Stress durch die Grüne Woche - Wenn eine 74-Jährige den Hof übernimmt

Für kleine Betriebe ist die Grüne Woche nicht nur eine Chance, sondern auch ein Stressfaktor. Während die Messe stattfindet, muss der Betrieb weiterlaufen und die Tiere müssen versorgt werden - wie machen sie das?
Waltraud Schallmea lehnt sich mit ihrem ganzen Gewicht auf das Messer und drückt es mit angewinkelten Armen in den Käseblock, der vor ihr auf dem Holzbrett liegt. Der Tresen des Hofladens ist ihr zu hoch, geht ihr bis zum Bauch, und das Schneiden des Käses fällt ihr deshalb schwerer als gewöhnlich.
Seit sechs Tagen leitet die 74-Jährige sowohl die Käserei als auch den Hofladen in Drehnow (Spree-Neiße), während das übliche Team um die Käsemacher Jan Butzbach und Marcel Schallmea auf der Grünen Woche in Berlin die regionalen Produkte verkauft.
"Ich habe Angst, dass ich etwas falsch mache", sagt die 74-jährige Waltraud Schallmea und lacht. "Die ganze Milch muss ja verarbeitet werden, und wenn ich einen Fehler mache, wäre das nicht schön." In dem weiß gefließten Produktionsraum der Molkerei füllt sie mit einem Messbecher in der Hand Milch ab.
Jeden Tag telefoniert sie mit ihrem Sohn, bespricht die Aufgaben des Tages und sorgt dafür, dass alles glatt läuft. "Er weiß, dass er sich auf mich verlassen kann", sagt sie und schüttet die Milch in eine Glasflasche.
Betrieb funktioniert nur als Gemeinschaftprojekt
Bereits im vergangenen Jahr nahm die Hofkäserei aus Drehnow für einige Tage an der Grünen Woche teil, bevor sie dieses Jahr ganz einstieg. Wenn das Team für eine große Veranstaltung wie die Grüne Woche unterwegs ist, kann der Hofbetrieb nur durch gemeinschaftliche Arbeit aufrechterhalten werden.
Während Waltraud Schallmea den Laden und die Produktion führt, unterstützt auch der befreundete Landwirt Sebastian Stein den Hofladen und versorgt in der Zwischenzeit die grauen Rinder Marke Tiroler Grauvieh, die hinter dem Gatter in den offenen Ställen auf dem Hof stehen.
Er hat einen landwirtschaftlichen Betrieb in Wolkow und ist für zehn Tage nach Drehnow gekommen, um zu helfen. "Meine Mutter ist selbständig, hat einen Pferde- und Reitbetrieb und ist deswegen sowieso die ganze Zeit da. Und meine Freundin ist auch zuhause, und den beiden habe ich das jetzt überlassen. Die kümmern sich um alles."
In Brandenburg ist es nicht ungewöhnlich, dass benachbarte Landwirte und Familienmitglieder bei Engpässen einspringen. Der Erfolg dieser kleinen und mittelständischen Betriebe hängt oft von einem gut funktionierenden Netzwerk ab, das sich gegenseitig unterstützt.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 22.01.2025, 19:30 Uhr