Steigende Lebensmittelpreise - Warum auch Milch aus der Region immer teurer wird

Di 03.05.22 | 08:00 Uhr
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Verschiedene Milchprodukte stehen in Kühlschränken in einem Supermarkt. (Quelle: dpa/Sven Hoppe)
Video: Abendschau l 03.05.2022 l Konrad Spremberg & Helena Daehler | Bild: dpa/Sven Hoppe

Der Preisanstieg bei Lebensmitteln betrifft auch Produkte aus der Region. Bei Hemme Milch in der Uckermark treiben gleich mehrere Faktoren die Kosten in die Höhe. Für den Produzenten gibt es wenig Spielraum.Von Konrad Spremberg und Helena Daehler

Ludwig Gunnar Hemme steht im Stall bei seinen Milchkühen, greift in das Futter und erklärt, dass die erste Preissteigerung in der Produktionskette schon beginnt, bevor die Tiere das Futter überhaupt zu sich nehmen. "Die kleinen schwarzen Pünktchen, das ist das sogenannte Rapsschrot. Dann haben wir noch einen Getreidefuttermittel drin und Mineralstoffe. Diese Zusätze machen uns momentan diese gewaltigen Kostensteigerungen."

Die Kosten für Futtermittelzusatz hätten sich seit letztem Sommer verdoppelt, sagt Hemme. Im vergangenen Sommer habe er für die Tonne Futtermittelzusatz maximal 250 Euro bezahlt - nun seien es mehr als 500 Euro. Allein für das zusätzliche Rapsschrot gibt Hemme nach eigenen Angaben bis zu 25.000 Euro mehr aus pro Monat. Und das, obwohl Hemme 90 Prozent des Futters selbst produziert: Gras, Luzerne, Klee und Mais.

Ursachen für Teuerung sind nicht immer klar

Sämtliche Maschinen auf dem Hof brauchen viel Strom und erhöhen so ebenfalls die Produktionskosten. Die Melkmaschinen, die Abfüllanlage und auch das Kühlhaus. "Jeder weiß von zuhause: Der Kühlschrank frisst Strom. Wir haben einen XXL-Kühlschrank, und der braucht XXL-Strom. Das ist nicht zu ändern." Bisher hat Hemme noch keinen Überblick, wie groß genau die zusätzlichen Stromkosten sein werden. Angesichts des hohen Verbrauchs und steigender Strompreise dürfte der Zuwachs aber beträchtlich sein.

Gunnar Hemme Geschäftsführer bei Hemme Milch in Angermünde (Quelle: rbb)
Gunnar Hemme Geschäftsführer bei Hemme Milch in Angermünde. | Bild: rbb

Neben Futtermittel- und Energiekosten lassen auch steigende Rohstoffpreise die Produktionskosten bei Gunnar Hemme in die Höhe schnellen. Der Deckel für die Joghurtbecher koste mehr als 30 Prozent mehr, weil der Aluminiumpreis gestiegen sei, sagt Hemme. Und auch die Kartons, in die die Molkereiprodukte verpackt werden, seien teurer geworden. Hier ist Hemme allerdings ratlos über die Ursachen: "Man kann vieles nicht nachvollziehen, ich bin ja kein Wirtschaftsökonom. Ich sehe nur, was wir abkriegen hier. Die Ursachen kann ich nicht greifen."

Zweite Preissteigerung in einem Jahr

Wegen all dieser Faktoren, die die Produktion teurer werden lassen, reagiert der Milchproduzent nun mit einer Preissteigerung - der zweiten innerhalb eines Jahres. Ab diesem Sommer müssen Kundinnen und Kunden im Supermarkt 1,39 Euro für den Liter Milch bezahlen.

Ähnlich wie Hemme Milch gehe es derzeit vielen Nahrungsmittelproduzenten, bestätigt Bernd Biehl von der "Lebensmittel-Zeitung": "Es ist eine Gemengelage von Preiserhöhungen, die die heute tätigen Manager in der Ernährungsbranche noch nie erlebt haben", sagt er.

Der Preisanstieg sei auch nicht nur auf die Region beschränkt: "Parallel entwickelt sich der Milchpreis auf dem Weltmarkt nach oben, weil das Angebot knapper wird und das Tierfutter, auch viel Weizen, teurer." Dabei kann sich auch der Preisanstieg von Milch in einem anderen Land auf den weltweiten Milchpreis auswirken, der sich wiederum bei uns in den Geschäften niederschlägt.

Hemme erhält 85 Cent pro Liter

Im Kühlregal der Supermärkte ist die Hemme-Milch aus der Uckermark mit derzeit 1,29 Euro im mittleren Preissegment zu finden. Nach Abzug der Mehrwertsteuer, die mit 8 Cent zu Buche schlägt, werden noch 30 Prozent Marge für den Handel abgezogen. Übrig bleiben 85 Cent für Hemme.

Von den zehn Cent Preiserhöhung werden nach dieser Rechnung dann 7 bei Hemme hängenbleiben - insgesamt erhält er dann 92 Cent pro Liter Milch, von denen er alles finanzieren muss.

Hemme fordert niedrigere Mehrwertsteuer

Die bange Frage ist für Hemme jetzt, ob es den Konsumenten dann nicht zu teuer wird – und sie zu billigeren Produkten greifen. Ein Trend dazu lasse sich bereits beobachten, sagt Bernd Biehl: "Marktforscher stellen auch fest, dass vermehrt preiswerte Marken und Handelsmarken gekauft werden." Die Eigenmarken der Handelsketten kosten in den Supermärkten derzeit um die 80 Cent pro Liter.

Hemme wünscht sich deshalb, dass die Politik den Endpreis bei Lebensmitteln drückt: "Tun Sie für die Menschen was Gutes, senken Sie die Mehrwertsteuer." Das würde die aktuelle Preissteigerung, die ab Sommer von Konsumentinnen und Konsumenten bezahlt werden muss, dann fast wieder ausgleichen.

Ob das in Zukunft seinen Betrieb sichert? "Ich kann jetzt ja nur sagen: Was ist hier und heute und jetzt", sagt Hemme. "Was morgen und übermorgen kommt - und da kommt noch etliches - das kann ich überhaupt nicht absehen." Immerhin sind für seine regionalen Produkte die Wege kurz – und damit zumindest seine Transportkosten niedrig – im Vergleich zu denen von vielen Konkurrenten. Hemme hofft jetzt, dass ihm sein Standort in Zukunft einen Vorteil verschafft.

Sendung: rbb24 Abendschau, 3. Mai 2022, 19:30 Uhr

32 Kommentare

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  1. 32.

    Solange unsere Bürger nicht aufwachen und die Politik zwingen, diesen Irrsinn endlich zu beenden statt ihn weiter anzuheizen, werden die Preise noch weiter ausufern. Ich habe heute eine "Meinung" gelesen mit der Überschrift "Die USA plündern Europa" Von Rüstungskäufen über Frackingas bis hin zur Schwächung der EU Wirtschaft und Flüchtlingsströme wurden dort eine Menge Themen behandelt.
    Ich bin völlig perplex, dass unsere Vertreter, die einen Amtseid geleistet haben, dies... nicht erkennen kann man schlicht nicht mehr sagen, da muss man schon Billigung unterstellen.

  2. 31.

    Hallo R.u.P. Thomas, wie können Sie das behaupten. Ich habe für einen Liter Milch knapp 100 % mehr bezahlt.
    Das hat m.E. auch nichts mehr mit freier Marktwirtschaft zu tun, sondern das ist einfach nur GIER !!!!

  3. 30.

    Hallo Angelika,
    dass sich die Preise erhöhen ist klar angesichts der ebenfalls sehr rasant angestiegenen Nebenkosten aber nicht um 100 Prozent.
    Es kann meines Erachtens nicht sein, dass ein Discounter auf Kosten der Allgemeinheit ganz schnell zum "Millionär" werden will.

  4. 29.

    Hallo Sternchen, ich wollte auch gar nichts unterstellen. Ich denke nur, dass jetzt gemerkt wird, dass diese Dumpingpreise nicht mehr gehen. Wenn ich diese Billigpreise bei den Discountern sehe dann frage ich mich schon wie der Erzeuger da noch was verdienen soll. Wenn dort jetzt die Preise verdoppelt werden dann frage ich mich wer da letzt verdient.

  5. 28.

    Tja davor habe ich schon vor einem Jahr gewarnt in diesem Kommentarspalten.
    Alle wollten mehr Geld in die sozial gesundheits und was auch immer Systeme gepumpt haben, aber keiner will's bezahlen, jetzt kommt das dicke Ende.
    Natürlich gibt es keinen endlosen Strom an Wohltaten, das sollte jetzt auch dem letzten Linken klar werden.

  6. 27.

    Hallo Angelika, Sie können es mir glauben. Schade ist, dass ich den Bon schon weggeworfen habe.
    Habe vorhin in der Berliner Abendschau gesehen, dass Milch noch teurer werden soll.

  7. 26.

    Lebensmittel sind eindeutig zu billig. Es gibt mit Sicherheit Menschen, die wirklich unter den Kosten leiden. Aber wenn ich sehe was an Fertigprodukten und Fastfood so konsumiert wird da kann es nicht so schlimm sein. Auch die Lieferdienste sind nicht gerade billig. Ich habe es auch nicht so dicke. Aber Qualität beim Essen die leiste ich mir.

  8. 25.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die selbe Sorte wirklich doppelt so teuer geworden ist. Ich kaufe schon immer Hemme oder Biomilch. Da habe ich eine solche Erhöhung nicht erlebt. Vielleicht sind es ja jetzt wirklich die Discounter, die jetzt so richtig zuschlagen.

  9. 24.

    Derzeit kippt die Stimmung in der Bevölkerung immer mehr. Den Leuten ist es egal, ob sie regional oder global einkaufen.
    Ungeklärt ist, ob es politisch gewollt ist, der U Krieg einfach "nur" dazwischen kam.
    Bereits am Ende des letzten Jahres forderte der neue Agarminister Cem Özdemir höhere Preise für Lebensmittel.
    "Versnobte Oberschichtpartei"
    https://taz.de/Hoehere-Preise-fuer-Lebensmittel/!5817650/

    Die Leute sind der Nachrichten in der Ukraine überdrüssig. Wenn sich Habeck hinstellt und verkündet, es wird ein Öl Embargo geben, dann ist dies einfach zu wenig es der Bevölkerung zu erklären. Nur zu sagen, wir kämpfen für die Freiheit ist lobenswert, aber zu wenig. Genauso ist es gefährlich in dieser Situation den amtierenden Bundeskanzler Scholz laufend von medialer Seite für seine Überzeugung massiv immer wieder zu kritisieren.
    Derzeit haben die Discounter wieder Hochkonjunktur und das weiß auch unser Agrar Minister. Es brodelt in der Bevölkerung die Unzufriedenheit.

  10. 23.

    Hallo R. + P. Thomas,
    bei meinem Einkauf heute war Milch doppelt so teuer wie in der letzten Woche.
    Jeder soll verdienen aber nicht durch eine 100prozentige Verteuerung.

  11. 22.

    Ja klar, schauen sie sich doch mal in Bayern, generell im Süden um.

  12. 21.

    Hemme erhält 80 Cent pro Liter + Übrig bleiben 84 Cent für Hemme. So sollte man mal mein Gehalt berechnen. Wir sollten endlich ehrtlich sein. Der größte Batzen an den Preissteigerungen sind unsere eigenen Sanktionen. Kann man ausblenden, ändert aber nix am Preis.

  13. 20.

    Hinzu kommen Preiserhöhungen für die Energiewende, faire Löhne, Tierwohl, umweltfreundliche Landwirtschaft.
    (Dafür gab es in Umfragen immer große Zustimmungen.)
    Jetzt kommt unglücklicher Weise zeitlich alles zusammen.
    Und somit wird es eine Armutswelle für einen immer größer werdenen Teil der Bevölkerung geben.
    "Der kleine Mann hat nicht die Arschkarte. Der kleine Mann ist die Arschkarte."
    Vorhergesagt vom Kabarettisten Volker Pispers am 19.11.2011 in der Sendung Mitternachtsspitzen im WDR
    im Zusammenhang mit unserem Wirtschafts- und Finanzsystem.

  14. 19.

    Haben Sie, schon mal einen reichen Bauern getroffen, oder davon gehört ???

  15. 18.

    Haben Sie den Text richtig gelesen? Da steht nicht 30 ct., de steht 30% Marge für den Handel.
    Und Senkung der Mwst. bringt gar nichts. Davon würden in erster Linie wieder Besserverdienende profitieren.
    Die unteren Einkommen müssen rauf - und zwar um entschieden mehr als 6% oder 6€ - davon hätten alle was.

  16. 17.

    Mich würde eher interessieren, wofür die Futtermittelzusätze rein müssen. Sind die Dächer der Hallen mit Solarmodulen bestückt? Da würde sicherlich einiges gehen. Aber wurde ja auch nicht subventioniert, deshalb ist das Geschrei jetzt groß. Und ja, in Deutschland zahlt man für wirklich alles mehr, während nach Polen hohe Summen an Agrarsubventionen fließen und billige Arbeitskräfte zB aus der Ukraine teilweise zu Hungerlöhnen beschäftigt wurden und werden.

  17. 16.

    Also der Eiskaffee und die Vanillemilch von Hemme sind schon lecker. In Angermünde gibts auch 'ne Milchbar und das Hofcafe. Angermünde ist auch niedlich, Wetter spielt mit, hebt die Stimmung - echt!

  18. 15.

    Wie ich beim einkaufen feststellen musste, kostet die H-Milch jetzt anstatt 70 Cent ab sofort 1,39 Euro.
    Eine Steigerung von fast 100 Prozent WAHNSINN. Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar.
    Die Besitzer der Supermärkte verdienen sich auf Kosten der Verbraucher dumm und dämlich.

  19. 14.

    Das verfügbare Haushaltseinkommen in Polen ist nicht mal halb so hoch wie in Deutschland. Auf die Stunde Arbeitszeit gerechnet sind also alle Ihre Beispiele in Polen teurer als bei uns, Diesel sogar wesentlich.

  20. 13.

    Die Ursache ist doch klar, dass sind die steigenden Energiepreise, die politisch gewollt und ideologisch moralisch begründet sind. Deutschland ist Weltmeister bei den Strompreisen und jedes Jahr wird die CO2 Abgabe erhöht.

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