Corona-Pandemie und die Gastro-Branche - Die Kellner kehren nur langsam zurück

Do 28.07.22 | 06:18 Uhr | Von Marcus Latton
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Straßencafe am Kurfürstendamm in Berlin (Quelle: dpa/Karl-Heinz Spremberg)
Audio: rbb24 Inforadio | Bild: dpa/Karl-Heinz Spremberg

Ob in der Küche, am Tresen oder am Tisch: Die Gastronomie in Berlin sucht weiter nach Arbeitskräften. Die Branche hat sich erholt – und ist vom Niveau vor Corona und der Krise dennoch weit entfernt. Von Marcus Latton

Am Schiffbauerdamm sitzen die Gäste unter Pavillons, nippen an Bieren und Weinschorlen und winken den vorbeifahrenden Booten zu. Die Ständige Vertretung hat eine strategisch günstige Lage für eine Kneipe. An diesem Hotspot für Berlin-Besucher herrscht viel Laufbetrieb.

Für Jörn Brinkmann, Inhaber der Ständigen Vertretung, ist nach mehr als zwei Jahren Corona wieder etwas Normalität zurückgekehrt. "Wir haben die Zeit insgesamt gut gemeistert", sagt er. Kurzarbeitergeld und Corona-Soforthilfen hätten das Überleben seines Lokals gesichert. "Ich hätte die Entscheidungen, die die Politik getroffen hat, nicht treffen wollen", sagt er. Jedoch nicht alle seiner Kollegen in der Berliner Gastro-Branche würden das so sehen.

Sorge vor weiteren Maßnahmen

Wirte und Kneipiers, Hoteliers und Restaurantbetreiber:innen müssen sich bereits jetzt auf den Herbst vorbereiten: In der Bundespolitik wird offen über eine Rückkehr der Maskenpflicht und andere Pandemie-Bekämpfungsmaßnahmen diskutiert. Mit den Gesichtsmasken für Gäste und Mitarbeiter könnte sich Jörn Brinkmann arrangieren, sagt er.

Doch bei schwerer durchzusetzenden Regeln wie Impfpass-Kontrollen oder Abstandsgeboten hätte er Bauchschmerzen. Wenn dann noch die Gäste ausbleiben würden, könnte sein Laden nur mit weiteren Hilfen vom Bund überleben. "Nach den Milliarden, die jetzt in die Bundeswehr und andere Maßnahmen gesteckt wurden, bezweifle ich jedoch, dass dafür das Geld da ist."

Deutlicher Mangel an Arbeitskräften

Für Gastro-Betriebe herrscht seit Beginn der Pandemie in den Bereichen Küche, Service und Raumreinigung ein Mangel an Personal. Viele haben seit 2020 gekündigt oder wurden entlassen.

Gerrit Buchhorn, stellvertretender Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin spricht für die Hauptstadt von 80.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die 2019 in der Branche gearbeitet hatten. 2020 und 2021 waren es nur noch knapp 64.000 Personen. "Allerdings geht die Zahl wieder leicht nach oben", so Buchhorn.

Auch bei der Zahl der Auszubildenden, etwa als Hotelfachkraft, lässt sich ein Anstieg verzeichnen. Allerdings ließen sich allein damit die vielen offenen Stellen nicht füllen. Jörn Brinkmann, Inhaber der Ständigen Vertretung am Schiffbauerdamm, hatte mit seinem Personal Glück: Nur zwei Mitarbeiter habe er während der Pandemie verloren.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.07.2022, 08:00 Uhr

Beitrag von Marcus Latton

17 Kommentare

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  1. 16.

    Das nenne ich aber keine Anerkennung des Chefs.
    Also, wenn er könnte würde er also weniger zahlen.
    Dann eben einen "normalen" Job, wo regelmäßig und nicht nach Zwang der Lohn erhöht wird.
    Und er hat dann eben die Freude, jedes mal, wenn seine neu eingestellten Mitarbeiter voll angelernt sind, werden sie gehen. Und das Spiel fängt von vorne an. So kann man natürlich auch Kunden vergraulen!

  2. 14.

    Ich erinnere mich noch an einen Satz meines Chefs, als ich um eine Lohnerhöhung bat: "Wir haben doch in der letzten Zeit regelmäßig den Lohn erhöht." Das es sich um die gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns handelte, hatte er wohl gerade vergessen. Und das dann auch noch diese Lohnerhöhung mit dem Trinkgeld verrechnet wurde, ebenso.
    Das ich mir während der Pandemie einen anderen, besser bezahlten Job gesucht hab, dürfte wohl mehr, als verständlich sein.

  3. 13.

    Arbeiten muss sich lohnen, richtig, aber das bedeutet nicht, dass diejenigen, die das Arbeiten für sich nicht als lohnnernd finden, sich im ALG Ii - System gemütlich einrichten, das wäre asozial.
    ..

  4. 12.

    Wenn die gezahlten Löhne nicht zum Leben ausreichen, wird niemand an Arbeit interessiert sein.
    Sicherlich kann man vielen Beziehern von Sozialleistungen vorwerfen, sich in die soziale Hängematte zu legen.
    Aber das kommt auch von der Niedriglohnpolitik.

  5. 11.

    In den Gaststätten, in denen ich einkehre, sind die meisten Mitarbeiter:innen tatsächlich wieder da. Liegt daran, dass während der behördlich angeordnete "Ruhe" die Inhaber viel Geld in die Hand genommen haben und damit gezeigt haben was ihnen wertvoll ist. Das Kapital eines guten Geschäftes sind die Mitarbeiter:innen.

    Wer das verstanden hat, ist auch nicht in diesem Jammerzirkel der Billigheimer-Gastronomen zu hören bzw. zu finden.

    Wer geht denn schon da arbeiten, wo man neben dauerrumgenöhle der sogenannten Gäste auch noch das Geplärre des Chefs ertragen muss. Dass es sich in so einem Laden nicht um Lohn handelt ist doch ganz klar. Man könnte diesen Hungerlohn auch als "Schmerzensgeld" abtun. Also liebe Gastronomen, mal die Speisekarte durchforsten, ein paar Seminare buchen (wie man mit Mitarbeiter:innen umgeht) und dann kommen vielleicht die Kellner:innen langsam wieder zurück. Jammern und Klagen hilft nix. Dann ist ganz schließen die beste Möglichkeit. Hilft allen!

  6. 10.

    Herr Merz, sind Sie es?
    Spaß beiseite, natürlich muss sich Arbeit lohnen. Das wird aber nur geschehen wenn das Arbeitentgelt deutlich über dem H4 Satz liegt. Den H4 Satz weiter abzulenken geht nicht er ist bereits das Existenzminimum. Also bleibt nur den Lohn zu erhöhen.

  7. 9.

    Völlig Recht. Ich habe in meiner Region beobachtet, dass die Restaurants und Pensionen gleich wieder voll am Start waren, die Dank gutem Arbeitsklima und wohl auch Lohn während der Schließzeiten ihr Personal halten konnten. Bei vielen anderen Restaurants gibts nur die Hälfte der vorherigen Plätze und Küche nur bis 20 Uhr.

  8. 8.

    Wenn man die Leute ordentlich entlohnen würde und ihnen eine ordentliche Arbeitsbedingungen schaffen würden,würden auch wieder Arbeitskräfte kommen.

  9. 7.

    Vielleicht haben auch manche Angst wieder in dem Job zu arbeiten. Denn wer weiß wie lange es gut geht. Steigende Stromkosten, Gas wird teuer oder es gibt keins. Die Lebensmittelpreise steigen.
    Da überlegt sich so manch einer ob er sich noch einen Besuch in einer Gaststätte leisten kann.

  10. 6.

    Solange man in Deutschland fürs Nichtstun genausoviel Geld bekommt, wird sich nichts ändern! Die Politik züchtet diese Couchpotatos bewusst, denn nur ein faules Volk ist gut zu lenken!

  11. 5.

    Nun heisst es mehr Transferleistungsempfänger, die arbeitsfähig sind, für den Arbeitsmarkt zu aktivieren. Das geht nur, indem sich Arbeiten mehr lohnt als Hartz IV.

  12. 4.

    Die Frage ist, wo sind die Arbeitskräfte geblieben, die nur "langsam" zurückkehren? Reden wir doch Klartext. In Branchen, wo die Hartz4 Fördersätze höher sind als das Erwerbseinkommen, hat es sich herumgesprochen, arbeien lohnt sich nicht mehr, einfach Hartz4 beantragen, Sanktionen gibt es keine mehr. Der Sozialleistungsbezieher braucht auf "Einladungen" des Jobcenters nicht zu reagieren, die Ampel hat durch eine Gesetzesänderung dafür gesorgt, Das Geld fließt weiter. Herr Heil, der Arbeitsminister will das ganze mit dem "Bürgergeld" noch großzügiger gestalten, Eigenes Geld braucht dann noch weniger für den Lebensunterhalt angegriffen werden und vom ehemaligen "Fördern und Fordern" bleibt nur noch das Fördern, das heißt hier die Sozialleistungen fließen zu lassen, übrig.

  13. 3.

    Leider hat Krausebrause vollkommen ins Schwarze getroffen. Viele Gastronomen sehen ihre Mitarbeiter nur als notwendiges Übel an. Vielleicht bringt ja die jetzige Situation manchen zum Umdenken. Allerdings tragen auch viele Kunden zu den miserablen Arbeitsbedingungen bei. Solange in Deutschland bei vielen Menschen ein günstiger Preis im Restaurant wichtiger ist als Qualität bei Speisen und Service, wird sich auch nichts ändern. Außerdem gibt es auch in Berlin viele schlechte Restaurants, auf die man gerne verzichten könnte. Da kann man nur hoffen, dass die Richtigen überleben.

  14. 2.

    Das Privatleute bzw. private Unternehmen faktisch gezwungen werden behördliche Kontrollmaßnahnen amtlicher Dokumente auszuführen, die auch noch sehr häufig manipuliert wurden, ist eine ungeheuerliche Gesetzgebung. Dass das rechtmäßig sein soll ist ein Ärgernis. Wenn so etwas wieder eingeführt wird ist das der Gastronomie und Hotellerie abträglich. Und die Masken helfen nur in bescheidenem Umfang wenn sie richtig getragen und entsorgt werden. Tagtäglich sieht man wie sich Menschen in die Hände niesen und dann Türklinken und Speisekarten anfassen. Ein mikroskopisch winziger Virus lässt sich nur in bescheidenem Rahmen eindämmen, siehe Krankenhauskeime und die jährlichen zehntausenden Toten allein in Deutschland. Was wird dagegen unternommen?

  15. 1.

    Wenn man in guten Zeiten seine Mitarbeiter wie Dreck behandelt, muß man sich nicht wundern, wenn diese in schlechteren Zeiten ihren eigenen Vorteil suchen.
    Es zahlt sich halt alles aus.
    So oder so.

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