Starker Anstieg in einigen Bezirken - Rund 280 Verdachtsfälle von Mietwucher in Berlin

Mo 16.12.24 | 18:15 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Sanierte Altbauten stehen in Berlin-Schöneberg. (Quelle: imago-images/Schoening)
Audio: rbb24 Inforadio | 16.12.2024 | Sebastian Schöbel | Bild: imago-images/Schoening

Teilweise über 20 Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen einige Vermieter - das gilt als Wuchermiete. Den Vermietern drohen in einem solchen Fall hohe Strafen, die Verfolgung von Mietwucher aber ist schwierig. Von Sebastian Schöbel

  • Friedrichshain-Kreuzberg ist bei Mietwucher ganz vorn, gefolgt von Neuköllln und Pankow
  • Im November startete "Mietwucherrechner", seit dem steigen die Zahlen deutlich an
  • Bislang stellte dieser Rechner 10.000 Fälle von Mietwucher fest
  • Oft scheitern die Berliner Ämter damit, Mietwucher nachzuweisen

In Berlin wurden in diesem Jahr bereits fast 280 Verdachtsfälle für Mietwucher an die Bezirksämter gemeldet. Das geht aus einer noch unveröffentlichten parlamentarischen Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus hervor.

Die meisten Verdachtsfälle wurden in Friedrichshain-Kreuzberg gemeldet, gefolgt von Neukölln und Pankow. Laut Wirtschaftsstrafgesetz spricht man von einer Wuchermiete, wenn die Forderung des Vermieters mindestens zwanzig Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Es drohen bis zu 50.000 Euro Strafe.

Verfolgung von Mietwucher in Berlin schwierig

Die Zahl der gemeldeten Fälle stieg seit November in einigen Bezirken stark an. Grund könnte ein von den Linken gestartetes Webportal sein, auf dem Menschen ihre Mieten auf möglichen Wucher prüfen lassen können. Laut dieses "Mietwucherrechners" wurde bei bislang rund 10.000 Berechnungen in 75 Prozent der Fälle ein Verdacht auf rechtswidrig hohe Mieten ermittelt. "Die zulässige Miete wird durchschnittlich um fast 60 Prozent überschritten", so der wohnungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schenker. Er fordert den Senat auf, schleunigst ein einheitliches Verfahren zur Verfolgung von Mietwucher zu entwickeln und den Bezirken das benötigte Personal zur Verfügung zu stellen.

Tatsächlich gestaltet sich die Verfolgung von Mietwucher in Berlin bislang schwierig. Ein Grund ist die Gesetzeslage: Demnach muss erwiesen sein, dass ein Vermieter ein "geringes Angebot an vergleichbaren Räumen" auf dem Markt ausnutzt. Betroffene Mieter müssen dafür lückenlos nachweisen, dass ihre vorherige Wohnungssuche vergeblich war. "Dies gelingt in den allerwenigsten Fällen", kritisiert der Berliner Mieterverein, "so dass viele Mieter gar nicht erst versuchen, gegen die überhöhte Miete gerichtlich vorzugehen".

Die "Arbeitsgruppe Mietpreisüberhöhung" kommt

Der Bundesrat hatte zuletzt eine Verschärfung des Gesetzes beschlossen, die allerdings vom damaligen FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann blockiert wurde. Tatsächlich wurde bislang in keinem einzigen Berliner Bezirk ein Fall von Mietwucher nachgewiesen. Oft scheitern die Ämter nach eigenen Angaben schon daran, dass sich Mieter auf Nachfrage nicht zurückmelden. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung räumt ein: Weil es in Strafverfahren sehr schwer ist, nachzuweisen, dass Vermieter vorsätzlich gehandelt haben, "müssen die Erfolgsaussichten als sehr gering angesehen werden".

Der schwarz-rote Senat hat eine eigene "Arbeitsgruppe Mietpreisüberhöhung" eingerichtet, die mit den Bezirken zusammenarbeitet. Zurzeit wird noch ein einheitliches IT-Verfahren für die Bearbeitung der Fälle entwickelt. Eine spezielle Mietpreisprüfstelle ist im Aufbau.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.12.2024, 07:40 Uhr

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Beitrag von Sebastian Schöbel

63 Kommentare

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  1. 63.

    Was soll die Nebelkerze mit der Kaltmiete? Ich habe bewiesen wie Vonovia & Co. die Mieter abzockt.

    "Im Februar 2021 haben 28 regionale Mietervereine in einem offenen Brief den Vorstand der Aktiengesellschaft aufgefordert, „korrekte und transparente Abrechnungen für alle Vonovia-Mieter“ vorzulegen."

  2. 62.

    Das kommt halt davon wenn man der deutschen Sprache nicht mächtig ist und noch dazu nicht rechnen kann.

    " Laut dieses "Mietwucherrechners" wurde bei bislang rund 10.000 Berechnungen in 75 Prozent der Fälle ein Verdacht auf rechtswidrig hohe Mieten ermittelt."

    Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, viele melden den Wucher erst gar nicht, aus Angst vor dem Vermieter.

    Wer den "Mietwucherrechners" mit der Stasi und deren Methoden gleichsetzt, steht nicht auf dem Boden der FDGO! Mal abgesehen davon, dass das eine unglaubliche Verhöhnung der Opfer des DDR Regimes ist.

  3. 61.

    Haben sie den Inhalt des links nicht gelesen oder nicht verstanden? Oder lügen sie absichtlich?

    "Ein Mieter kann im Rahmen der bei einer Betriebskostenabrechnung geschuldeten Belegvorlage vom Vermieter dann nicht die Einsichtnahme in Unterlagen verlangen, die das Vertragsverhältnis zwischen einem vom Vermieter mit einer betriebskostenrelevanten Dienstleistung beauftragten Dritten und dem von diesem weiter beauftragten Subunternehmer betreffen, wenn der Vermieter mit dem Dritten eine Vergütung für dessen Tätigkeit vereinbart hat oder diese nach § 612 BGB als vereinbart gilt und der Vermieter die von dem Dritten in Rechnung gestellte Vergütung in der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter eine Schwestergesellschaft beauftragt hat, unabhängig davon, ob deren Vergütung eine Gewinnmarge enthält."

  4. 60.

    Krass, dass das in absoluten Zahlen nach viel klingt, aber prozentual als Anteil minimal ist. Es sind halt echt viele Wohnungen in Berlin.

  5. 59.

    Doch, Sie haben das Recht der Einsichtnahme in die Rechnungen, sonst brauchen Sie nicht zahlen.

  6. 58.

    Sie dürfen folgende Fakten akzeptieren: Im Jahr 2023 lag die monatliche Nettokaltmiete für Wohnungen aus dem Portfolio des Immobilienunternehmens Vonovia im Schnitt bei 7,74 Euro pro Quadratmeter. (Quelle Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/519254/umfrage/nettokaltmiete-fuer-wohnungen-aus-dem-bestand-der-vonovia/)

    Übrigens gab Vonovia bereits vor 5 Jahren Mietern ab 70 Jahren eine überraschende Zusage: Mieter ab 70 Jahren erhalten bei Vonovia die Garantie, dass sie ihre Wohnungen nicht verlassen müssen!

  7. 57.

    Das ist wie die Frage, warum viele Menschen viel zu teure, große Autos leasen? Bei den meisten Menschen ist es mehr Schein als Sein. Leider mangelt es oft an wirtschaftlichen Grundkenntnissen und wenn es dann nicht mehr klappt, sind es immer die anderen, die Schuld sind. Hier in dem Fall der Vermieter. Es wird wieder Zeit, dass die Menschen selbst Eigen-Verantwortung für sich und ihr Handeln übernehmen.

  8. 56.

    Ich benötige nur ein kleines Zimmer. In einem Tinyhaus. Da habe ich alles, was man braucht und noch mehr: ich lese z.Z. die antiken Griechen im Original. Habe kein TV oder Computer, kein Handy usw.! Like Paradise...Wenn man auf so kleinem Raum lebt, kommt man nicht auf dumme Gedanken der Ablenkung!

  9. 54.

    Ich sagte doch, die Abzocke ist legal. Die Masche bekannt.

    Man gründet Scheintochterunternehmen die überteuerte Rechnungen schreiben und stellt sie dem Mieter in Rechnung. Der Mieter kann diese Rechnungen nicht überprüfen. Sie schreiben die Unwahrheit.

    https://www.berliner-mieterverein.de/recht/bgh/einsichtsrecht-2.htm

  10. 53.

    Es geht in diesem Artikel aber um Kaltmieten. Außerdem hat jeder Mieter das Recht Einsicht in die Rechnungen zu nehmen. Wenn da irgendwas nicht stimmt kann man rechtlich dagegen vorgehen.

  11. 52.

    Das Prinzip einer WG kennen Sie schon, oder? Nicht jeder will wie Sie auf 100 qm leben! Bitte einmal einen Perspektivwechsel vollziehen und nicht vom eigenen Häuschen im Grünen auf die Leute in Wohnungen herabschauen. Danke.

  12. 51.

    " Es ist inzwischen bekannt, dass die Durchschnittsmiete bei Venovia &Co nicht viel höher ist, als bei denLandeseigenen. "

    Diese Lüge wurde schon so oft widerlegt, das sind Kaltmieten und man weiß wie dort legal abgezockt wird, mit überhöhten Nebenkosten, die künstlich in die Höhe getrieben werden.

  13. 50.

    Kann man machen. Dann muß man mit dem Vermieter halt vereinbaren, das man nur 12 qm nimmt. Den Rest der Wohnung kann er dann gerne andersweitig vermieten.

  14. 49.

    Vielleicht, damit ich nicht unter einer Brücke schlafen muss. Die Auswahl ist ja nicht groß.

  15. 47.

    Stimmt, die Miete steht ja auch im Mietvertrag. Und man sollte dann eher bei der Fläche sparen, weil es ja eine Multiplikation ist. Also 1 Liter Milch kostet in der Summe auch weniger als 10 Liter Milch, folglich kosten 50 qm nur 750 EUR/Monat, aber 100 qm halt 1.500 EUR/Monat.

  16. 46.

    Selbst eine Dunkelziffer von 3% insgesamt würden auf 2.000.000 Wohnungen verschwindend gering sein. Es handelt sich hier wohl eher um eine "gefühlte" statt um eine "faktenbasierte" Realität - so etwas nennt man dann Fake News.

  17. 45.

    Na, einfach mal selbst rechnen: 280 Verdachtsfälle bei 2 Mio. Wohnungen in Berlin macht genau den prozentualen Anteil, von dem ich sprach. 99,9% halten sind hier unauffällig. Ich finde, dass man dieser Bespitzelung und Denunziation wie Sie aus der ehemaligen DDR durch die Stasi kannte nicht wieder durch derartige Internetseiten Vorschub leisten sollte.

  18. 44.

    Und was genau würde das ändern? Es ist inzwischen bekannt, dass die Durchschnittsmiete bei Venovia &Co nicht viel höher ist, als bei denLandeseigenen. Auch die Verwaltungsprobleme sind ähnlich. Und wer sich jetzt schon nicht an Gesetze hält, wird das auch nicht tun, wenn Gesetze noch weiter verschärft werden. Das macht Vermietung einfach nur noch unattraktiver. Das einzig sinnvolle ist, dass darauf geachtet wird, dass bestehende Gesetze auch eingehalten werden. Enteignung ist einfach nur Augenwischerei und löst kein einziges Problem.

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