Unternehmen suchen Auszubildende - Tausende freie Stellen zum Ausbildungsstart

Zum Ausbildungsstart am 1. August gibt es noch tausende freie Stellen - sowohl in Berlin als auch in Brandenburg. Inzwischen beginnen Unternehmen, sich besser auf junge Leute einzustellen - und die Gehälter steigen teilweise.
Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. August sind in Berlin und Brandenburg noch viele Lehrstellen unbesetzt. Das sagte die Sprecherin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, Irmgard Pirkl, dem rbb. In Berlin seien es knapp 7.500 offene Stellen, in Brandenburg mehr als 6.700. Die Zahl der Bewerber ohne Ausbildungsplatz liegt in Berlin bei 8.102 und in Brandenburg bei 4.369.
Gesucht würden Lehrlinge unter anderem in den Bereichen Verkauf und Einzelhandel, Hotel und Gastronomie, Maschinenbau und Energietechnik. Pirkl rät Jugendlichen, sich über die Vielfalt der Ausbildungsmöglichkeiten in der Region beraten zu lassen. Sie verwies außerdem auf das Pilotprojekt "Praktikumswoche Berlin". Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren können fünf Tage lang fünf unterschiedliche Unternehmen und Berufsfelder kennenlernen.
IHK Potsdam: Lage für Schüler noch nie so gut
Der Fachsbereichsleiter Ausbildung der Industrie- und Handelskammer Potsdam, Marco Lindemann, zog im rbb24 inforadio für Westbrandenburg eine positive Bilanz. Es gebe noch offene Stellen, aber es seien 100 Ausbildungsverträge mehr unterschrieben worden als im letzten Jahr.
Offen sind noch mehr als 560 Ausbildungsstellen in Westbrandenburg. Die Lage für Schülerinnen und Schüler war laut Lindemann noch nie so gut wie heute, ihren Berufswunsch auch umzusetzen.
Die meisten Stellen seien im Bereich Industriemechaniker und Industriemechanikerin frei. Dort gebe es noch 52 freie Ausbildungsplätze. Auch wer sich um eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik bewerben möchte, habe noch gute Chancen: 39 freie Plätze. Bei den Tiefbaufacharbeitern und -arbeiterinnen seien noch 33 Stellen frei und selbst bei den eher begehrteren Ausbildungen zur Bankkauffrau oder zum Bankkaufmann gebe es noch freie Plätze, so Lindemann.
IHK sieht höhere Wertschätzung für Ausbildungsberufe
Bisher konnten laut IHK Potsdam 1.846 Ausbildungsverträge in Westbrandenburg abgeschlossen werden - 100 mehr als im Vorjahr. Das liege vor allem daran, dass es in diesem Jahr etwas mehr Schulabgänger gebe, ordnet Lindemann die Zahlen ein. Außerdem hätten sich viele Unternehmen inzwischen besser auf die jungen Leute eingestellt und würden sie über die digitalen Plattformen auch erreichen.
Dazu komme, dass die Perspektive mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung auf dem Arbeitsmarkt sich erheblich verbessert habe. Die Wertschätzung sei in Zeiten des Fachkräftemangels stark gestiegen, sagt Lindemann. Auch Eltern und Freunde würden das erkennen und hätten zudem einen großen Einfluss bei der Berufswahl. "Ich glaube auch, dass im Elternhaus und im Freundeskreis die Berufsausbildung immer mehr an Beliebtheit gewinnt und durchaus der Weg danach ja frei ist, sich weiterzuentwickeln, ob man dann ein Studium oder ein Fachwirt hintendran hängt", so der IHK-Fachbereichsleiter.
Höhere Ausbildungsvergütungen
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Peick sagte im rbb24-Inforadio, die Bundesregierung wolle die betriebliche Ausbildung stärker bewerben - etwa durch Praktika zur Berufsorientierung. Ziel sei es, dass sich wieder mehr Jugendliche für eine Ausbildung anstatt für ein Studium entscheiden.
Weil freie Ausbildungsstellen immer schwieriger besetzt werden können, sei in einigen Tarifbereichen die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen überdurchschnittlich angehoben worden, sagt Thorsten Schulten, Leiter des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. "Wo wir diese Knappheit deutlich sehen, ist eben die Vergütung dieser Auszubildenden. Und hier sehen wir doch in vielen Bereichen sehr hohe Steigerungen von teilweise über 20 Prozent, um eben die Ausbildungsplätze in bestimmten Bereichen auch attraktiver zu gestalten", so Schulten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2023, 06:45 Uhr
Hinweis: Wir haben die Aussagen von Marco Lindemann von der IHK Potsdam nachträglich präzisiert.