Bauerntag im Zeichen des Ukraine-Kriegs - Ex-Agrarministerin Künast: "Die Zeit billiger Lebensmittel ist vorbei"

Di 14.06.22 | 10:01 Uhr
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Archivbild: Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) spricht am 27.01.2022 bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag. (Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka)
Audio: rbb24 Inforadio | 14.06.2022 | Renate Künast | Bild: dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Krieg gegen die Ukraine verteuert auch die Nahrungsmittelpreise. Über politische Instrumente dagegen berät der Deutsche Bauerntag. Ex-Ministerin Renate Künast unterstützt im rbb Pläne, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse zu senken.

Trotz der weltweiten Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Landwirtschaft fordert die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne), an der Agrarwende festzuhalten. Auch wegen des Klimawandels sei eine Transformation im Agrarbereich erforderlich, sagte Künast am Dienstag im rbb24 Inforadio. Die Bundestagsabgeordnete äußerte sich anlässlich des am Dienstag beginnenden Deutschen Bauerntages in Lübeck.

Man müsse sich überlegen, wie man die Bauern bei dieser Veränderung unterstützen und wie man die Verbraucher entlasten könne, sagte Künast. Den Vorschlag von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte ganz zu streichen oder zumindest weiter zu senken, halte sie für richtig.

Künast fordert Entlastungen für arme Menschen

Im Gespräch sind nach Empfehlungen einer Expertenkommission ein höherer Mehrwertsteuersatz oder eine Abgabe auf tierische Produkte. Denkbar wäre ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilo Fleisch. In der Koalition knirschte es aber zuletzt. Die FDP machte klar, dass sie angesichts der Inflation Preisaufschläge für Verbraucher ablehnt. Ex-Ministerin Künast sagte dazu im rbb24 Inforadio, die Zeit billiger Lebensmittel sei vorbei: "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir in Zukunft Planungssicherheit für Bauern schaffen und wie wir die Ärmsten der Armen entlasten."

Mit diesem Thema beschäftigt sich ab Dienstag in Lübeck auch der Deutsche Bauerntag. Vielen Betrieben auch in Brandenburg machen stark gestiegene Kosten für Energie und Dünger zu schaffen. Vor diesem Hintergrund sind auch Lebensmittel im Supermarkt teurer geworden. Angesichts ausfallender Getreideexporte der Ukraine wird in einigen Staaten außerdem mit einer knappen Versorgung gerechnet.

Özdemir rechnet mit weiteren Verteuerungen

Auf dem zweitägigen Bauerntag mit rund 450 Delegierten dürfte daher auch darüber diskutiert werden, die angespannte Lage mit höherer Produktion in Deutschland abzumildern. Der Bauernverband sprach sich dafür aus, zusätzliche Flächen zum Lebensmittelanbau zu nutzen. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat unter anderem ermöglicht, dass ausnahmsweise Gras und Pflanzen von bestimmten "ökologischen Vorrangflächen" als Futter genutzt werden dürfen. Der Grünen-Politiker wendet sich aber gegen weitergehende Rufe auch aus den Ländern, auf Brachflächen auch Getreide anzubauen.

Neben der akuten Krise stehen weitere Vorhaben an. Özdemir hat nach jahrelangen Diskussionen einen neuen Anlauf für eine staatliche Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch gestartet. Dazu soll auch eine gesicherte Finanzierung kommen, damit Bauern nicht alleine auf Investitionen in mehr Tierschutz im Stall sitzenbleiben.

Özdemir sagte der "Rheinischen Post" (Dienstag), viele Preissteigerungen bei Lebensmitteln kämen erst noch. "Wir müssen im Herbst und Winter mit Steigerungen rechnen, weil sich der Handel jetzt mit teurer Energie versorgen muss und die Preissteigerungen an die Kunden weitergereicht werden."

Sendung: rbb24 Inforadio, 14. Juni 2022, 8:40 Uhr

Korrektur: In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir Künasts wörtliches Zitat übernommen, wonach Obst und Gemüse derzeit mit 19 Prozent besteuert würden. Das ist falsch. Sie werden mit dem niedrigen Satz von 7 Prozent besteuert. Wir haben das Zitat deshalb entfernt.

64 Kommentare

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  1. 64.

    Jaklar: es gibt eben WEITERSO-Typen und welche, die erstdenken und dann handeln im richtigen Bewusstsein, dass wir nur eine einzige ERde haben, die es zu bewahren gilt und auf der NIEMAND hungern soll. Deswegen steht mir Andrea weitaus näher als Sie mit Ihrer uneindrucksvollen Entwertung.

  2. 63.

    Gott sei dank gibt es solche Menschen wie Sie, die alles richtig machen im Leben.
    Wenn ich solche Kommentare lese dreht sich mir der Magen um.

  3. 62.

    Ich stelle weder einen Wochenplan auf noch renne ich in tausend Geschäfte um Angebote abzugreifen. Meine Läden sind Netto und Edeka für Getränke und Kater Paul fahre ich zu Kaufland.
    Gibt es irgendwo den Blumenkohl nur zu exotischen Preisen nehme ich eben die Zucchini oder den Brokkoli passt immer irgendwie.
    Ich höre mir auch keine Predigten von irgendwelchen Politikern an.

  4. 59.

    Oder vielleicht erstmal richtig lesen..
    In der Korrektur steht sogar,dass das Zitat entfernt wurde,auf das sich Eiskalle bezog. Dementsprechend stand die Korrektur noch nicht da,als Eiskalle seinen Kommentar verfasste. Dein Vorwurf ist also unangebracht.

  5. 58.

    Nun, wir haben es doch bei den Tankstellen erlebt: Zuschüsse des Staates landen nicht in den Taschen des Verbrauchers. Was wird wohl beim Verbraucher ankommen, wenn auf die Mehrwertsteuer verzichtet würde? Ich ahne mal nichts.

  6. 57.

    Wenn Grundnahrungsmittel zu Luxusgütern gewandelt werden….

  7. 56.

    Die Grünen ergehen sich in ihren alten Fantasien, wie sie "unsere Menschen" auch über die Preispolitik umerziehen können (bevor es dann wie üblich heißt: Das hat nichts gebracht, jetzt müssen Verbote her!), die FDP lehnt das ab.

    Wer war noch mal die Partei der Besserverdienenden?

    Im grünen Milieu scheint man ja weiterhin keine finanziellen Probleme damit zu haben, für ein Kilobrot sechs Euro zu zahlen und andere Bizarritäten.

    Stimmt eben doch: Das Sein bestimmt das Bewusstsein.

  8. 55.

    Unter den Ärmsten der Armen sind viele Menschen, die aufgrund von Behinderung ect nicht mehr arbeiten können. Diese Personen müssen dringend mehr Geld erhalten. Und zwar das, was alle Experten empfehlen. Mindestens 230 Eur mtl mehr

    Arbeitsfähige ALGII Empfänger können arbeiten. Notfalls gemeinnützig wie in vielen anderen Ländern.

    Nun kapiert?

  9. 54.

    Es wird immer mehr Menschen geben, die sich aus finanziellen Gründen nicht gesund ernähren können.

    Es wird Zeit, dass die Regelsätze auf ein menschenwürdiges Niveau erhöht werden. Experten gehen von 230 Eur monatlich mehr aus.

    Zur Not müssen halt die Steuern erhöht werden. Die Ökos haben ja genug Geld.

  10. 53.

    Billige Löhne? Deutschland ist Hochlohnland.

    Steigende Preise ziehen höhere Staatsausgaben dir Soziales nach sich.

    Da diese durch Steuern finanziert werden, sind Steuererhöhungen die Folge

  11. 52.

    " Konzept wurde nach der Wende jedoch ad acta gelegt... " weil die LPG'n weder zeitgemäß noch konkurrenzfähig waren oder weil die Bauern und ihre Mitarbeiter auch dem Herdentrieb gen Westen gefolgt sind. Warum sonst sah man überall die verlassenen, zusammenbrechenden Gebäude? Einige wenige haben in die Hände gespuckt und stehen heute mit neuen Konzepten, "Erlebnisbauernhof", gut da.
    2.0 nein danke!

  12. 51.

    ???? "Sendung: rbb24 Inforadio, 14. Juni 2022, 8:40 Uhr
    Korrektur: In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir Künasts wörtliches Zitat übernommen, wonach Obst und Gemüse derzeit mit 19 Prozent besteuert würden. Das ist falsch. Sie werden mit dem niedrigen Satz von 7 Prozent besteuert. Wir haben das Zitat deshalb entfernt." Immer schön bis zum Ende lesen....

  13. 50.

    Für Einzelpersonen mit halbwegs guten Einkünften mag das gehen, aber wenn ein Alleinverdiener eine Familie mit Kindern ernähren muss, wird's schon eng.

  14. 49.

    Es gibt mehrere Apps in denen übrigiggebliebene Lebensmittel zu stark reduzierten Preisen angeboten werden, "Lebensmittelrettung", da kann man ne Menge sparen.
    Ich habe das schon mehrfach genutzt und war noch nie enttäuscht, mal ausprobieren, z. B."too good to go".
    Obst und Gemüse kauft man am besten auf dem Markt und zwar kurz bevor der schließt, viele Händler geben lieber Preisnachlässe, als die Reste wieder einzulagern. Obst kann man selbst ernten auf Streuobstwiesen und an Straßenrändern.

  15. 48.

    Man muss daran erinnern: Unser System ist im wesentlichen so ausgelegt, dass diejenigen die mehr verdienen, auch über die Steuerprogression, weit mehr abgeben. Sie wollen das hoffentlich nicht ändern? Es ist die Grundlage dafür, dass eine Gesellschaft funktioniert und Kapital nicht abwandert. Das würde es nämlich, wenn mehr als 50% weggenommen wird.
    Und Ansporn für Belohnungen von Anstrengungen beflügelt die Lebensfreude.
    Viel lieber würden wir hier über Vorschläge diskutieren, wie der Wert von Lebensmitteln im Ansehen so gesteigert werden kann, dass das Wegschmeißen aufhört. Da fehlt noch einiges. Vorschläge der Grünen überzeugen nicht, weil alles so bleibt wie es ist, nur teurer. Frau Künast war schon mal recht erfolglos im Amt. Sehr sehr erfolglos.

  16. 47.

    Die steigenden Lebensmittpreise sind aufgrund der Inflation und werden keine dieser Probleme ändern. Eher wird es so sein das die Ausbeutung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und der Tiere weiterhin bleibt, da eine dem Tierwohl zugute kommende Preissteigerung wohl nicht getragen werden wird von Leistungsbezieher

  17. 46.

    Ganz sicher Frau Künast, Ziel erreicht. Sie kennen unsere Probleme. Aber es sind ja nicht ihre.

  18. 45.

    Hm, na wer aufs Geld achten muss kauft dort eher weniger ein. Sie sind offensichtlich eine Rentnerin die den Pfennig nicht zweimal umdrehen muss, andere dagegen schon. Der Kommentar auf den ich reagiert habe, war daß er/sie sich kein Obst und Gemüse mehr kauft da zu teuer....

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