Gestiegene Baukosten und Materialmangel - Immer mehr Bauprojekte werden gestoppt

Do 21.07.22 | 06:41 Uhr | Von Anna Corves
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Symbolbild: Die Struktur einer Stahlbewehrung wird auf einer Baustelle in Berlin-Friedrichshain gelegt. (Quelle: dpa/A. Schuler)
Audio: rbb24 Inforadio | 20.07.2022 | Anna Corves | Bild: dpa/A. Schuler

Bauherren brauchen aktuell starke Nerven und vor allem gute Rücklagen. Die Preise auf dem Bau schnellen wegen Materialengpässen deutlich in die Höhe. Viele Bauprojekte werden gestoppt - mit drastischen Folgen für den Wohnungsbau. Von Anna Corves

Immer mehr Bauprojekte werden gestoppt. Die Stornoquote kletterte im Juni auf ein Rekordniveau. Das zeigen Zahlen aus der jüngsten Konjunkturumfrage des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts ifo, für die mehr als 900 Bauunternehmen aus ganz Deutschland befragt worden sind.

10,4 Prozent der befragten Firmen gaben in der Umfrage an, bereits von Stornierungen betroffen zu sein. Einen derart hohen Wert habe er so noch nicht beobachten können, betont Klaus Wohlrabe, der die ifo-Konjunkturumfrage leitet. "Seit Anfang der 1990er Jahre lag die Stornoquote nie über ein bis zwei Prozent." Lediglich im Frühjahr 2020 habe es im Zuge des ersten Corona-Schocks einen ähnlichen Ausschlag gegeben. Besonders viele Stornierungen gebe es derzeit im Bereich des Wohnungsneubaus.

Auch in Berlin und Brandenburg seien zuletzt viele Projekte gestoppt worden, bestätigt auf Nachfrage des rbb Manja Schreiner von der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg. Genaue Zahlen lägen zwar noch nicht vor, aber auch ihre Mitgliedsunternehmen berichten, dass viele private und auch öffentliche Bauherren ihre Pläne aktuell ad acta legen - zumindest wenn sich die Bauvorhaben noch in der Planungsphase befänden. "Wurde bereits mit dem Bau begonnen, ist die Devise oftmals: Augen zu und durch." Denn nichts sei schlimmer, als einen bereits begonnenen Bau abzubrechen. Dann sei das investierte Geld komplett verloren.

Preissteigerungen belasten Bauherren und Baufirmen

Privaten Hausbauern machen besonders die deutlich gestiegenen Baukreditzinsen zu schaffen. Hinzu kämen Unsicherheiten bei der staatlichen Förderung, sagt Ilona Klein vom Zentralverband Bau. Auch dessen Mitgliedsunternehmen berichteten zuletzt vermehrt von gestrichenen Bauprojekten, auch von gewerblichen Auftraggebern, so Klein: "Es ist klar, dass Unternehmen nicht in die Erweiterung von Produktionsstätten investieren wollen oder können, wenn sie nicht wissen, ob sie im Winter genug Gas haben, um ihre Produktion überhaupt noch aufrechtzuerhalten."

Ein massiver Belastungsfaktor für Bauprojekte sind zudem die stark gestiegenen Baukosten. Daran schuld sind unter anderem zum Teil extreme Preissteigerungen für Baumaterialien wie Baustahl oder Dämmstoffe.

Gerade ihre vollen Auftragsbücher - eigentlich ein Grund zur Freude für jeden Unternehmer - könnten für kleine und mittelständische Handwerksfirmen nun fast schon zu einem Problem werden, sagt Manja Schreiner von der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg. "Denn die Preise, zu denen sie sich vertraglich verpflichtet haben, können sie kaum halten, die Kalkulation stimmt nicht mehr."

Wohnungsunternehmen zweifeln an Neubauprojekten

Grund für die Verteuerung der Baumaterialien seien die allseits bekannten Lieferengpässe. "Den absoluten Höchstwert hatten wir im Mai, da hat uns jedes zweite Unternehmen von Problemen bei der Beschaffung von Baumaterialien berichtet", sagt ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Gegenwärtig sind wir bei 44 Prozent – das sind weniger, aber es ist ein immer noch sehr hoher Wert." Die befragten Bauunternehmen gehen davon aus, dass sich die Lage bei der Materialbeschaffung erst in etwa neun Monaten entspannen wird.

Bis dahin wird sich die Situation insbesondere im Wohnungsneubau möglicherweise zuspitzen. Eine Umfrage unter den Mitgliedern des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) offenbarte zuletzt den Wunsch vieler Mitglieder, die Reißleine zu ziehen: Die Unternehmen möchten knapp jedes fünfte Neubauprojekt nach Möglichkeit nicht mehr umsetzen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.07.2022, 18:50 Uhr

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Beitrag von Anna Corves

40 Kommentare

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  1. 40.

    Sie "Spaßvogel", das passiert doch ganz allein über die Zahlungsbereitschaft/-möglichkeit des Einzelnen. Da muss man nur abwarten, dass dieser Selbstreinigungsprozess der Stadt voran geht. Übrigens am äußersten Stadtrand Berlins hat Stadt und Land heute gerade 473 Wohnungen fertiggestellt. Die Hälfte davon sind Sozialwohnungen. Es geht also genau in die Richtung. Man kann sich dann immer noch Berliner nennen, aber halt nicht mehr in den Innenstadtkiezen für lau wohnen.

  2. 39.

    In diesem Fall bin ich dann dafür, den Stall wieder einzuzäunen, dann haben Sie Ihr Privileg.

  3. 38.

    Wenn so gebaut, wie hier diskutiert wird, wundert mich nix mehr.

  4. 37.

    Ja, das hoffe ich auch. Berlin hat auf alle Fälle eine Chance verdient. Mal sehen, wie lange dieser Selbstreinigungsprozess hier noch dauert...

  5. 36.

    Das stimmt. Und es sollte auch wieder zum Privileg werden, sich Berlin ansässig nennen zu dürfen!

  6. 35.

    "Übrigens, ich fühle mich subjektiv auch unterbezahlt." Das geht fast allen so, die jedes Maß verloren haben. Nennt sich dann aber Größenwahn und Selbstüberschätzung. Bum Bum Boris und der Wurstmaxe vom FCB sind da traurige Beispiele für.

  7. 34.

    "Übrigens, ich fühle mich subjektiv auch unterbezahlt." Das geht fast allen Abzockern so. Nennt sich dann aber Größenwahn und Selbstüberschätzung. Bum Bum Boris und der Wurstmaxe vom FCB sind da traurige Beispiele für.

  8. 33.

    "Übrigens, ich fühle mich subjektiv auch unterbezahlt." Das geht fast allen Abzockern so. Nennt sich dann aber Größenwahn und Selbstüberschätzung. Bum Bum Boris und der Wurstmaxe vom FCB sind da traurige Beispiele für.

  9. 32.

    "Übrigens, ich fühle mich subjektiv auch unterbezahlt." Das geht fast allen Abzockern so. Nennt sich dann aber Größenwahn und Selbstüberschätzung. Bum Bum Boris und der Wurstmaxe vom FCB sind da Beispiele für.

  10. 31.

    Übrigens, ich fühle mich subjektiv auch unterbezahlt.

  11. 30.

    „Sie wollen also z.B. alle Polizisten, Pfleger und Angestellte mit geringen Einkommen aus Berlin verbannen. „

    Geringe Einkommen, ist klar!

    Gering im Verhältnis zu welcher Vergleichsgrösse?

  12. 29.

    "Warum werden meine Kommentare zensiert?"
    Damit es einen Grund gibt, die Kommentare hier zu Schließen. Ist doch täglich hier so.
    Was nicht passt, wird passend gemacht.

  13. 28.

    Daran ist nur Corona und der Ukraine Krieg schuld ,wer da denkt das die Regierung oder die Unternehmen daran schuld ist....der irrt sich.

  14. 27.

    Den Tenor ihres "Kommentars" kann man in einem Satz zusammenfassen. Asozial und verfassungswidrig. Sie wollen also z.B. alle Polizisten, Pfleger und Angestellte mit geringen Einkommen aus Berlin verbannen.

    Oder überspitzt formuliert, die Angestellten, die ihnen einen völlig überteuerten Latte Macchiato servieren dürfen haben in Berlin nichts mehr zu suchen und sollen jeden Tag 100 Kilometer zu ihrer unter unterbezahlten Tätigkeit fahren.

    Aber gut zu wissen wie hier so manche Leute so ticken. Fehlt nur noch das berühmte Max Liebermann Zitat.

  15. 25.

    Die Frage habe ich auch schon mehrfach gestellt. Meine wurde aber nicht publiziert.

  16. 24.

    Den Tenor ihres "Kommentars" kann man in einem Satz zusammenfassen. Asozial und verfassungswidrig. Sie wollen also z.B. alle Polizisten, Pfleger und Angestellte mit geringen Einkommen aus Berlin verbannen.

    Oder überspitzt formuliert, die Angestellten, die ihnen einen völlig überteuerten Latte Macchiato servieren dürfen haben in Berlin nichts mehr zu suchen und sollen jeden Tag 100 Kilometer zu ihrer unter unterbezahlten Tätigkeit fahren.

    Aber gut zu wissen wie hier so manche Leute so ticken. Fehlt nur noch das berühmte Max Liebermann Zitat.

  17. 23.

    Das Grundrecht der Freizügigkeit hat doch nicht zur Folge, dass jeder ein Anrecht auf eine bezahlbare und schöne Wohnung in Berlin hat.

  18. 22.

    Die meisten Neubauprojekte sind mit einer Gasheizung geplant. Diese sind wesentlich günstiger als eine Wärmepumpe.

    Die Planungen müssten jetzt alle umgestellt werden. Zumal eine Wärmepumpe ein anderes Heizungssystem ist und man alles neu planen muss. Die zusätzlichen Kosten und Aufwand schrecken bestimmt ebenfalls ab.

    Nicht nur Lieferengpässe und Inflation sondern auch neue gesetzliche Vorschriften führen zu Stornierungen.

  19. 21.

    Warum werden meine Kommentare zensiert?

  20. 20.

    Das Recht auf Freizügigkeit aus Art. 11 G beinhaltet aber nicht, dass jedwede Infrastruktur für denjenigen, der diese Freizügigkeit nutzt, bereitzustellen ist. Natürlich darf jeder Deutsche nach Berlin ziehen, die Wohnung muss er aber schon noch selbst finden und kann nicht die Bereitstellung durch die Stadt verlangen.

  21. 19.

    Kann ich nicht nachvollziehen.
    Die drei Großbaustellen in Richtung Wendenschloß sind immer noch in vollem Gange.

  22. 18.

    Na, hoffentlich sind das weit überwiegend BÜRO-Bauten, die da storniert wurden … Überall entstehen immer noch BÜRO-Bauten … Ich verstehe auch gar nicht mehr, warum die in Berlin überhaupt noch so umfangreich genehmigt werden ? … In Zeiten von WOHNUNGSNOT … … Home-Office, Co-Working-Spaces, Menschen wohnen vermehrt im Umland und deren Pendeln soll eigentlich nicht gefo(ö)rdert werden, Berliner Flächen knapp, usw., usf.

  23. 17.

    Volle Zustimmung, Beschleuniger dieser Entwicklung ist ausgerechnet, witzig, R2G/RGR.

    Ungern, aber weiter so wählen.

    Irgendwann hat sich dann auch die Wählerschaft zum Teil ausgetauscht.

  24. 16.

    "Deutsche Sprache, schwere Sprache."
    Warum? Die Leere ist doch korrekt!
    Nur einige Begreifen das nicht.

  25. 15.

    Berlin wird es guttun, sich in Richtung München oder Hamburg weiter zu entwickeln. Wenn erst einmal eine Hebung des sozialen Durchschnitts in Berlin passiert und mehr Menschen mit höherem Einkommen Berlin bevölkern, erhöht sich das Steueraufkommen und der Wohnstandard. Es wird Zeit, dass sich diese Entwicklung in Berlin auch durvh den geringeren Wohnungsbau beschleunigt. Es ist schon jetzt langsam so, dass nicht mehr jeder den Status Berliner zu sein für sich beanspruchen kann, sondern nur sagen kann: "Ich lebe nur in Brandenburg, arbeite aber in Berlin."

  26. 14.

    Ich würde die Aussage anders interpretieren. Wenn die privaten Investitionen ins Stocken kommen, ist das eine Chance für die öffentlichen Institutionen nachzuziehen.
    Dann könnte das Gemecker über Berlin und nix funktioniert mal etwas leiser werden.
    Ist auch historisch so dass der Staat immer in Krisenzeiten besonders investieren sollte.

  27. 13.

    Sehr richtig. Warum sollen Städte immer weiter wachsen?
    Die Berliner Infrastruktur hinsichtlich Verwaltung und Verkehr ist ungenügend. Weitere Bauverdichung hinsichtlich zunehmender Hitze gesundheitlich unverantwortlich. Sollen immer mehr Wohnungen mit Klimaanlagen ausgestattet werden? Zu Millionen Elektrofahrzeugen dazu, die Billionen Kilometer Fahrstrecken zurücklegen. Wo kommt der Strom dafür her?

  28. 12.

    @ otto vorn
    Wirtschaftsleere 2. Stunde
    Deutsche Sprache, schwere Sprache.

  29. 11.

    Vielleicht hilft dies auch den Wohnungsleerständen in Gebieten außerhalb Berlins und Speckgürtel zu entgegnen.

  30. 10.

    „Das sind doch Haus gemachte Probleme von der Regierung und EU so gewollt.“
    Genau! Die Bundesregierung und die EU haben die meisten Rohstoffe gebunkert und geben diese zu völlig überhöhten Preisen wieder ab. Satire Ende!

  31. 9.

    Und täglich grüßt das Murmeltier.
    Es vergehen keine 24 Std. wo uns von Medien mitgeteilt werden das es mittlerweile an fast allem mangelt: Baustoffe und Wohnraum, Ersatzteile, Fachkräfte, Pflegekräfte, Lehrer, Erzieher, Rettungskräfte, Polizei, Gas, Medikamente usw. usw. !
    Da fragt man sich als Otto Normalo wo das hinführen wird?

  32. 8.

    "Problemen bei der Beschaffung von Baumaterialien berichtet" Sehr pauschal und leider nicht weiter hinterfragt von der Redaktion. Welche Baumaterialien sind betroffen und warum sind diese betroffen?

  33. 7.

    Das sind doch Haus gemachte Probleme von der Regierung und EU so gewollt. Dann wird der Wohnungsmark noch enger und so will die Bundesregierung sowie der Senat seine Wohnungspolitik aufrecht halten.

  34. 6.

    Sie mögen zwar kurzfristig diesen Trend begrüßen, aber er ist für die Stadt gefährlich. Enteignungsphantasien, Vertreibung der mittleren Bevölkerungsschicht ins Umland, Verödung der Innenstadt durch Prestigebauten, Verdrängung der Industrie. Das alles sind Indikatoren für eine sterbende Stadt. Vor kurzem wurde hier mit Paris kokettiert. Das sollte man sich genau ansehen und nicht den Popanz, der um die Bürgermeisterin gemacht wird. Die macht Klientelpolitik, für eine seit Jahrzehnten stagnierende Bevölkerung. Was dort wächst ist die Metropolregion, mit gravierenden sozialen Problemen. Allein gelassen, von solchen Bürgermeistern wie Hidalgo. Da sind. nicht ihre Wähler und somit egal.

  35. 5.

    Schon Scheiße mit dieser "linksradikalen Kampfschrift" namens Grundgesetz und diesem fiesen Art. 11, nicht wahr?

  36. 4.

    Ja Wirtschaftsleere 2. Stunde
    Der Wirtschaftskreislauf weitestgehend eine Sinuskurve. Von nun an gehts bergab.

  37. 3.

    Es verwundert doch nicht, dass auch in Berlin und Brandenburg zuletzt viele Projekte gestoppt wurden. Ergänzend zu den im Artikel genannten Ursachen kommt auch die unsichere politische Lage, die viele Investoren abschreckt, weil durch die Sondersituation in Berlin mit nur 1/5 Eigentümern im Vergleich zu 4/5 Mietern, hier keine Parität von Vermieter und Mieter mehr gewährleistet ist wie die Erfahrungen zeigen.

  38. 2.

    Warum schreiben Sie "dramatische" Folgen für den Wohnungsbau? Es gibt Folgen und kann sein, das weniger gebaut wird. Aber ich finde es z.B. gut, wenn weniger gebaut wird. Ich habe damit kein "Drama".

  39. 1.

    Wenn Wohnungen nicht gebaut werden, gerade in Berlin, kann dies doch nur von Vorteil sein. Schließlich reichen 3,8 Mio Einwohner. Die ganze Infrastruktur und Verwaltung sollte erst angepasst werden bevor dafür gesorgt wird, dass die Stadt weiter wächst.

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