Berlin-Tourismus läuft wieder an - "Die Zahl der Buchungen ist wieder auf Vor-Pandemie-Niveau"

Zwei Jahre Pandemie haben der Berliner Tourismusbranche zugesetzt. Doch jetzt kommen die Besucherinnen und Besucher zurück. Die Nachfrage ist so groß wie lange nicht - zumindest für Ostern. Überwunden ist die Krise dennoch nicht. Von Amira Rajab
"Wir haben bis vor ziemlich genau vier Wochen quasi gar keine Nachfrage gehabt", sagt Andreas Becker. Er ist einer der fünf Gesellschafter vom Hostel “Circus” am Rosenthaler Platz in Berlin-Mitte. Erst ab Mitte März sei der Umschwung gekommen: "Da ist die Blase geplatzt", sagt Becker. Die Nachfrage sei seitdem explodiert. "Die Anzahl der Buchung ist wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie."
Weniger internationales Publikum
Damit sei die Krise aber noch lange nicht überwunden, betont Circus-Geschäftsführer Becker. "Wir sind immer noch in einer absoluten Sondersituation" sagt er. Dass sich daran im Sommer noch etwas ändern werde, denke er nicht. Denn es gebe einen entscheidenen Unterschied zu 2019: Die Besucherinnen und Besucher kämen nicht wie in Vor-Corona-Zeiten aus der ganzen Welt in das hippe Hostel am Rosenthaler Platz.
In diesem Jahr kommen sie hauptsächlich aus Deutschland und den benachbarten Ländern, wie Becker berichtet. Die Nachfrage sei "deutscher und europäischer als vor der Krise”" so der Hostel-Gesellschafter. "Wir hatten vor der Krise 20 bis 30 Prozent deutsche Gäste und sind jetzt eher bei einem Anteil von 50 bis 60 Prozent."
Auch wenn das Circus-Hostel mit seinem Publikum nicht unbedingt typisch für den Markt ist, bestätigt der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) diesen Trend auch für den Rest Berlins: "Es war vor der Krise circa 50/50 - 50 Prozent inländische, 50 Prozent ausländische Gäste", sagt Verbandsgeschäftsführer Thomas Lengfelder. Das habe sich nun ein bisschen verschoben. 70 Prozent der Touristinnen und Touristen in Berlin kämen nun aus Deutschland.
"Unglaubliches Bedürfnis zusammenzukommen"
Dennoch blickt das Hostel Circus sehr optimistisch auf die Osterfeiertage, wie Becker sagt. Schon jetzt seien 70 bis 80 Prozent belegt. "Wir gehen davon aus, dass wir an Ostern dann vollständig ausgebucht sein werden", sagt Becker. Das liege auch an den gefallenen Corona-Maßnahmen. Insgesamt sei die Stimmung einfach entspannter. Die Menschen würden sich mehr trauen.
Und: "Die Leute haben ein unglaubliches Bedürfnis zusammenzukommen", sagt Becker. Das sehe er besonders daran, dass auch die sozialen Angebote, die vom Hostel angeboten werden, intensiver genutzt würden. "Die Umsätze steigen deutlich, das heißt, die Leute treffen sich wieder in Bars oder bei kleinen Konzerten."
Steigende Preise
Doch die Gäste müssen auch mit höheren Preisen als zu Vor-Pandemie-Zeiten rechnen. "Die Situation ist so, dass in der Hotellerie im Moment höhere Preise aufgerufen werden müssen", sagt Becker. Das liege daran, dass die meisten Rücklagen und Ersparnisse in den vergangenen zwei Jahren aufgebraucht worden seien, aber auch an massiven Kostensteigerungen, insbesondere bei den Löhnen.
Um den Gästen etwas bieten zu können, wurden die Häuser von Circus Berlin während der Krise saniert, wie Becker berichtet. "Wir sind voll ins Risiko gegangen, haben die Häuser saniert, renoviert und aufgewertet." Das zahle sich nun aus: "Uns fällt es natürlich deutlich leichter, die höheren Preise mit sanierten Häusern zu erzielen, das merken wir."
"Ostern ist nur ein Stimmungsbild"
Dehoga Berlin warnt gleichzeitig davor, nicht in eine verfrühte Euphorie zu verfallen. "Ostern ist ja auch nur ein Stimmungsbild, weil es ein verlängertes Wochenende ist. Nach wie vor fehlen ja Messen, Kongresse, große Veranstaltungen, Tagungen et cetera", sagt Verbandshauptgeschäftsführer Lengfelder.
Es sei ein "sehr gutes Zeichen", dass der Vorbuchungsstand so hoch sei. Denn den positiven Trend des Circus-Hostels kann der Dehoga-Geschäftsführer auch für den Rest von Berlin bestätigen: "Seit Anfang April ist der Vorbuchungsstand sehr gut", sagt Lengfelder. "Viele Hostels und Hotels in Berlin berichten davon, dass die Zahlen wieder das Niveau von 2019 erreichen."
Lengfelder betont aber auch: "Bis Ende März waren wir immer noch über 50 Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau. Wir brauchen viele, viele Monate, um die alten Zahlen wieder zu erreichen." Nach Dehoga-Angaben lag der Umsatz pro verfügbaren Hotelzimmer im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 21. März bei minus 58,1 Prozent im Vergleich zu 2019.
Der aktuelle Vorbuchungsstand für die kommenden Monate sei aber sehr vielversprechend, so Lengfelder. Ähnlich sieht es Andreas Becker vom Circus Hostel: "Wir werden in Juni noch nicht ganz die Zahlen von 2018/2019 erreichen, aber wir sind auch nicht mehr weit davon entfernt."
Sendung: rbb24 Abendschau, 12.04.2022, 19:30 Uhr