Berliner Zugbauer - Belegschaft protestiert gegen Sparpläne von Stadler

Do 27.02.25 | 08:04 Uhr
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Archivbild: Die neue S-Bahn-Baureihe für Berlin bei der Fertigung im Stadler-Werk Berlin. (Quelle: dpa/Riedl)
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Video: rbb24 Abendschau | 26.02.2026 | Anja Herr | Bild: dpa/Riedl

Der Unternehmens-Riese Stadler steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Um die Kehrtwende zu machen, hat der Konzern Sparmaßnahmen angekündigt – am Standort Berlin-Pankow erhebt sich Protest.

  • Demonstration vor dem Stadler-Werk in Pankow
  • Konzern hat Sparkurs angekündigt
  • Belegschaft fürchtet um Jobs und Gehaltsverlust
  • Gespräche zwischen IG Metall und Stadler am Freitag
  • Berliner Senat zuversichtlich, dass bestellte Züge geliefert werden

Rund 1.200 Mitarbeiter des angeschlagenen Zugbauers Stadler haben am Mittag am Werk in Berlin-Pankow protestiert. Hintergrund waren angekündigte Sparmaßnahmen des Unternehmens. Stadler steckt in einer wirtschaftlichen Krise. Der Zug-Hersteller hat mit Lieferengpässen und der Inflation zu kämpfen.

Das Unternehmen hat mehrere Standorte in Berlin und Brandenburg. Am Montag hatte die Konzern-Führung einen Sparkurs angekündigt. Unternehmenssprecherin Julia Bülow erklärte, dass für die Sparmaßnahmen auch ein "Arbeitnehmeranteil" gebraucht werde.

Von der IG Metall hagelt es dafür Kritik. Die Belegschaft habe Sorgen, dass ein Teil der Sparmaßnahmen mit einem Gehaltsverzicht für die Mitarbeitenden oder einem Stellenabbau einhergehen könnten.

Krise trotz voller Auftragsbücher

Stadler zählt zu den größten Industrie-Arbeitgebern Berlins. Seit 2000 ist das Unternehmen in Berlin vertreten. Im Werk in Pankow arbeiten rund 1.700 Menschen. Im Jahr 2023 wurde eine Werks-Erweiterung für 95 Millionen Euro eröffnet. Stadler hat auch Standorte in Brandenburg.

Am Dienstag gab das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt, dass es eine "gute Auslastung und wichtige Zukunftsprojekte" gebe. Dennoch, so heißt es von Stadler-CEO Jure Mikolčić, stehe der Konzern wirtschaftlich unter Druck. "Denn nach wie vor leiden wir unter den gravierenden Folgen des Zusammenbruchs der Lieferketten infolge der Pandemie, dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den daraus resultierenden Preissteigerungen für Energie und Rohmaterial."

Die Inflation habe zu höheren Gehältern geführt. Trotz einer gut ausgelasteten Produktion sei es zu einer ungünstigen Verkettung verschiedener Faktoren gekommen, die "die wirtschaftliche Lage noch verschärft" hätten. Die Konzernführung hat deshalb ein umfassendes "Effizienz- und Sparprogramm" angekündigt.

IG Metall sieht Gesprächsbedarf

Bevor es um eventuelle Sparmaßnahmen gehe, möchte Jan Otto von der Gewerkschaft IG Metall zunächst andere Gespräche mit Stadler führen. "Wenn wir reden, dann reden wir erstmal über Standort- und Beschäftigungssicherung. Dass dieser Standort auch in 10 Jahren noch in Berlin ist", heißt es in einer Pressemitteilung der IG-Metall.

Bei Stadler hätten die Beschäftigten immer wieder auf Gehalt und eine Reduzierung der Arbeitszeit verzichtet, um das Unternehmen zu stärken, betont die IG-Metall in dem Schreiben. "Die längst fällige Angleichung an den Flächentarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie bei den Entgeltprozenten und der Arbeitszeit wurde immer wieder verschoben. Jetzt mit Teilstandortschließung zu drohen, ist nicht fair", so Jan Otto.

Verunsicherung in der Belegschaft

Roy Kleber arbeitet seit 15 Jahren bei Stadler. Er befürchtet erhebliche finanzielle Kürzungen. "Die werden uns das Urlaubsgeld wegnehmen und die werden uns das Weihnachtsgeld wegnehmen. Mein Lohn basiert auf Leistungszulagen und da wollen sie auch drangehen. Das geht nicht." Bislang sind das aber nur Vermutungen. Er möchte den Betrieb aber nicht verlassen, denn er sei der Firma dennoch verbunden.

Auch für Dirk Lamb, ebenfalls Mitarbeiter des Unternehmens, sei die Ankündigung des Sparkurses emotional gewesen, berichtet er. "Meine große Angst ist es, dass die ganzen fähigen Leute jetzt gehen." Dann sei Stadler noch geschwächter, als ohnehin schon, sagt er. "Meine große Hoffnung ist, dass es weitergeht."

Gespräche am Freitag

Wie genau dieser Arbeitnehmeranteil aussehen wird, sei Teil der Verhandlungen mit der IG Metall, sagt Unternehmenssprecherin Julia Bülow. Am Freitag sollen die Gespräche zwischen Stadler und der IG Metall stattfinden.

Für Jan Otto von der Gewerkschaft ist das ein entscheidender Tag: "Er hat Zeit bis Freitagfrüh, die entscheidenden Themen vom Tisch zu nehmen. Dann werden wir weitersprechen und sehen, wo wir am Ende landen. Klar ist: Stadler in Berlin muss eine Zukunft haben. Wir wollen eine Standortgarantie und wir wollen eine Beschäftigungssicherung!" Von Zukunft spricht auch Julia Bülow: "Unser Ziel ist es, hier weiterhin zukunftssichere Arbeitsplätze zu haben."

Senat rechnet weiterhin mit Lieferung von Wagen für neue Bahnen

Das Land Berlin, das noch auf zahlreiche bestellte Wagons von Stadler für neue S- und U-Bahnen wartet, ist unterdessen optimistisch, dass diese auch ausgeliefert werden. Zumindest äußerte sich Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) am Mittwochabend entsprechend in der rbb24 Abendschau.

Insgesamt warte man noch auf die schrittweise Auslieferung von 1.500 Wagen für S- und U-Bahnen. "Im März sollen nochmal Wagen geliefert werden, die zur Ausbildung dienen, und nach dem Sommer wird dann der Regelbetrieb aufgenommen", sagte Bonde. Über die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stehe der Senat in Kontakt mit Stadler. Die Lieferungen seien zugesagt worden und befänden sich bereits im Bau, so Bonde.

Sendung: rbb24 Abendschau, 26.02.2025, 19:30 Uhr.

27 Kommentare

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  1. 27.

    Ich weiß ja nicht, was für eine Wikipedia Sie benutzen, aber in der öffentlich zugänglichen Wikipedia ist Stadler ein selbstständiger Konzern und Alstom hat nicht Stadler übernommen, sondern Bombardier.

    Lesen Sie doch einfach den Wikipedia-Artikel über Peter Spuhler: Ihm gehören 42% der Stadler-Anteile. Damit ist er größter Aktionär. Sein Vermögen wird auf 4,3 Milliarden Franken geschätzt. Mit Traktionssysteme Austria hat er jedoch nichts zu tun. Die sind nur Zulieferer - nicht nur für Stadler übrigens.

  2. 26.

    Na da werden wohl die Mitarbeiter in Valencia und Madrid gut zuhören. Momentan ist ja nun auch endlich die erste neue Strassenbahn auf dem Weg von Madrid nach Potsdam....per Diesel LkW !!! Plus BF 3 mit Verbrennermotor.....

  3. 25.

    Alleine der BVG Großauftrag für die U Bahn der Baureihe J und Jk bringt Stadtler doch ca 3 Milliarden
    Dazu haben die viele andere Aufträge

    Hier von wirtschaftlichen Probleme, Lohnverzicht und ggf Entlassungen, falls keine Einsparungen Erfolgen zu sprechen ist unverantwortlich und ne Sauerei

  4. 24.

    Ja lieber Haupteigentümer Stadler Deutschland wurde an Adtranz verkauft und das dann an Bombardier und das dann an Alstom, aber nicht das Werk in Berlin Pankow, dass ging an Stadler Rail

  5. 23.

    woher wissen Sie das Peter Spuhler Haupteigentümer ist. ihm gehören wahrscheinlich die Traktionsysteme Austria die wohl bei Stadler verbaut werden, aber Stadler gehört wohl zu Alstom lt wikipedia.

  6. 22.

    Ja, Stadler hat Probleme. Zum Einen mit Vertragsstrafen wegen verspäteter Auslieferung, zum Anderen wurden sie im vorigen Jahr gleich durch drei Naturkatastrophen in der Schweiz und in Spanien zurückgeworfen. Aber gefährdet ist der Konzern keineswegs, im Gegenteil. Die Auftragsbücher sind so voll, dass man kaum weiß, wie man sie abarbeiten soll: Intercitys für Norwegen und Österreich, Regionalbahnen für Brandenburg und Mecklenburg, Straßenbahnen für Rostock, U-Bahnen für Berlin, S-Bahnen für Spanien ...

    Der Haupteigentümer Peter Spuhler hat jedoch Fertigungskapazitäten in Polen, Belarus und Ungarn gekauft. Und die will er gegen die Beschäftigten in Berlin ausspielen, weil seine Gewinnerwartungen nicht eintreffen. Spuhler ist Milliardär, aber deutschen Tariflohn will er sich nicht leisten. Vom Hauptstadtsender erwarte ich eigentlich, dass er solchen Hintergründen nachgeht, statt einfach nur die Erzählung der Konzernführung wiederzugeben.

  7. 21.

    Zitat: "Pandemie und russischer,, Angriffskrieg" das ich nicht lache . . ."

    Worüber genau lachen Sie? Über die Tatsache, dass Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, was Sie in Anbetracht Ihrer Anführungsstriche-Zeichensetzung offenbar für eine Falschbehauptung halten? Oder etwa darüber, dass die infolge der Corona Pandemie zusammengebrochenen internationalen Lieferketten noch nicht wieder hergestellt sind und aus verschiedensten Gründen wohl auch nicht mehr so wie bis dahin funktionieren werden?

    Aber klar, die Deutsche Industrie hat sich leichtfertig mit den Links-Grünen ins Bett gelegt und dafür zahlen die Angestellten nun die Zeche. So einfach ist die bzw. Ihre Welt, ne Mike Ebert.

  8. 19.

    Was der RBB geflissentlich ausblendet: Es gab bei Stadler massive selbst verschuldete Probleme mit der Software der Zuggarnituren. Dies verhinderte die Auslieferung der dringend benötigten Züge an die BVG. Und durch die Verzögerung waren das Werk in Pankow und die der Zulieferer nicht mehr ausgelastet.

    Im Klartext: ein klassischer Managementfehler, der eine Kettenreaktion ausgelöst hat. Die erhöhten Energiekosten und Lieferengpässe haben das Problem nicht verursacht, sondern „nur“ verstärkt. Aber schön, dass die Facharbeiterinnen und Facharbeiter die Zeche zahlen.

    Stadler kann froh sein, dass die BVG den Hersteller für die so verursachten Probleme nicht in die Verantwortung nimmt. Wir alle - die Fahrgäste - kämpfen jeden Tag mit den Folgen!

  9. 18.

    Ich habe den Text gestern quasi im TV gesehen. Man kann es nicht verstehen. Der geplagte Öffi-Nutzer wartet sehnsüchtig auf die a la "Ein Schiff wird kommen...." neuen Wagen. Auch wenn sie technisch und in der Größe und Gestaltung von den wirklich schönen Zügen des S-Bahn auf dem Ring untersceiden werden -- es wird wirklich Zeit, Fr. Bonde. Reden Sie schon jetzt mit dem Management. Jeder Unternehmer hat auch eine gesellschadhftliche Verantwortung. In soofern bleibt unverständlich warum man nun schon jahrelang auf die Zäüge warten muss, die dann so wohl in eher homöopathischen Dosen "eingeflottet" werden. In diesem Wort ist auch flott enth.! Als Synonym für 'Beweg dich', komm voran! Wollen wir alle hoffen, dass es so kommt u. der Fa. mit dem Produkt auch andere Bedarfe in der EU bedienen kann. Aber lasst sie endlich hier erst mal laufen. So hilft man der Belegschaft am besten! Und Werbung am funktionierenden. Objekt soll bekanntl. überzeugen!

  10. 17.

    Um es mit den Worten von Herrn Grupp zu sagen, das ist Sache des Management. Das hat hier versagt.

  11. 16.

    Ein Wunder, wie Deutschland zur europäischen Wirtschaftsnation Nr.1 wurde, vor lauter Sorgen, Nöten, Ängsten, Empfindlichkeiten...

  12. 15.

    Natürlich sind die Löhne an der Misere schuld! Eine völlig überbewerte Meinung. Der Lohnanteil am Endprodukt beträgt oft nur 10-20 % der Gesamtkosten,. Steigt das Gehalt beziehungsweise Lohn um 10 %, was in der Regel nicht der Fall ist, steigen die Kosten für das Endprodukt lediglich um 1 bis 2 %. Lohnsteigerungen sind planbar und sollten somit im Endpreis bereits eingepreist sein. Zumindest wenn man seriös arbeitet!
    Der wesentliche Kostentreiber dürften die Energiekosten und Rohstoffkosten sein.

  13. 14.

    Das ist einer von vielen Faktoren laut Artikel. Und gerade die Bahnbranche hat leider nicht die Lobby im Autoland, so könnte man eben auch Nachfrage generieren. Da aber wird mit der nächsten Regierung nichts bis noch weniger als bisher passieren,

  14. 13.

    Was sollen denn die Arbeitgeber auch machen , explodierende Löhne bei weniger Arbeitszeit und Urlaub.
    Diese Frage sollte jeder für sich beantworten und daran denken die Arbeitslosigkeit könnte steigen.

  15. 12.

    Man kann es nicht mehr hören, geschweige lesen.
    Aber mit dieser „ tollen Koalition „ gehts ab Ostern so richtig steil nach oben. Bravo Germany !!!

  16. 11.

    Am schlimmsten ist die Verkehrssenatorin am Ende vom Video zu ertragen. Und von unserer Wirtschaftssenatorin ist gar nichts zu hören. Ich möchte nicht wissen, wieviel Kohle Stadler an Wirtschaftsförderung eingesackt hat.
    Und nun fährt immer noch keiner der bestellten U-Bahn-Züge, während die Mitarbeiter um ihre Jobs bangen.
    Politik und Wirtschaft scheinen den Schuss immer noch nicht gehört zu haben.

  17. 10.

    >"Und neue Züge für die Systeme Nord-Süd und Stadtbahn können erst bestellt werden, wenn der VBB endlich Mal über die entsprechende Ausschreibung entscheidet. Die im übrigen wieder Mal verschoben wurde."
    Weil wegen der Ausschreibung noch gerichtliche Verfahren laufen. Darauf hatte der Senat auch nicht so einen Einfluss. Teilweise ist schon richtig, dass der Senat die S-Bahnlinien in Teillose für den Betrieb ausgeschrieben hat. Das ist organisatorisch für dieses Gesamtsystem Berliner S-Bahn natürlich totaler Blödsinn. Kommen werden die neuen Züge aber auf alle Fälle, so oder so. Dass es in Deutschland nicht mehr so schnell geht wie gaaaanz früher, müssen wir mit Geduld wohl hinnehmen. Letztendlich sind wir Wähler ja auch mit Schuld, weil wir mit jeder neuen Wahl so alle 4 bzw. 5 Jahre eine neue politische Richtung wollen. Für weitsichtige und nachhaltige Projekte sind solche kurzen Zeiträume nicht geeignet.

  18. 9.

    Er hat da schon Recht.
    Die Auslieferung der Baureihe 483/484 für das System Ring ist beendet. Dazu gab es sogar einen Betrag beim rbb.
    Und neue Züge für die Systeme Nord-Süd und Stadtbahn können erst bestellt werden, wenn der VBB endlich Mal über die entsprechende Ausschreibung entscheidet. Die im übrigen wieder Mal verschoben wurde.
    Also erstmal richtig informieren und dann andere berichtigen.

  19. 8.

    >"Die S-Bahn Berlin braucht zeitgemäße Züge. Aber solange der Senat keine Entscheidung trifft werden keine Züge gebaut."
    Die Entscheidung wurde schon vor Jahren getroffen. Natürlich werden neue S-Bahnen gebaut bei Stadler für die Berliner S-Bahn. Die Baureihen 483/484 laufen schon auf S-Bahn Linien und monatlich werden es mehr neue Züge.
    Bitte erst informieren! Aber Hauptsache erstmal losmeckern...

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