Spree-Neiße - Platzen die Pläne vom grünen Kerosin aus Drewitz?

Fr 07.02.25 | 11:00 Uhr
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Archivbild: Luftaufnahme des Verkehrslandeplatzes Cottbus-Drewitz, aufgenommen am 15.07.2014. (Quelle: dpa-Zentralbild/Michael Helbig)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 07.02.2025 | Aspasia Opitz | Interview: Andreas Rausch | Bild: dpa-Zentralbild/Michael Helbig

Die Vision des Unternehmens Hy2Gen, in Drewitz grünes Kerosin herzustellen, droht zu scheitern. Das Unternehmen liegt nicht mehr im Zeitplan und kämpft mit Rückschlägen. Wenn überhaupt, muss die Produktion wohl kleiner als geplant ausfallen. Von Aspasia Opitz

Eine der ersten Produktionsstätten für grünes Kerosin überhaupt - und das im brandenburgischen Drewitz (Landkreis Spee-Neiße). So lautete der Plan von Hy2Gen. Das Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden, das weltweit Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff und wasserstoffbasierten Kraftstoffen betreibt, wollte schon 2024 mit dem Bau einer Anlage zur Produktion von grünem Flugtreibstoff auf dem klimaneutralen Green Areal Lausitz (GRAL) in Drewitz beginnen. Doch die hochfliegenden Pläne könnten ins Wanken geraten.

Ursprünglich sollte die Anlage mit Strom aus erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff den umweltfreundlicheren Kraftstoff herstellen. Diese sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF), also nachhaltige Flugkraftstoffe, sollten dabei durch einen Elektrolyseur hergestellt werden, der ausschließlich mit erneuerbaren Energien arbeitet.

Unter dem Projektnamen "Jangada" sollte diese Anlage anfänglich 128.000 Tonnen grünen Wasserstoff sowie 32.000 Tonnen grünes Kerosin pro Jahr für Kunden in Deutschland produzieren. Ziel ist laut Unternehmensangaben der Aufbau eines regionalen Wertschöpfungskreislaufs.

Doch genau diese Pläne stehen nun vor erheblichen Hürden.

Nicht genügend grüner Strom vorhanden

Das letzte Jahr sei für das Unternehmen herausfordernd gewesen, sagt Hy2Gen-Projektleiter Chuma Francis Kanis. Schon seit Oktober 2023 hat er auf dem Gelände Büroräumlichkeiten angemietet. Das geplante Projekt von Hy2Gen, grünes Kerosin in Drewitz zu produzieren, könnte nun möglicherweise vor dem Aus stehen, sagt er. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass das Unternehmen nicht wie versprochen den benötigten grünen Strom erhalte, der für die Produktion des nachhaltigen Kraftstoffs unerlässlich ist.

Das Energieunternehmen ENERTRAG, das plant, das gesamte Industriegebiet GRAL mit einem nachhaltigen Energiekonzept zu versorgen, könne die erforderliche Menge an grünem Strom für das Unternehmen Hy2Gen nicht liefern, erklärt Kanis. Auch die schon auf dem Gelände befindliche Photovoltaik-Anlage reiche nicht für den Betrieb der Raffinerie aus. Der ursprünglich konzipierte Bedarf an grünem Strom sei zu ambitioniert gedacht. Man müsse nun eine kleinere Anlage planen, sagt der Projektleiter.

Fehlende Anbindung an Wasserstoffkernnetz

Zudem werde das Industriegebiet in Drewitz auch nicht wie geplant bereits 2030 an das Wasserstoffkernnetz angeschlossen, was eine weitere Schlüsselvoraussetzung für die Umsetzung des Projekts darstellt.

Die Bundesnetzagentur hatte im Oktober 2024 ein Wasserstoffkernnetz mit einer Gesamtlänge von 9.040 Kilometern genehmigt. Dieses besteht zum überwiegenden Teil, rund 60 Prozent, aus umfunktionierten Erdgasleitungen. Eine Anbindung dieses Kernnetzes soll, laut heutiger Planung der Bundesnetzagentur, von Berlin über Rüdersdorf und Eisenhüttenstadt bis nach Spreetal in der Lausitz gebaut werden. Diese Leitung würde auch Drewitz erreichen und einen klaren Standortvorteil darstellen. Allerdings gibt es bislang keinen Vorhabenträger für diese neu zu bauende Wasserstoffleitung.

Diese unerwarteten Rückschläge gefährden die wirtschaftliche Machbarkeit der Drewitzer Anlage und stellen die Zukunft des Projekts zunehmend in Frage. Ärgerlich sei, so Hy2Gen-Projektleiter Chuma Francis Kanis, dass das fertige Konzept nun erneut überarbeitet werden müsse. Er sei so komplett auf Null zurückgeworfen worden, sagt er: "Das ist das Schlimmste, was passieren kann."

Weitere Unternehmen auf dem GRAL produzieren noch nicht

Hy2Gen setzt auf die langfristige Entwicklung der Technologie und auf eine mögliche verstärkte politische Unterstützung für klimafreundliche Alternativen. Die Landesregierung glaubt offenbar weiter an das GRAL und die dortigen Vorhaben. Auf Nachfrage des rbb betonte Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD), dass das Land sich aktiv für eine flächendeckende Verteilung von grünem Wasserstoff einsetzen werde. Keller mahnte jedoch an, dass die ausstehenden Entscheidungen der Bundesnetzagentur und der Bundesregierung dringend getroffen werden müssten, da die aktuellen Verzögerungen für Unternehmen, die in Brandenburg investieren wollen, problematisch seien. Zudem bekräftigte Keller, dass er eine positive Zukunft für das GRAL sehe.

In Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Landes wolle man das Areal gezielt fördern und weiterentwickeln, so Keller. Bisher haben neben Hy2Gen auch weitere Unternehmen Interesse bekundet, sich auf dem Industriegelände in Drewitz anzusiedeln. Schon im Oktober 2023 hatte der rbb auf Nachfrage erfahren, dass beispielsweise das Unternehmen "Bton" aus Soltau im Industriepark eine Produktion für klimapositiven Beton aufbauen will. 25 Millionen Euro wollte das Unternehmen investieren, so Geschäftsführer Thomas Demmel damals. Produktionsstart für den CO2-neutralen Beton sollte schon im Frühjahr 2025 sein. Allerdings ist auch hier bislang noch keine Produktionshalle in Aussicht.

Hy2Gen will noch nicht aufgeben

Hy2Gen-Projektleiter Chuma Francis Kanis bleibt trotz der Rückschläge optimistisch. "Verlässlichkeit in Absprachen, gewisse wirtschaftliche Grundbedingungen, der politische Rahmen, die Pipeline, die Stromversorgung", das alles sei ihm wichtig, so Kanis, damit sein Projekt trotzdem noch funktionieren kann. Er hält am Standort fest, denn "es gäbe hier Flächen, es gibt einen rechtskräftigen Bebauungsplan (...) und die Gemeinde Peitz baut hier auch einen Güterbahnhof", sagt Kanis.

Das neue Konzept, das die Machbarkeit einer deutlich kleineren Kerosin-Raffinerie herausarbeiten soll, soll Ende 2025 fertiggestellt sein. Die geplante Anlage zur Produktion von grünem Kerosin wird Hy2Gen aber erst dann bauen, wenn klar ist, woher der grüne Strom kommt – vor 2028 wird es, so Chuma Francis Kanis, keinen grünen Treibstoff aus Drewitz geben.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 07.02.2025, 19:30 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Wo ist denn MP Lausitz, mit seinem großen Geldkoffer ??
    Da sind doch sicherlich, noch ein paar Milliarden Euros an Strukturgeldern oder wenigstens als Fördermittel übrig !
    MP Lausitz, wird schon mit dem großen Geldkoffer vorbeikommen, da sehe Ich überhaupt keine Probleme - da braucht sich hier Niemand, Sorgen machen, LG.

  2. 16.

    Die im CDA organisierten Arbeitnehmer in Duisburg sehen das allerdings anders als Sie. Die haben äebenso woe Habeck verstanden, dass der Industriestandort nur mit grünem Stahl eine Zukunft hat.

  3. 15.

    "Eine offene Diskussion ist nicht erwünscht und nicht erlaubt." Von linksgrünen Vorgaben lasse ich mich nicht beeindrucken. Ob Habeck überhaupt noch der neuen Regierung angehören wird, bleibt abzuwarten, Zuletzt beim Stahlgipfel in Duisburg hatte Habeck wieder betont, wie wichtig Importe von Wasserstoff, beispielsweise aus Norwegen, sind, Noch nicht mal eine Woche später steigt der norwegische Energiekonzern Equinor steigt aus einem Milliardenprojekt mit Deutschland aus. Eine dicke Schlappe für Wirtschaftsminister Robert Habeck.

  4. 14.

    Selbst Greenpeace und der BUND setzen sich offen mit dem für und wieder auseinander. Von "nicht erwünscht" oder "Verboten" kann keine Rede sein. Das die Kosten pro Kg ohne massive Subventionen so hoch sind, das sie jeden vernünftigen wirtschaftlich Rahmen sprengen ist auch bekannt. Aber "verteufeln" würde ich diese Technologie trotzdem nicht. Das wurde auch schon bei anderen Dingen viel zu oft zu früh gemacht - und jetzt wird hier im Lande in so manchen Ecken gejammert. Vll. findet noch einer "den Stein der Weisen".
    Ich würde mal hier ""Verlässlichkeit in Absprachen, gewisse wirtschaftliche Grundbedingungen, der politische Rahmen, die Pipeline, die Stromversorgung"," anfangen zu suchen.

  5. 13.

    Sie verwechseln Habeck mit Spahn (grünes Heizöl statt Wärmepumpe) und Lindner (E-Fuels statt E-Autos).

  6. 12.

    Die überwiegende Anzahl der Kommentare lässt darauf schließen, dass die Grünen irgendwo zwischen kritisch und extremer Ablehnung eingeordnet werden. Nun bringen freie und geheime Wahlen (die wir alle befürworten) eben auch den Grünen Stimmen. Ich verorte das unkritische Stammklientel bei gut 10%. Eigentlich wären das Außenseiter mit Null-Chance auf Übernahme von Verantwortung und dennoch haben sie die letzten drei Jahre regiert. Wir müssen damit leben, dass andere Menschen Täuschung, teilweise Betrug und in jedem Fall Vetternwirtschaft als nicht gravierend bewerten und wieder Grün wählen wird. Meine ganze Hoffnung richtet sich darauf, dass es nicht zu Schwarz-Grün kommen wird. Aber bisher wurde ich immer enttäuscht. Wenn ich mal ganz in Ruhe nachdenke, dann hat die Politik in den letzten 20 Jahren ganz speziell für mich und meine Familie absolut nichts positives hervorgebracht. Egal auf welchem Teilgebiet, es ist nichts besser geworden.

  7. 11.

    Ihren kritischen Duktus zum Thema "grüner Wasserstoff" teile ich. Dass Habeck kein Fachmann auf irgendeinem der maßgeblichen Teilgebiete ist, darf man wohl noch sagen ohne dass man einem Polizeikommando mit seinem Bademantel die Haustür öffnen muss. Es wird sich nach der Wahl in 16 Tagen alles neu ordnen. Nicht nur hy2gen wird Pleite gehen, die kritischen Stimmen zur Energiepolitik von Habeck werden lauter. Das Hamburger Wasserstoff-Unternehmen HH2E, das als Vorzeigebeispiel für die grüne Transformation der deutschen Wirtschaft galt, musste Insolvenz anmelden. Damit stehen mehrere Großprojekte zur Produktion von grünem Wasserstoff auf der Kippe.

  8. 10.

    Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Aber in anderen Gegenden der Welt ist nunmal nicht hier. Hier gibt es nur gelegentlich (über den Sommer, im Winterhalbjahr gar nicht) einen Überschuss an Erneuerbaren. Das reicht nicht, um es verlässlich zu machen und der Transport aus dem Ausland zerstört jede Wirtschaftlichkeit.

  9. 9.

    2.Versuch! Grüne Träume platzen gerade viel und schnell. Gut so!

  10. 8.

    "Die meisten Fachleute wissen das auch, aber niemand traut sich die Wahrheit zu sagen, weil er dann als ewig Gestriger abgestempelt wird. Eine offene Diskussion ist nicht erwünscht und nicht erlaubt."

    Ich Empfinde die Debatte zum Thema Wasserstoff eigentlich als recht offen und sachlich. Inzwischen ist es bspw. wissenschaftlicher und politischer Konsens, dass Wasserstoff-PKW aufgrund der angesprochenen Ineffizienz keine Zukunft haben, auch wenn das manch bayerischer Wirtschaftsminister anders sehen mag (oder war es sein Bruder?). Das bedeutet aber nicht, dass es für Wasserstoff und Wasserstoffprodukte keine sinnvolle Anwendungen gibt, eben weil grüner Strom in manchen Teilen der Welt kostengünstig und in rauen Mengen hergestellt werden kann, und man gleichzeitig mit E-Antrieben in vielen Bereichen schnell an seine Grenzen kommt.

  11. 7.

    Wenn ich schon wieder von irgendwelchen angeblichen Versprechungen lese, ahne ich, woran das Projekt scheitern wird, nämlich an mangelhafter Kommunikation. Enertrag ist ein engagiertes Brandenburger Unternehmen, welches auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien zwar tolle und innovative Dinge macht, aber irgendwie will ich nicht glauben, dass sie sich bei der Versorgung des Areals verkalkuliert haben oder etwas versprochen haben, was sie nicht halten können. Vielleicht muss der frischgebackene Wirtschafts- und Energieminister mal nach Drewitz fahren, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen und eruieren was geht und was nicht, bevor das nächste Luftschloss gebaut wird.

  12. 6.

    Wieviel Fördermittel sind auf dem Areal in den letzten 20 Jahren schon versickert . Scheint ein Cargo- Lüfter der Lausitz zu sein.

  13. 5.

    Es gibt keinen grünen Wasserstoff. Alternativ könnte man blauen Wasserstoff in Erwägung ziehen. Herr Keller macht das was in Brandenburg, in der Landesregierung typisch ist, andere "sollen", in diesem Fall wieder mal der Bund. Feststeller und gönnerhaft Anmutende gibt es viele.

  14. 4.

    Vielleicht sollte Brb das Geld besser hierfür, als bei T in Grünau investieren....hätte auch den Vorteil, dass nicht gewisse Einzelpersonen davon profitieren und ggf. die Marschrichtung vorgeben.

  15. 3.

    Es wird nicht nur vor 2028 keinen grünen Wasserstoff aus Drewitz geben, es wird nie grünen Wasserstoff geben. Das ganze Vorhaben ist völlig unrealistisch, weil der grüne Wasserstoff so schweineteuer ist, dass ihn niemand bezahlen kann, will und wird. Der Wirkungsgrad ist unterirdisch schlecht und lässt sich auch nicht großartig verbessern. Das nennt man Totgeburt. Indirekt sagt das auch der Unternehmer, denn er baut auf politische Unterstützung. Das heißt Subventionen bis in alle Ewigkeit. Irgendwann ist das Geld alle. Spätestens dann fallen alle grünen Träume in sich zusammen. Die meisten Fachleute wissen das auch, aber niemand traut sich die Wahrheit zu sagen, weil er dann als ewig Gestriger abgestempelt wird. Eine offene Diskussion ist nicht erwünscht und nicht erlaubt.

  16. 2.

    Ist bei der Genehmigung und Planung dieses Projektes überhaupt mal kalkuliert worden, wieviel grünen Strom man für eine wirtschaftliche Menge Wasserstoff braucht, um daraus grünes Kerosin zu fertigen. Denn auch die Industrie möchte von fossilen Brennstoffen auf Wasserstoff umsteigen. In Brandenburg mag ja Platz für Windräder und Solaranlagen sein, aber wäre es nicht wirtschaftlicher dieses grüne Kerosin im Ausland zu produzieren.

  17. 1.

    Das scheint alles eine riesige Luftnummer zu sein. Und Schuld haben natürlich die anderen.

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