04.22 | 07:32 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Eine Frau rührt in einem Topf auf einem Gas-Herd während ihre Tochter am Tisch lernt. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.04.2022 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Annette Riedl

Die Preise für Strom und Gas steigen und steigen - und das angedrohte Gas-Embargo Russlands verschärft die Lage weiter. Bei einer Anhörung von Experten im Berliner Abgeordnetenhaus wurde nun deutlich, wie umfassend die Sorgen sind. Von Sebastian Schöbel

Dass die steigenden Gaspreise Menschen in Berlin Sorge bereiten, merken aktuell vor allem die Verbraucherschützer. Denn dort, sagt Dörte Elß von der Berliner Verbraucherzentrale, stünden gerade die Telefone nicht still: Die Angst vor der Gassperre gehe um - und zwar nicht nur bei sozial schwachen Menschen, sagt Elß. "Es sind auch Gruppen betroffen, die bisher keine Sozialleistungen brauchten."

Rund 100.000 Mal haben Gasversorger 2021 Kunden damit gedroht, wegen unbezahlter Rechnungen den Gashahn zuzudrehen. Nun befürchten Beobachter, dass die Zahl steigen wird.

Gas nur eine Seite der Energie-Krise

Denn die Preise steigen weiter - nicht nur, aber auch wegen des Krieges in der Ukraine. Leider werden das viele Kunden erst mit der Jahresendabrechnung merken, befürchtet Dörte Elß. "Und dann kommt es doppelt: Mit hohen Abschlägen und Nachzahlungen."

Gas ist aber nur eine Seite der Energiekrise: So habe eine Megawattstunde Strom im März dieses Jahres im Durchschnitt 252 Euro gekostet, rechnet Kerstin Busch von den Berliner Stadtwerken vor. "Im März '21 waren es 47 Euro. Das ist ein Plus von 436 Prozent." Viele Stromanbieter hätten unter dem Druck der Preisentwicklung schlicht Insolvenz angemeldet und ihren Kunden gekündigt - und sich dabei zum Teil höchst unseriös verhalten, so Busch. Aufgefangen wurden die Stromkunden durch die Grundversorger.

Die Stadtwerke hätten zwar Stromlieferungen mit langfristigen Verträgen abgesichert - doch man müsse durch die vielen Neukunden auch kurzfristig teuren Strom hinzukaufen. Wie sich die Preise weiterentwickeln, sei nicht vorhersehbar, sagt Busch. "Letztes Jahr dachte ich, ich könnte es. Aber mit der Ukraine-Krise kann ich das nicht mehr."

Auch Unternehmen spüren Auswirkungen

Doch es sind nicht nur Privathaushalte, die unter der Energie-Krise leiden. Auch die Unternehmen spüren die Auswirkungen, klagt Martin Greif, Geschäftsführer des gleichnamigen Textilservice-Unternehmens. Strom sei 30 Prozent teurer geworden, Kraftstoff 60 Prozent und Gas sogar 280 Prozent. Sein Unternehmen wäscht vor allem für Hotels, Pflegeheime und Krankenhäuser, sagt Greif. "Wenn wir kein Gas bekommen, können wir keine Bettwäsche für Gesundheitswesen, Flüchtlingsunterkünfte, hygienische Kleidung für Gastronomie oder Schutzausrüstung für Energieversorgung liefern."

Greif fordert, dass auch Zulieferer von kritischer Infrastruktur als systemrelevant betrachtet werden - und im Fall eines Gasembargos Russlands weiter beliefert werden, aus den Gasreserven des Bundes. Unternehmer wie Martin Greif, aber auch die Stadtwerke Berlin, fordern von der Politik: finanzielle Hilfe, Steuervergünstigungen, Zusicherungen für den Ernstfall.

Rat der Verbraucherzentrale: Zähler ablesen und Kosten kontrollieren

Doch zumindest dem Senat seien die Hände gebunden, räumt Wirtschaftssenator Stephan Schwarz ein (parteilos, für die SPD): Fast alles, was den Energie Markt betrifft, auch die Notfallpläne etwa für Gas, seien Bundessache. Berlin könne nur begrenzt helfen, so Schwarz: Über Förderungen und Zuschüsse berate man schon, großzügig Geld verteilt werde aber nicht. "Der Staat kann nicht alles richten. Die Berliner Wirtschaft muss sich kreativ resilient zeigen", sagt der Senator.

Den Privatkunden der Energieversorger rät die Verbraucherzentrale derweil, die Zähler abzulesen und Kosten zu kontrollieren, um böse Überraschungen zu vermeiden - oder früh zu erkennen, damit man sich Hilfe holen kann.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.04.2022, 07:20 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

27 Kommentare

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  1. 27.

    Wir haben doch schon eingegriffen - mit Waffen oder zählt sowas nicht.

  2. 26.

    Deutschland lebt seit 2Jahren im Panikmodus und der soziale Frieden ist lange dahin. Es geht nur noch jeder gegen jeden, arm gegen reich, oben gegen unten und anders rum ,das sieht sich durch alle Schichten der Gesellschaft . Erst Corona und die Folgen, jetzt der Krieg Deutschland wird lange brauchen bis wieder einigermaßen Ruhe einkehrt und jeder wird die Auswirkungen am eigenen Leibe spüren. Wir können alle nicht in die Zukunft schauen hoffen wir mal das es für alle relativ gut ausgeht, ansonsten wird es in Deutschland noch ungemütlicher. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

  3. 25.

    Ihre Aufzählung ist gut ! Staatliche Leistung beziehe ich keine, sondern ich bezahle sie. Auch die Krankenhäuser. Wohne an einer Bundesstraße in einer nicht mit öffentlichen Mitteln tot subventionierten Wohnung, mit deren Verkehr ich gut leben kann. BVG behindert nur alles.. was war noch... Polizei die nie da ist wenn man sie braucht, allenfalls beim abkassieren hat man Kontakt mit ihnen aber das macht vollautomatisch eine Maschine und ist ohne Unterschrift gültig. Das Monopol der BSR gehört eh abgeschafft, dann sinken auch die Preise. Mit ALBA könnte ich gut leben. Noch was?

  4. 24.

    Bitte welches "angedrohte Gas-Embargo Russlands" ? Wo stammt denn diese Information her? Es hat sich doch nur die Kontoverbindung geändert. Zahlungen weiter in € und $ die dann von der russichen Bank in Rubel getauscht werden. Wenn Embargo, dann, weil wir uns weigern zu zahlen wie es Polen getan hat. Aber das ist momentan wohl kein Thema, da neben deutschen Frimen auch weitere EU Firmen die neue Kontoverbindung akzeptiert haben.
    Ich kann da anders als bei unseren Sanktionen auch keine Erpressung erkennen, wie es Ursula überall herumposaunt.

  5. 22.

    "Private Befindlichkeit" .. . Mir scheint, der Kommentar des Herrn hat einige bei Ihnen ausgelöst.

  6. 21.

    ich hege keinerlei sympathie für hr. putin und dessen kriegstreiberei genauso wenig wie die der nato!
    aber noch weniger kann ich politiker ausstehen die ihre bürger an den bettelstab bringen weil sie ihren energiebedarf nicht mehr bezahlen können!

  7. 20.

    Da beantwortet aber eher nicht meine Frage: Mit solchen, mit Verlaub, Allgemeinplätzen und wirren Zusammenstellungen lässt sich nur schwerlich die Abschaffung des Länderfinanzausgleichs fordern.

  8. 19.

    Wir haben eine völlig ausgeuferte Bürokratie in vielen Bereichen, es muss immer mehr Zeit in Erfassung von Daten investiert werden ohne hierdurch einen Mehrwert zu haben. Gerade im Medizinbereich wird immer mehr Zeit am PC als am Patienten verbracht, ohne das Patientenwohl oder Arbeitsbedingungen zu verbessern. Am ZOB soll eine Skulptur in Form eines Knoten für 200.000 Euro installiert werden, während gleichzeitig Tafeln und die Kinderhilfe immer weniger Unterstützung beklagen. Viele Firmen suchen händeringend Personal, gerade im Bereich niedriger Qualifikation, geeignete Bewerber übers Arbeitsamt bewerben sich aber nicht und bleiben lieber in HartzIV, ohne Sanktionen. Wer Leistungen nicht benötigt, müsste die auch nicht beanspruchen, nur weil er es kann...

  9. 18.

    Da können Sie noch so viele Sympathien für den Kriegstreiber Herrn Putin hegen und seine wirre Propaganda verbreiten - die Gräueltaten der Russen und das immense Risiko für alle Europäer können Sie nicht wegdiskutieren!

  10. 16.

    "Berlin leidet unter hohen Energiepreisen "

    Im Artikel geht es zwar um die Bewohner und Unternehmen der Stadt, aber natürlich leidet auch die "Stadt". Deshalb wäre es interessant, was Land / Kommune und kommunale Unternehmen (neben den Bäderbetrieben)unternehmen, um Gas und Strom zu sparen. Denn schließlich zahlen "wir" die gestiegenen Kosten auch.

  11. 15.

    aha...nun wird schon wieder vom krieg in europa geredet.wie kann man nur so verblendet daherreden?
    kriegstreiber ist noch untertrieben!putin wird ein teufel tun die nato herauszufordern,also reden sie hier nicht den ernstfall herbei!sie scheinen ja genug zu verdienen ansonsten würden sie hier nicht solch blödsinn daherschwafeln.
    hier geht es um den sozialen frieden in deutschland und nicht um ihre privaten befindlichkeiten!

  12. 14.

    Sollte ein Gas-Netzbetreiber einmal kurzzeitig nicht liefern können, weise ich auf Folgendes hin:
    In Berlin ist beachten, dass gem. der Überprüfungsverordnung nach einer Gasliefersperre (also auch wenn der Versorger nur stundenweise die Gaslieferung sperrt, weil er nicht liefern kann) bei Wiederaufnahme der Gaslieferung eine Wiederinbetriebnahmeprüfung durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zu erfolgen hat.

    Das halte ich für den Fall für Quatsch, aber Vorschrift ist Vorschrift.

  13. 13.

    Wenn Sie viel Verständnis für das diktatorische System von Herrn Putin aufbringen und den Überfall auf die Ukraine gutheissen, sollten Sie idealerweise direkt in die russische Heimat übersiedeln.

    Die akute Gefährdungslage für alle europäischen Länder verstehen Sie offensichtlich nicht.
    Sie wären wohl auch noch verwundert wenn Russen hier in Deutschland die gleichen menschenverachtenden Gräueltaten verüben würden.

    Die Gefahr eines Krieges in Europa ist so groß wie in den letzten 70 Jahren nicht mehr.

  14. 12.

    Was für eine naive Forderung, man solle "sich raushalten". Die Ursache für die Krise ist die Aggression der russischen Führung. Auf diese muss reagiert werden, das zeigt auch die Geschichte. Die Art, wie reagiert wird, ist angemessen. Einem Aggressor weiter Geld in den Rachen zu schieben ist dumm. Und schließlich wird der Westen nicht militärisch eingreifen, es sei denn er wird selbst angegriffen. Wie sich die Sache entwickelt hängt ausschließlich vom Ausmaß des Wahnsinns bei Putin und Co ab.
    Wofür der Staat sorgen sollte, ist, dass diejenigen mit wenig Geld nicht frieren müssen, warmes Wasser haben und kochen können. Dass sich alle etwas werden einschränken müssen und Wohlhabendere weniger wohlhabend sein werden ist sicher. Und natürlich ist jede und jeder aufgefordert, kreativ auf die Lage zu reagieren. Wir sind viel zu träge geworden und ständig wird rumgejammert. Genau das ist, was Putin auszunutzen gedenkt.

  15. 11.

    Ihre Einstellung ist zwar unter Artikel wie dieser fast schon Standard, es macht sie aber nicht weniger unangenehm (die Formulierung ist nur der Nettiquette geschuldet). Dass es in diesem Land mittlerweile viele Menschen gibt, die zu keiner Empathie oder Solidarität mehr fähig sind, ist mehr als erschütternd. Es ist eine Selbstverständlichkeit und es wird auch passieren, dass wir in Zeiten einer fundamentalen Krise den Gürtel enger schnallen müssen. Wer aber nicht versteht, dass in der Ukraine das Schicksal Europas entschieden wird, hat offensichtlich Geschichte nicht verstanden oder sich nie damit beschäftigt. Es ist die Ukraine, in der aufgrund der russischem Aggression die Menschen sterben und sogar abgeschlachtet werden, dagegen ist unser Einsatz mehr als bequem. Und Bedürftigen wird, wie immer, in solchen Zeiten auch staatliche Hilfe zu Teil werden. Leider produzieren sich aber besonders diejenigen laut, die gar nicht wirklich bedürftig sind und eine ganz andere Agenda verfolgen.

  16. 10.

    Was Sie sagen ist kurzfristig gedacht. Jeder weiß doch, dass wenn man sich einmal erpressen und einschüchtern lässt, dann ist das nur der Anfang.
    Würde die Welt tatenlos zusehen, was Russland mit der Ukraine macht, wäre das ein Signal an Russland, dass es ok ist, so zu verfahren. Und dann sind auch irgendwann Sie betroffen, es wäre nur eine Frage der Zeit, denn die Erpressungen mit Energie und Atombomben würde einfach immer weiter gehen.

  17. 9.

    Es war bei Corona der Fall und ist Etat nicht anders, Gas wird am freien Markt gehandelt durch große Energie Firmen, die sogar Gasförderung in Russland betreiben. Zb. Fortum .
    Strom kommt vom schwedischen Konzern Vattenfall.
    Und Öl von der niederländischen Schell AG.. der Markt lebt von kernigen Sprüchen wie die von unserer Kosmetik Beraterin in Brüssel . Fakt ist die Energie kosten werden weiter steigen.
    Nicht im Sommer aber zum Winter.

  18. 7.

    Ein Grund mehr, warum wir uns aus dem Ukraine-Konflikt heraus halten sollten. Was geht uns das an? Und warum sollten wir uns dafür hier einschränken? Die Ukraine gehört nicht zur EU und der Konflikt bedroht uns auch nicht in Europa als Ganzes. Die Behauptung dessen soll doch nur untermauern, dass man es gerne so hätte. Man muss nicht mit allem solidarisch sein und dabei auch noch den dritten Weltkrieg riskieren. Es ist egal, ob Russland nur droht. Da kann man es nicht drauf ankommen lassen. Wir haben jetzt schon mit den Sanktionen zu knapsen, die man mal vorher bis zum Ende hätte durchdenken müssen. Irgendwann reicht es auch mal.

  19. 6.

    Berliner Stadtwerke ... " Energie zusätzluch einkaufen" . Bitte erklären. Ich bin vor meheren Jahren zu den Berliner Stadtwerken gewechselt um regionalen Ökostrom zu vekommen . Gilt das nicht mehr!

  20. 4.

    und Berlin vom Länderfinanzausgleich ausschließen. "
    Kann man machen.
    Nur sollten Sie dann aber auch schreiben, auf welche staatlichen Leistungen Sie persönlich verzichten werden.
    Also: Mir würden 50 % der Polizei genügen.
    Die Krankenhäuser sollten bis auf eines geschlossen werden.
    Straßenbau wird überschätzt.
    Verkehrsregelung ist überflüssig.
    Die BVG kann eingestellt werden
    usw usf.
    Also: Butter bei die Fische.

  21. 3.

    Haben Sie den Beitrag gelesen und verstanden? Es geht um die Energiesicherheit, respektive um die Bezahlbarkeit. Und wenn die Entwicklung weiter in diesem Maß voranschreitet, werden auch Leute wie sie langsam in den Genuss der Unbezahlbarkeit kommen. Die Forderung ist berechtigt. Wenn eine Regierung die Bevölkerung durch ihre Entscheidung in eine Konfliktsituation bringt, muß sie auch für die Lösungen sorgen.

  22. 2.

    Welches angedrohte Gas Embargo? Russland liefert wie vertraglich vereinbart, wer sich nicht an Verträge hält ist Deutschland!

  23. 1.

    "Der Staat kann nicht alles richten " soll er auch nicht, man sollte den Bürgern endlich mehr Eigenverantwortung zumuten. Und jetzt das große aber. Wenn unser Staat das erarbeitete Steuergeld effizient und sinnvoll verwenden sowie nicht überall in anderen Ländern großzügig verteilen würde, dann hätten wir viele Probleme nicht. Und wenn ein Berliner Senator behauptet, das nur der Bund was tun kann, dann sollte man diesem mal sagen das gerade in Berlin das Steuergeld verschleudert wird, s. BER oder ZOB und Berlin vom Länderfinanzausgleich ausschließen. Dann erfährt man auch was es bedeutet, wenn der Steuerzahler den Gürtel enger schnallt. Oder ist das dann der Moment wo Berlin nach dem Staat ruft er braucht Geld? Ach ne, das hat Berlin ja noch nie gemacht.

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