Berliner Zugbauer - Belegschaft protestiert gegen Sparpläne von Stadler
Der Unternehmens-Riese Stadler steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Um die Kehrtwende zu machen, hat der Konzern Sparmaßnahmen angekündigt – am Standort Berlin-Pankow erhebt sich Protest.
- Demonstration vor dem Stadler-Werk in Pankow
- Konzern hat Sparkurs angekündigt
- Belegschaft fürchtet um Jobs und Gehaltsverlust
- Gespräche zwischen IG Metall und Stadler am Freitag
- Berliner Senat zuversichtlich, dass bestellte Züge geliefert werden
Rund 1.200 Mitarbeiter des angeschlagenen Zugbauers Stadler haben am Mittag am Werk in Berlin-Pankow protestiert. Hintergrund waren angekündigte Sparmaßnahmen des Unternehmens. Stadler steckt in einer wirtschaftlichen Krise. Der Zug-Hersteller hat mit Lieferengpässen und der Inflation zu kämpfen.
Das Unternehmen hat mehrere Standorte in Berlin und Brandenburg. Am Montag hatte die Konzern-Führung einen Sparkurs angekündigt. Unternehmenssprecherin Julia Bülow erklärte, dass für die Sparmaßnahmen auch ein "Arbeitnehmeranteil" gebraucht werde.
Von der IG Metall hagelt es dafür Kritik. Die Belegschaft habe Sorgen, dass ein Teil der Sparmaßnahmen mit einem Gehaltsverzicht für die Mitarbeitenden oder einem Stellenabbau einhergehen könnten.
Krise trotz voller Auftragsbücher
Stadler zählt zu den größten Industrie-Arbeitgebern Berlins. Seit 2000 ist das Unternehmen in Berlin vertreten. Im Werk in Pankow arbeiten rund 1.700 Menschen. Im Jahr 2023 wurde eine Werks-Erweiterung für 95 Millionen Euro eröffnet. Stadler hat auch Standorte in Brandenburg.
Am Dienstag gab das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt, dass es eine "gute Auslastung und wichtige Zukunftsprojekte" gebe. Dennoch, so heißt es von Stadler-CEO Jure Mikolčić, stehe der Konzern wirtschaftlich unter Druck. "Denn nach wie vor leiden wir unter den gravierenden Folgen des Zusammenbruchs der Lieferketten infolge der Pandemie, dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den daraus resultierenden Preissteigerungen für Energie und Rohmaterial."
Die Inflation habe zu höheren Gehältern geführt. Trotz einer gut ausgelasteten Produktion sei es zu einer ungünstigen Verkettung verschiedener Faktoren gekommen, die "die wirtschaftliche Lage noch verschärft" hätten. Die Konzernführung hat deshalb ein umfassendes "Effizienz- und Sparprogramm" angekündigt.
IG Metall sieht Gesprächsbedarf
Bevor es um eventuelle Sparmaßnahmen gehe, möchte Jan Otto von der Gewerkschaft IG Metall zunächst andere Gespräche mit Stadler führen. "Wenn wir reden, dann reden wir erstmal über Standort- und Beschäftigungssicherung. Dass dieser Standort auch in 10 Jahren noch in Berlin ist", heißt es in einer Pressemitteilung der IG-Metall.
Bei Stadler hätten die Beschäftigten immer wieder auf Gehalt und eine Reduzierung der Arbeitszeit verzichtet, um das Unternehmen zu stärken, betont die IG-Metall in dem Schreiben. "Die längst fällige Angleichung an den Flächentarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie bei den Entgeltprozenten und der Arbeitszeit wurde immer wieder verschoben. Jetzt mit Teilstandortschließung zu drohen, ist nicht fair", so Jan Otto.
Verunsicherung in der Belegschaft
Roy Kleber arbeitet seit 15 Jahren bei Stadler. Er befürchtet erhebliche finanzielle Kürzungen. "Die werden uns das Urlaubsgeld wegnehmen und die werden uns das Weihnachtsgeld wegnehmen. Mein Lohn basiert auf Leistungszulagen und da wollen sie auch drangehen. Das geht nicht." Bislang sind das aber nur Vermutungen. Er möchte den Betrieb aber nicht verlassen, denn er sei der Firma dennoch verbunden.
Auch für Dirk Lamb, ebenfalls Mitarbeiter des Unternehmens, sei die Ankündigung des Sparkurses emotional gewesen, berichtet er. "Meine große Angst ist es, dass die ganzen fähigen Leute jetzt gehen." Dann sei Stadler noch geschwächter, als ohnehin schon, sagt er. "Meine große Hoffnung ist, dass es weitergeht."
Gespräche am Freitag
Wie genau dieser Arbeitnehmeranteil aussehen wird, sei Teil der Verhandlungen mit der IG Metall, sagt Unternehmenssprecherin Julia Bülow. Am Freitag sollen die Gespräche zwischen Stadler und der IG Metall stattfinden.
Für Jan Otto von der Gewerkschaft ist das ein entscheidender Tag: "Er hat Zeit bis Freitagfrüh, die entscheidenden Themen vom Tisch zu nehmen. Dann werden wir weitersprechen und sehen, wo wir am Ende landen. Klar ist: Stadler in Berlin muss eine Zukunft haben. Wir wollen eine Standortgarantie und wir wollen eine Beschäftigungssicherung!" Von Zukunft spricht auch Julia Bülow: "Unser Ziel ist es, hier weiterhin zukunftssichere Arbeitsplätze zu haben."
Senat rechnet weiterhin mit Lieferung von Wagen für neue Bahnen
Das Land Berlin, das noch auf zahlreiche bestellte Wagons von Stadler für neue S- und U-Bahnen wartet, ist unterdessen optimistisch, dass diese auch ausgeliefert werden. Zumindest äußerte sich Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) am Mittwochabend entsprechend in der rbb24 Abendschau.
Insgesamt warte man noch auf die schrittweise Auslieferung von 1.500 Wagen für S- und U-Bahnen. "Im März sollen nochmal Wagen geliefert werden, die zur Ausbildung dienen, und nach dem Sommer wird dann der Regelbetrieb aufgenommen", sagte Bonde. Über die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stehe der Senat in Kontakt mit Stadler. Die Lieferungen seien zugesagt worden und befänden sich bereits im Bau, so Bonde.
Sendung: rbb24 Abendschau, 26.02.2025, 19:30 Uhr.