Teurer Holzbau - Gesobau zweifelt an Senatsplänen für klimafreundliches Schumacher-Quartier

Das Schumacher-Quartier soll mehr als nur ein neuer Stadtteil werden: Gebaut werden soll hier vor allem klimafreundlich, mit Holz. Doch ausgerechnet aus den Reihen der Unternehmen, die es umsetzen sollen, kommen nun Zweifel. Von Sebastian Schöbel
Das in Holzbauweise geplante Schumacher-Quartier auf dem Gelände des ehemaligen Flughafen Tegel stößt auf Bedenken bei den Bauträgern. Bei dem Projekt könne "nach jetzigem Stand wirtschaftlich keine einzige Wohnung gebaut werden", sagte Gesobau-Vorstandschef Jörg Franzen im Berliner Abgeordnetenhaus. Grund seien der Fachkräftemangel, Lieferengpässe und stark steigende Energie- und Baupreise, so Franzen. Die Ukrainekrise habe den "dramatischen" Zustand noch einmal verschärft, dazu kämen steigende Zinsen.
Franzen: Holz kostet 900 Euro mehr pro Quadratmeter
Derzeit koste der Quadratmeter Neubau zwischen 3.000 und 4.000 Euro, sagte Franzen im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses. Die ambitionierte Holzbauweise, die im Schumacher-Quartier zur Anwendung kommen soll, sei nach Berechnungen der Gesobau 900 Euro pro Quadratmeter teurer als die konventionelle Betonbauweise. "Wenn Sie die Mieteinnahmemöglichkeiten der städtischen Unternehmen dagegensetzen, können Sie sich vorstellen, dass das schwer bezahlbar ist", sagte Franzen an die Ausschussmitglieder gerichtet.
So betrage die Miete einer geförderten Wohnung 6,70 Euro pro Quadratmeter, die einer frei finanzierten Wohnung der Gesobau im Schnitt 11 Euro pro Quadratmeter. Sowohl die drei städtischen Wohnungsunternehmen, als auch die Genossenschaften und gemeinwohlorientierten Baugruppen, die das Schumacher-Quartier bauen sollen, würden "massive Probleme haben, da etwas realisieren zu können".

Senat plant über 5.000 Wohnungen
Der Senat plant über 5.000 Wohnungen im Schumacher-Quartier. Statt konventioneller Betonbauweise sollen hauptsächlich Holzelemente zum Einsatz kommen, die auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel entwickelt und gefertigt werden. Eine entsprechende Ausschreibung soll noch in diesem Jahr erfolgen, bis 2025 wolle man die Produktion aufbauen, sagte Gudrun Sack, Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH. Das Industrie- und Gewerbegebiet "Urban Tech Republic", das auf dem früheren Flughafenareal entsteht, soll gleichzeitig zum Mittelpunkt des Berliner Holzbaus werden: Dafür ist auf dem neuen Campus der Beuth Hochschule im Terminal A auch ein spezieller Studiengang geplant.
Holz aus Berliner Forsten
Das Holz soll aus den Berliner Forsten gewonnen werden, so Sack. "Wenn wir in Berlin aus Holz bauen wollen, müssen wir auf die Kiefer setzen." Geplant sei, schädliche Monokulturen von Kiefern in Wäldern aufzulösen und die Lücken mit Laubbäumen aufzuforsten. "Wir werden so viele Kiefern rausholen können, dass wir das gesamte Schumacher Quartier und auch die Urban Tech Republic damit bauen können."
Geschlagen werden sollen die Kiefern allerdings nicht in bekannten Berliner Wäldern wie dem Grunewald: Berlin besitze auch im Land Brandenburg Wälder, so der Holzbauexperte der TU-Berlin, Eike Roswag-Klinge. "Wir entnehmen die Bäume, die kurz vor dem Absterben sind, bauen sie ein und speichern das CO2, das sie aufgenommen haben." Das mache den Rohstoff Holz nicht nur weitaus klimafreundlicher als Beton, so Roswag-Klinge, sondern zeige sich auch langfristig beim Preis.
"Wenn wir kreislaufgerecht bauen, können wir diese Ressource langfristig nutzen. Der Mehrwert ist bisher nicht verpreist." Bauen mit Beton werde sich dagegen verteuern, auch durch CO2-Abgaben, so Roswag-Klinge.

Franzen: Senat sollte Förderung im Wohnungsbau überdenken
Gesobau-Vorstand Franzen fordert derweil vom Senat, die Förderung im Wohnungsbau zu überdenken - auch mit Blick auf Projekte wie das Schumacher-Quartier. "Es wäre natürlich eine Möglichkeit der wirtschaftlichen Querfinanzierung, wenn man auch bei den städtischen Unternehmen zwanzig bis dreißig Prozent der Wohnungen als Eigentum errichten würde", sagte Franzen.
Das aber steht im Konflikt mit dem Berliner Modell, auch wenn Franzen verspricht, die Gesobau würde die Eigentumswohnungen zu bezahlbaren Preisen anbieten. "Zudem ist fraglich, ob der Vorschlag in der rot-grün-roten Koalition mehrheitsfähig ist."
Sendung: rbb24 Inforadio, 26.04.2022, 06:20 Uhr