Offizielle Interessensbekundung - Berliner Senat will Fernwärmenetz von Vattenfall zurückkaufen

Di 17.01.23 | 15:48 Uhr
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Symbolbild: Vattenfall Deutschland-Zentrale in Schöneberg, Berlin (Quelle: dpa/Schoening)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.01.2023 | Jan Menzel | Bild: dpa/Schoening

Im Moment ist die Fernwärme-Versorgung in Berlin noch in der Hand des Energiekonzerns Vattenfall. Doch der Senat will die Fernwärme selbst übernehmen - und dafür bei einem anderen Unternehmen einsteigen.

Der Berliner Senat hat am Dienstag über einen möglichen Rückkauf des Fernwärmenetzes und einen Einstieg des Landes bei der Gasag beraten. Man wolle nicht anderen, privaten Bietern "aus Australien oder sonst woher das Feld überlassen", sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).

"Wir wollen die Wärme zurück nach Hause holen und mit der Gasag ein starkes Energieunternehmen in der Stadt haben", so Giffey. Vattenfall hatte 2022 erklärt, einen Verkauf der Berliner Fernwärme zu prüfen. Ende vergangener Woche signalisierte das Land dem schwedischen Konzern offiziell sein Interesse.

Noch kein Kaufpreis

Ein Kaufpreis sei in diesem Stadium noch nicht Gegenstand des Verfahrens, sagte Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne). Wesener wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es "massive Investitionserfordernisse" gebe, die die man mit dem Wert des Unternehmens "verrechnen" müsse.

Durch einen direkten Einfluss in diesem Energiesektor könne das Land sicherstellen, dass "künftig die Wärmewende und das Gemeinwohl im Mittelpunkt der Entwicklung stehen", sagte Wesener weiter. Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) betonte, eine schnelle und konsequente Wärmewende, Versorgungssicherheit und faire Verbraucherpreise seien entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Berlins.

Senat will Fernwärme über Gasag steuern

Vattenfall hat bislang allerdings nur die Bereitschaft zum Verkauf seines Berliner Fernwärmenetzes erklärt. Was die Gasag betrifft, hält sich das Unternehmen bedeckt. Die Gasag gehört Vattenfall etwa zu einem Drittel. Die Mehrheit der Anteile an dem Berliner Traditionsunternehmens halten die Unternehmen Eon und der französische Energiekonzern Engie. Der Senat will eine Mehrheit an der Gasag erwerben und das Unternehmen künftig zusammen mit Eon und Engie führen. Über die Gasag soll nach diesem Modell künftig auch die Fernwärme gesteuert werden.

"Wir wollen in den Driver-Seat kommen", beschreibt Wirtschaftssenator Schwarz die Vorstellungen des Landes. Giffey nannte eine Mehrheitsbeteiligung des Landes eine "Gelingensbedingung". Auch Finanzsenator Wesener verteidigte die Einbeziehung privater Unternehmen. Fragen von Rekommunalisierung und Privatisierung würden sich im Hinblick auf die Klimanotlage anders stellen als vor einigen Jahren. Technisch, baulich und finanziell stehe Berliner vor einer "gigantischen Aufgabe", so Wesener.

Entscheidung noch in diesem Jahr erwartet

Vattenfall-Sprecher Stefan Müller zeigte sich gegenüber dem rbb positiv überrascht vom gerade abgeschlossenen Interessensbekundungsverfahren bei der Fernwärme: "Wir haben als potentieller Verkäufer ein großes Interesse des Marktes feststellen dürfen. Wir haben eine Vielzahl an potentiellen Investoren."

Müller machte deutlich, dass neben dem Kaufpreis auch weitere Kriterien eine wesentliche Rolle spielen. "Wir erwarten, dass ein künftiger Eigentümer, falls es zu einem Verkauf kommen würde, sich dazu verpflichtet, den Dekarbonisierungspfad von Vattenfall fortzusetzen."

Der schwedische Konzern hat versprochen bis 2040 klimaneutral zu werden. Darüber hinaus erwarte Vattenfall, dass ein neuer Eigentümer Garantien für die Beschäftigten abgebe.

Sowohl Vattenfall als auch der Senat rechnen damit, dass eine Entscheidung über einen Verkauf der Fernwärme in diesem Jahr fällt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.01.2023, 19:30 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Der Berliner Senat sollte sich mit solchen Äußerungen zurückhalten, er weiß ja überhaupt noch nicht ob er wieder ins Rote Rathaus einzieht

  2. 14.

    Woher soll denn angesichts des Schuldenstands im Land Berlin von über 62 Mrd. Euro das Geld dafür kommen? Da bin ich mal sehr gespannt.

  3. 12.

    Wenn man weiß, wie alt die GASAG ist, weiß man auch, dass es sich nicht um ein junges Netz handeln kann. Und das kostet nun mal leider...

  4. 11.

    Ich bin der festen Überzeugung, wenn der Berliner Senat endlich wieder die Oberhand auf Strom u.Gas hat, wird sich was ändern. Momentan zahlen wir hier in Deutschland die höchsten Stromkosten. Kommt doch nicht von ungefähr.
    Ich bin was Strom anbelangt jetzt bei den Stadtwerken Flensburg und bin grundsätzlich zufrieden mit deren Geschäftspolitik. Vattenfall nutzt die momentane Situation ja deutlich aus. Sagt selbst meine Hausverwaltung.

  5. 10.

    Glauben Sie ernsthaft, dass die Erhöhung der Heizkostenvotauszahlung bei einem anderen Eigentümer der Fernwärme nicht stattgefunden hätte? Und glauben Sie auch, dass Mieter in Häusern mit Öl-, Gas- oder Pallet-Heizung keine extremen Erhöhungen bekommen hätten?

    Wie kann es sein, dass ALLE Berliner Steuerzahler für ein neues, teures Fernwärmeprojekt des Senats aufkommen sollen, von dem dann nur wenige Berliner profitieren?

    Das sind ganz simpel Profilierungssucht und Geldverbrennung.

  6. 9.

    Monopoli - das ist was mir dabei einfällt.
    Und irgendwie ist solch Absicht doch recht verwegen wenn man vergangene Rekommunalisierungs-Absichten der vergangenen 2,1 Senats-Perioden (für die Berliner) betrachtet.
    Oder wo habe ich was übersehen?

  7. 8.

    Na wunderbar,super Idee,erst billig verkaufen,damit man Geld verpulpfern kann,
    und nun teuer zurückkaufen,
    ohne Worte,das past zu diesem Senat,
    vobei Gasag und Vattenfall unter der rossen Koalition verscherbelt wurde,
    hoffentlich platzt der Deal,denn dann sanieren wir diesen Senat,
    aber erstmal mus dieser Senat Geld ausgeben,um Gasag und Vattenfall zurück zukaufen,

  8. 7.

    Gibt eine Menge neuer Versorgungsjobs.

  9. 6.

    Nennen Sie bitte einen anderen Anbieter hier in Berlin der Fernwärme liefert. Und ja, ich bin dafür das Vattenfall schnellstmöglich raus ist. Denn diese Firma ist ein rücksichtsloser Preistreiber. Ich kann ein Lied davon singen. Schon in der Vergangenheit hat Vattenfall bei mir den Grundpreis für Strom regelmäßig erhöht, bevor die Stromabrechnung kam. Ich schaute mir das nicht lange mit an. Bei der Fernwärme ist es doch jetzt ebenso. Meine Hausverwaltung erhöht vorsichtshalber schon die monatliche Heizkosten Abschlagszahlung für 2023 damit am Jahresende die Nachzahlung nicht zu hoch ausfällt.

  10. 4.

    Ich bin ganz zufrieden mit Vattenfall.Kann mich überhaupt nicht beklagen.Irgendwo muss der Berliner Senat einen Goldesel haben.Bin ja gespannt wie das finanziert werden soll und was da wieder die Kunden abdrücken können.Wrrde mich Mal schon nach einem anderen Anbieter umsehen.

  11. 3.

    Interessant ist das ja. Der Wohlhabende Senat will also den Fernwärmeversorger kaufen und gleichzeitig die Mehrheitsanteile der GASAG erwerben - Donnerwetter. Hatte nicht zu glauben gewagt, dass Berlin soviel Geld hat. Herr Söder bitte den Länderfinanzausgleich Einkürzen, hier soll erneut Geld verbrannt werden.
    Andererseits bleibt es ja dem Verkäufer überlassen, welches Angebot er annehmen möchte. Na dann...

  12. 2.

    Es erschließt sich mir nicht welche Vorteile es für Berlin haben sollte Mrd. auszugeben für den Rückkauf von Vattefall um dnn mit den Beiden anderen Privatinvestoren das selbe weiterzubetreiben. Für den Verbraucher kann es nicht preiswerter werden im Gegenteil es muss gekauft und investiert werden. Na halt eine Rechnung der Sozialisten, wird schon.

  13. 1.

    Meine Tochter hat letzte Woche ihre Ausbildung bei der Vattenfall Wärme abgeschlossen und ist vor kurzem extra bei Ver.di eingetreten, weil es wohl schon Diskussionen um zukünftige Entgelte gab.

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