"Wir sind im Überlebenskampf" - Berliner Taxiinnung zieht düstere Bilanz

Sinkende Fahrgastzahlen, steigende Spritpreise - der Druck auf Taxiunternehmen steigt deutlich. Inzwischen geben täglich zwei Fahrer in Berlin auf. Hoffnung auf eine bessere Zukunft hat die Branche allerdings trotzdem noch.
Die Corona-Pandemie, die Konkurrenz von Anbietern wie Uber, die gestiegenen Energiepreise - die Taxibranche kämpft derzeit auf vielen Ebenen mit vielen Problemen. Auf der diesjährigen Pressekonferenz der Innung am Donnerstag fasst der Vorsitzende Leszek Nadolski die Lage als dramatisch zusammen: "Bald könne die individuelle Mobilität der Berliner und Berlinerinnen mit Taxis nicht mehr gewährleistet werden", sagt er.
Betrieb nicht wirtschaftlich
Über 2.000 Taxis seien in den vergangen zwei Jahren bereits abgemeldet worden. Jeden Tag werden es in Berlin ein bis zwei Taxis weniger. Und die Erträge sinken erheblich, beklagt das Taxigewerbe. 14 bis 15 Euro Umsatz pro Stunde seien es im Moment noch. Um wirtschaftlich bleiben zu können, müssten es eigentlich mindestens 25 Euro in der Stunde sein, so Nadolski.
Der Druck wachse aber zunehmend, sagte Herrmann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi- und Mietwagen. Insbesondere die zuletzt größer gewordene Konkurrenz aus der Carsharing-Branche setze dem Taxigewerbe zu. So sehr die Zahl der Taxis gesunken sei, so sehr sei die Anzahl der Mietwagen gestiegen. 2.400 Mietwagen und Sharing-Autos seien in den vergangenen zwei Jahren dazugekommen. Nun seien es 4.000 solcher Fahrzeuge in Berlin. In keiner anderen Stadt gäbe es so viele Fahrdienstanbieter wie in Berlin. Deswegen sei die Situation hier besonders dramatisch, so Waldner.
Taxifahrer beklagen unfairen Konkurrenzkampf
Auf der jährlichen Pressekonferenz forderte die Innung deshalb unter anderem, dass Anbieter künftig stärker kontrolliert und reguliert werden. Eigentlich dürften beispielsweise Uber-Fahrer keine Fahrgäste auf Zuruf mitnehmen. Stattdessen müssten sie warten, bis sie gerufen werden. Kontrolliert würde das jedoch nicht, so die Klage der Vorsitzenden. Außerdem müssten Taxis Festpreise anbieten, Uber hingegen gestalte seine Preise nach der Nachfrage. In Stoßzeiten zahle man hier erheblich mehr, in Randzeiten weniger. Diese Flexibilität der Konkurrenz wird als unfair empfunden.
Viele Taxifahrer hätten dem Druck zuletzt nicht mehr Stand gehalten und ihren Job aufgegeben. Von ehemals 40 Fahrern seien ihm nur noch 20 geblieben, sagte Taxiunternehmer Norbert Bleckmann dem rbb. "Wir fahren im Moment nur auf Sicht. Wir sind nur noch im Überlebenskampf und sehen zu, dass wir überhaupt über die nächsten Monate kommen." Seine ehemaligen Fahrer und Fahrerinnen hätten zum Teil die Seiten gewechselt und nun bei Fahrdienst-Anbietern oder auch bei der BVG neue Jobs gefunden.
Klimaneutral in die Zukunft
An die Zukunft denken will die Taxiinnung aber dennoch. Um zukunftsfähgi zu werden, sollten Taxis zukünftig beispielsweise CO2-neutral werden, prophezeite Nadolski. Schnelle E-Ladesäulen oder Wechselsysteme für Batterien seien hier allerdings wichtig. Deswegen würden schon jetzt Tankstellenbetreiber gesucht, die Anlagen zum Express-Batteriewechsel bei sich aufbauen wollen. Am Flughafen BER soll schon bald eine erste Station stehen.
Sendung: Inforadio, 28.04.2022, 15:40