Ausstand des Bodenpersonals - Lufthansa-Warnstreik führt am BER nicht zu großem Chaos

Mi 27.07.22 | 21:06 Uhr
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Reisende stehen am 27.07.2022 am Flughafen BER am frühen Morgen an einem Check-In-Schalter (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb24 Abendschau | 27.07.2022 | Ludger Smolka | Bild: dpa/Paul Zinken

Wegen eines Warnstreiks hat die Lufthansa für Mittwoch fast 1.000 Flüge abgesagt. Auch am BER wurde der Flugplan zusammengestrichen. Verglichen mit anderen Flughäfen sind die Auswirkungen in Schönefeld aber eher überschaubar.

Das Bodenpersonal der Lufthansa ist am Mittwoch in einen ganztägigen Warnstreik getreten. Die Airline hat in der Folge fast das gesamte Flugangebot zusammengestrichen. Die Fluggesellschaft hat sämtliche seiner rund 20 Flüge in Schönefeld gestrichen, wie der Flughafen auf seiner Internetseite mitteilt. Lufthansa fliegt von dort aus ausschließlich die innerdeutschen Drehkreuze Frankfurt und München an. Am Flughafen BER legten nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi rund 30 Mitarbeiter der Frühschicht die Arbeit nieder.

Lufthansa-Personal "extrem frustriert"

Die Lufthansa-Beschäftigten klagten "über eine enorme Arbeitsüberlastung" und seien "extrem frustriert", sagte Verdi-Luftfahrtsekretär Holger Rößler dem rbb. Nach den Pandemie-Jahren und der jetzt hohen Inflation wollten die Beschäftigten nicht lange verhandeln. Sie wollten schnell Ergebnisse sehen und nicht erst in ein paar Monaten. Deshalb sei auch ein Warnstreik mitten in der Ferienzeit gerechtfertigt, so Rößler bei rbb24 Brandenburg aktuell.

Die Lufthansa-Tochter Eurowings blieb am BER von den Auswirkungen des Warnstreiks am Mittwoch eigenen Angaben zufolge unberührt. Der Flugbetrieb laufe normal.

Warnstreik bis Donnestag

Hintergrund der Flugstreichungen ist ein Warnstreik des Bodenpersonals der Lufthansa, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hatte. Der ganztägige Ausstand hat am Mittwochmorgen um 3:45 Uhr begonnen. Aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker oder die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen schieben. Ohne diese Dienstleistungen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal.

Der Verdi-Streik soll offiziell erst am Donnerstag um 6.00 Uhr enden, die Gewerkschaft hatte aber bereits angekündigt, in den frühen Morgenstunden nicht mehr aktiv zu mobilisieren.

Rund 1.000 Flüge sind wegen des angekündigten Warnstreiks von der Lufthansa deutschlandweit gestrichen worden. 134.000 Passagiere konnten ihre ursprünglich geplanten Flüge nicht antreten. Dass die Auswirkungen am BER vergleichsweise gering ausfallen, liegt neben den nur wenigen geplanten Flügen der Lufthansa auch daran, dass in Schönefeld von der Lufthansa kein eigenes Bodenpersonal beschäftigt wird. Auch das Abfertigungspersonal ist nicht bei der Lufthansa, sondern bei Dienstleistern beschäftigt.

Keine Einigung in Tarifverhandlungen für 20.000 Beschäftigte

Hintergrund des Warnstreiks sind laut Verdi die stockenden Tarifverhandlungen für die rund 20.000 Beschäftigten. In der zweiten Verhandlungsrunde am 13. Juli habe das Management der Lufthansa ein Tarifangebot vorgelegt, das von den betroffenen Verdi-Mitgliedern als unzureichend kritisiert worden sei.

Verdi hatte eine Lohnerhöhung von 9,5 Prozent oder mindestens 350 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten der Lufthansa AG Boden, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo und anderen Töchtern des Konzerns gefordert.

Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 18 Monaten eine zweistufige pauschale Gehaltserhöhung um zusammen 250 Euro angeboten, zu der ab Juli kommenden Jahres noch eine gewinnabhängige Steigerung um 2 Prozent käme. Bei einem monatlichen Grundgehalt von 3.000 Euro ergäbe sich daraus eine Steigerung von 9 bis 11 Prozent, rechnete das Unternehmen vor.

Lufthansa kritisiert Warnstreik in der Hauptreisezeit

Der erste Streik bei Lufthansa nach dem Corona-Schock kommt vor dem Hintergrund eines teilweise chaotisch verlaufenen Neustarts der Branche. Personalengpässe und eine starke Urlaubsnachfrage haben schon ohne Streiks zu erheblichen Abfertigungsproblemen in diesem Sommer geführt. Verdi macht dafür vor allem Missmanagement bei Flughäfen und Airlines verantwortlich.

Lufthansa-Personalchef Michael Niggemann kritisierte den Warnstreik erneut als überzogen. Die frühe Eskalation des Tarifkonflikts nach nur zwei Verhandlungstagen in einer bislang konstruktiv verlaufenden Tarifrunde richte enorme Schäden an, erklärte er. Das betreffe vor allem die Kundinnen und Kunden in der Hauptreisezeit zusätzlich stark, aber auch die Mitarbeitenden in einer ohnehin schwierigen Phase des Luftverkehrs.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 27.07.2022, 19:30 Uhr

63 Kommentare

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  1. 63.

    Unternehmen wandern auch wegen hoher Lohnkosten in Billigländer ab"
    Das erzählt man uns schon seit Jahrzehnten.
    Ich wünsche viel Spaß dem Bäcker, der wegen billiger Arbeitssklaven nach Burkina Faso auswandert und allmorgendlich seine Brötchen nach Osnabrück liefert.

  2. 62.

    "... Kein Mensch, der Vollzeit und sogar im Schichtsystem arbeitet, sollte auf staatliche Leistungen angewiesen sein. Einfach keiner! ..."
    Da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht.

    Jedoch sollten wir doch mal auf dem Teppich bleiben.
    Wo soll diese ganze Lohn-Preis-Spirale hinführen?
    Unternehmen wandern auch wegen hoher Lohnkosten in Billigländer ab.
    Der kleine Handwerksbetrieb muss z.B. seine Kosten wegen steigenden Löhne erhöhen, um zu überleben.
    Dies kann doch nicht alles ungebremst so weiter gehen.

    "... Allerdings müssen bei einem Vollzeitjob auch mal ein paar Extras drin sein. ..."
    Da ist jetzt die Frage, was Sie als ein paar Extras bezeichnen.
    Ein Kilo Spargel oder die Urlaubsreise nach Malle oder der momentan so umstrittene hohe Eintrittspreis für den Berliner Zoo?

  3. 61.

    "... Ich meine Ihren Vorschlag, dass sich alle einen neuen Job suchen, die unzureichend bezahlt werden. ..."
    Ich hatte nicht von "allen" geschrieben, es ging um diejenigen die "jahrelang" nicht sparen können.

    "... Hätten Sie den Artikel richtig gelesen, hätten Sie mitgekriegt, dass hier das Bodenpersonal streikt. Das sind Lufthansa-Mitarbeiter, die einen Stundenlohn von 12 Euro haben. Das sind bei 21 Arbeitstagen á 8 Stunden Brutto 2.016 € und Netto für jemand mit Steuerkl. 1. 1 Kind rund 1.462 € laut Gehaltsrechner. Das ist weit entfernt von ihren 3.000 €, oder? ..."
    Wie hoch ist der aktuelle Mindestlohn? 10,45 Euro?
    Zu den rund 2.000 Euro Brutto rechnen Sie bitte noch die Zuschläge (Sonn-/Feiertage, Schicht usw.).

    Und ja, ich habe gelesen, dass es um das Bodenpersonal geht.
    Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass die Luftverkehrskauffrau genauso "wenig oder viel" Geld verdient, wie der ungelernte Mitarbeiter, der die Koffer "bewegt".

  4. 60.

    "Lufthansastreik führt am BER nicht zu großen Verzögerungen"
    Frage:Waren Sie vor Ort um dies beurteilen zu können?
    Der Unmut der anwesenden Urlauber spricht eine andere Sprache.

  5. 59.

    Warum muß man eigentlich unbedingt im Urlaub Flugreisen unternehmen?

    Es gibt auch Orte, die mit der Bahn und dem Auto erreichbar sind, das Fliegen ist mir schon lange vergangen... purer Stress!

  6. 57.

    Die Gewerkschaften haben die ganzen Jahre alles kaputt gemacht."
    Stimmt.
    Wie schön könnte das Leben mit einer 60-Stunden-Woche sein, 12 Tagen unbezahltem Urlaub-alle zwei Jahre, ohne dieses Sozialversicherungsgedöns, ohne Kündigungsschutz und mit Kinderarbeit ab 8 Jahren.
    Und was es sonst noch so geben mag, was diese Gewerkschaften so alles kaputt gemacht haben.

  7. 56.

    Dass Ver.di bereits streikt, ohne die Verhandlungen abgeschlossen zu haben, ist leider eine typische Strategie von Ver.di zu Lasten der Bürger. Benutzer des öffentlichen Nahverkehrs oder Eltern, die auf Kitas angewiesen sind kennen das,da wird dauernd gestreikt. Auf das Allgemeinwohl haben Ver.di, GED, usw. noch nie Rücksicht genommen.
    Ich spare mir daher den Gewerkschaftsbeitrag, mehr Geld bekommt man nur durch höhere Qualifikation und mehr Arbeit.

  8. 55.

    Und nocheinmal zu Ihrer Aussage "Wenn das Gehalt so niedrig ist, gibt es Wohngeld und andere Unterstützungen vom Staat."

    Kein Mensch, der Vollzeit und sogar im Schichtsystem arbeitet, sollte auf staatliche Leistungen angewiesen sein. Einfach keiner!

    Und was diesen Satz angeht "Wenn das Gehalt so niedrig ist, muss ich evtl. bei Urlaub, Auto, Markenklamotten usw. sparen."

    Ich bin Ihrer Meinung, dass man nur das ausgeben kann, was man in der Tasche hat. Aber ich denke, den meisten geht es nicht um überflüssigen Luxus, sondern um die Bezahlung der allgemeinen Fixkosten. Allerdings müssen bei einem Vollzeitjob auch mal ein paar Extras drin sein.

  9. 54.

    Ich meine Ihren Vorschlag, dass sich alle einen neuen Job suchen, die unzureichend bezahlt werden.
    Hätten Sie den Artikel richtig gelesen, hätten Sie mitgekriegt, dass hier das Bodenpersonal streikt. Das sind Lufthansa-Mitarbeiter, die einen Stundenlohn von 12 Euro haben. Das sind bei 21 Arbeitstagen á 8 Stunden Brutto 2.016 € und Netto für jemand mit Steuerkl. 1. 1 Kind rund 1.462 € laut Gehaltsrechner. Das ist weit entfernt von ihren 3.000 €, oder?
    Gehen Sie nicht von irgendwelchen Stellenanzeigen aus oder gar von Erhebungen wie von kununu.com, in denen die Gehälter gerade mal von 110 Mitarbeitern verschiedener Stellen bei der Lufthansa für Gehaltstransparenz sorgen sollen. 110 Gehälter von rund 138.350 Mitarbeitern!
    Falls es Sie interessiert: www.kununu.com/de/deutsche-lufthansa/gehalt. Es handelt sich um die Brutto-Gehälter und bei denen kommen auch Flugbegleiter oder Airport Services Officer nicht auf die von Ihnen angeg. 3.000 €, nicht Brutto u. schon gar nicht Netto

  10. 53.

    2. Versuch:
    Haben Sie den Kommentar von @Tami D und meine Antwort darauf gelesen?
    Welchen Vorschlag meinen Sie?

  11. 52.

    ,Wenn das Gehalt so niedrig ist, gibt es Wohngeld und andere Unterstützungen vom Staat.'
    Mit diesem Satz wollte ich auch klar machen, dass es m.E. bei der Lufthansa sicherlich genug Geld gibt, dass die Mitarbeiter kein Wohngeld bekommen.
    Jetzt kann man natürlich diskutieren, was ist "genug".
    Wenn ich mir aber die eine oder andere Stellenanzeige anschaue, kann es so schlecht nicht sein.
    Da geht wohl kaum einer unter ca. 3.000 Euro nach Hause.

  12. 51.

    Bei dem Streik geht es nicht um das Allgemeinwohl sondern um das Wohl der Beschäftigten.
    Deren Arbeitsbedingungen haben sich doch nur deshalb verschlechtert, weil offenbar in Politik und Wirtschaft Entscheidungen getroffen worden sind, die diese Lage erst begünstigt haben.
    Aber es ist natürlich leicht, seinen Frust einfach bei den einfachen Arbeitern und Angestellten abzulassen.

  13. 50.

    Haben Sie eigentlich den Kommentar von @Tami D und meine Antwort darauf gelesen?
    Welchen Vorschlag meinen Sie?

  14. 49.

    Der Vorschlag ist prima. Schlecht bezahlte Jobs werden einfach nicht mehr gemacht. Sie werden sich wundern, was dann alles nicht mehr funktioniert.
    Spaß beiseite, es kann doch nicht ihr Ernst sein, dass arbeitende Menschen auf Unterstützung vom Staat angewiesen sind. Ein Unternehmen, dass nicht in der Lage ist, die Mitarbeiter ausreichend zu entlohnen, muss sein Geschäftsmodell überdenken. Es wird viel auf Menschen herumgehackt, die von Hartz IV leben, aber die Unternehmen, die im Prinzip auf unser aller Kosten Aufstocker beschäftigen, prangert keiner an.

  15. 48.

    Sorry, aber dieses "Gejammere" geht mir langsam mächtig auf den Keks.
    Wenn das Gehalt so niedrig ist, muss ich evtl. bei Urlaub, Auto, Markenklamotten usw. sparen.
    Wenn das Gehalt so niedrig ist, gibt es Wohngeld und andere Unterstützungen vom Staat.
    Und einen anderen Job suchen, wenn's schon jahrelang so geht, wäre auch eine Option.

  16. 47.

    Schon mal dran gedacht, dass die Angestellten jahrelang sparen wollten und nicht konnten, weil das Gehalt zu niedrig war? Ich finde diesen Streik persönlich aktuell unpassend, aber wann sollte man denn Ihrer Meinung nach streiken? Wenn es IHNEN nicht weh tut?

  17. 46.

    Dass Eurowings nicht betroffen war, ist eine Lüge. Bitte auf der Seite des BER nachschauen. Beide Abflüge EW4830 und EW4832 um 06:00 Uhr gestrichen.

  18. 45.

    Wo seitens der Gewerkschaften der Begriff Allgemeinwohl offenbar nur eingeigelt für die eigenen Mitglieder gilt, schadet es ihrem Ruf. Wer trägt hier denn die Folgen? ArbeitNEHMER! Hier geht es - Weselski-like - nur um Machtdemonstration, aber beschränkt auf eine Gruppe. Ist es nicht das, was an elitären Verhältnissen kritisiert wird? In all solchen Fällen wird irgendwann Outsourcing erfolgen. Unter weit schlechteren Bedingungen. Das kümmert "Eingesessene" nur wenig. Dann aber meckern, dass man keine neuen Kollegen findet, die den Job machen wollen.

  19. 44.

    Schon mal dran gedacht, dass Leute jahrelang gespart haben könnten und den jetzt nicht antreten können?

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