7 statt 19 Prozent Mehrwertsteuer - Gastronomen werden Steuersenkung wohl nicht an Gäste weitergeben

So. 20.04.25 | 08:15 Uhr
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Das Kartenlesegerät in einem Café. (Quelle: dpa/Sina Schuldt)
Video: rbb24 Abendschau | 20.04.2025 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Sina Schuldt

Die neue Bundesregierung will die Mehrwertsteuer in der Gastronomie senken. Speisen und Getränke dürften aber kaum günstiger werden. Für den Berliner Landeshaushalt bedeutet die Steuersenkung zudem deutlich weniger Einnahmen. Von Tobias Schmutzler

Von 19 auf sieben Prozent will die neue Bundesregierung von Union und SPD die Mehrwertsteuer in der Gastronomie ab 2026 senken. An dieser Maßnahme werden die meisten Wirte nichts verdienen, sagt der Hotel- und Gastronomieverband Berlin. Die Steuererleichterung gleiche lediglich die in manchen Geschäftsbereichen in den letzten Jahren um gut dreißig Prozent gestiegenen Kosten aus, so Hauptgeschäftsführer Gerrit Buchhorn.

"Also, günstiger werden Essen und Trinken mit Sicherheit nicht – aber auch nicht teurer", sagt Jan Philipp Bubinger. Die geplante Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie werde in erster Linie gebraucht, um die Kostensteigerungen der letzten Jahre aufzufangen, so der Geschäftsführer der "Ständigen Vertretung" am Schiffbauerdamm.

"Wir haben hier in diesem Betrieb achtzig Menschen zu bezahlen – und müssen dementsprechend auch gucken, dass wir diese Leute halten und weiter unsere Mieten bezahlen können, um an diesem Standort zu bleiben." Gut eintausend Essen gehen in der "Ständigen Vertretung" am Spreeufer an stark besuchten Tagen, wie am Osterwochenende, über den Tisch.

Preissenkungen wohl höchstens in Einzelfällen

Ohne die Steuersenkung hätten viele Wirte im kommenden Jahr wahrscheinlich ihre Preise erhöhen müssen, meint Gerrit Buchhorn. Nun würde die Maßnahme dazu führen, dass die meisten ihre Preise wohl konstant halten werden. "Es gibt sicherlich auch den einen oder anderen Betrieb, der nochmal mit dem Bleistift nachkalkuliert und sagt: Ich geb doch was an den Kunden weiter", sagt der Verbandschef. "Das ist aber am Ende des Tages eine unternehmerische Entscheidung."

Steuersenkung kostet Landeshaushalt viele Millionen Euro

In jedem Fall ist die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie eine der Maßnahmen der neuen Bundesregierung, die die Bundesländer viel Geld kosten werden. Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer fließen an die Länder. Für Berlin heißt das ab kommendem Jahr: "Die geplante Absenkung wird in Berlin voraussichtlich zu einem hohen zweistelligen Millionenbetrag an Mindereinnahmen pro Jahr führen", schreibt die Senatsverwaltung für Finanzen dem rbb. Es könnten also etwas unter 100 Millionen Euro weniger pro Jahr in die Landeskasse fließen.

Aus Sicht der oppositionellen Linken hat das bittere Folgen. "Da kann man sagen: Das sind zwei Schulen, für die im Landeshaushalt dann das Geld fehlt", kritisiert Steffen Zillich, finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus. "Das ist natürlich überhaupt nicht gerechtfertigt, wenn das einfach auf Kosten der Länder gemacht wird. Mindestens müsste man sich mal zusammensetzen und die Auswirkungen gerecht verteilen – aber das hat die Bundesregierung offensichtlich nicht vor", so Zillich.

Steuerzahlerbund: "Berlin hat eher Ausgaben- als Einnahmenproblem"

Der Bund der Steuerzahler in Berlin findet dagegen nicht, dass es sich bei der Steuersenkung um eine ungerechte Maßnahme handelt. Er sieht die Verantwortung vor allem beim Land Berlin selbst, seine Ausgaben besser zu ordnen: "Auch wenn die Entlastung bei den Gastronomieunternehmen erst einmal zu Mindereinnahmen im Landeshaushalt führt, muss man festhalten, dass Berlin eher ein Ausgaben- als ein Einnahmenproblem hat", so Alexander Kraus vom Steuerzahlerbund.

In der "Ständigen Vertretung" rechnet Geschäftsführer Jan Philipp Bubinger schon durch, was die weiteren geplanten Maßnahmen der Bundesregierung für den Betrieb bedeuten würden. Während die von Kritikern als "Steuergeschenk" kritisierte Mehrwertsteuersenkung dem Restaurant höhere Einnahmen bringt, wird die geplante Mindestlohnerhöhung zugleich wieder gestiegene Kosten auslösen. Denn wenn der Mindestlohn steigt, müsse für alle Beschäftigten im Betrieb der Lohn angehoben werden – auch für die Besserbezahlten, um den Abstand zum Mindestlohn zu halten, so Bubinger. Und so könnte die Umsatzsteuersenkung ab 2026 am Ende auch für die Wirte ein Nullsummenspiel werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 20.04.2025, 19:30 Uhr

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87 Kommentare

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  1. 87.

    Ich sammle schon jetzt Speisekarten zum Vergleich und werde dann nur noch bei den "Einzelfällen" einkehren welche die 12% an ihre Kunden durchreichen.

  2. 86.

    wer kann und möchte wird auch weiter Restaurants besuchen , ist doch jedem freigestellt

  3. 85.

    Im Abendschau Bericht ist mehrmals von Getränken die Rede. Mit der Frage, ob die wirklich billiger werden. Die haben aber auch im Laden 19% und sollen, so war meine letzte Information, auch in der Gastro so so bleiben. Würde auch mehr Sinn ergeben und die Senkung der USt. auf Lebensmittel auch rechtfertigen um das USt. System etwas zu vereinfachen.

  4. 83.

    Die meisten müssen aufgeben weil die Mieten unbezahlbar geworden sind! Da nützt es auch nichts das ich beim Großhändler einkaufen darf.

  5. 82.

    Also jede gute Gastronomie die ich kenne, ist in der Regel auch gut besucht oder ausgebucht. Da gibt es keinen Grund mit Steuersenkungen Leute anzulocken, besonders wenn diese sowieso nicht weitergegeben wird.

  6. 81.

    Ja, natürlich sind die Lebensmittel- und Energiepreise gestiegen und befinden sich weiterhin im Aufwind - das geht indes nicht nur den Gastronomiebetrieben so, sondern auch den privaten Haushalten. Allein an den (ebenfalls gestiegenen) Lohnkosten kann noch kräftig gespart werden, und zwar indem künftig noch öfter (und zwar mit viel Liebe und Leidenschaft) zu Hause gekocht und gemütlich gegessen wird. Lieber hochwertige Produkte selbst einkaufen und kreativ zubereiten, den Tisch schön decken, die Lieblingsgetränke dazu kredenzen, und die z. T. maßlos überteuerte Gastronomie darf gerne auf unseren Besuch verzichten. Außerdem bedrängt uns niemand, wenn wir nach zwei oder mehr Stunden noch immer am Tisch sitzen. Die Mehrwertsteuer im Restaurant interessiert mich insoweit auch nur noch am Rande - allein der Markt wird die Gastroszene schon selektieren.

  7. 80.

    Nennen Sie mir nur einen Betrieb, wo das der Fall ist. Falls Sie das können, dann zeigen Sie das an. Oder fragen Sie mal nach, wo und um wieviel Lidl und Aldi ihre Steuerbelastung senken können. Dann schauen Sie sich die Liste der reichsten Deutschen an und stellen fest, wer in den letzten Jahrzehnten immer reicher wurde, weil der Lebensmittelhandel ja fast schon ein Verlustgeschäft geworden ist. Spoiler: Es sind nicht die kleinen Agrarproduzenten weltweit.

  8. 79.

    Gastronomie wird aussterben.
    Für uns ist Gastronomiebesuch purer Luxus.
    Da können die mir uns noch so oft mit das "die Rohstoffe, Energiekosten gestiegen sind dazu auch noch der Mindeslohn".
    Weizen, Raps, Honig, Öl und Gas sind so billig wie Jahre schon nicht, selbst wie vor dem Ukrainekrieg.
    Was macht Deutschland/EU da nur?
    Und selbst vor der Euro-Einführung hat ein Döner maximal 4 D-Mark gekostet!

  9. 78.

    Nicht den Mehrwertsteuer senken, sondern den Gewinninhalt. Keine 20% Gewinnrate für jeden einzelnen in der Lieferkette, sondern insgesamt 1%, bis ich dafür Mehrwertsteuer zahle. Besonders in der Baubranche.

  10. 77.

    Aber nicht im gleichen Maßstab wie die gastronomischen Preise, denn die steigen stärker und mit dem Steuergeschenk gleich mal richtig, wenn auch indirekt.

  11. 75.

    Sei es der Gastronomie gegönnt.

  12. 74.

    Dann suchen Sie sich welche. Laden Sie sich spontan 2,3 Leute ein, die im gleichen Haus wohnen oder die Sie von der Tafel kennen. Da wird es einige geben, die gerne Kontakt hätten. Sie müssen ja fremde Menschen nicht gleich in Ihre Wohnung schleppen, da geht auch ein Date im Park mit Minipicknick, 3 kleine Flaschen Wasser, 6 halbe belegte Brötchen und ein Gespräch über Gott und die Welt, wie man so sagt. Trauen Sie sich! Aller Anfang ist schwer, sagt man auch so. Na los! :-) Abblitzen gibt's inclusive, versuchen Sie es weiter. Einsamkeit ist doof.

  13. 73.

    Es gibt Kommentare hier die sind ohne Sinn und Verstand...es wird nicht gesehen das die Einkaufspreis der Lebensmittel immer teurer werden demzufolge kann man essen nicht billiger anbieten...es müssen Energiekosten und Personalkosten bezahlt werden oder denkt ein großteil der kommentietenden hier das die köche und Kellner umsonst arbeiten nur weil manche ein paar Euro mehr nicht zahlen wollen...aber Hauptsache deren Gehalt stimmt...wie gesagt ohne sinn und Verstand....

  14. 72.

    Wer an eine Entlastung der Verbraucher geglaubt hat wird nun eines besseren belehrt! Da kann Merz die Ankündigung ja gleich rückgängig machen und so ein Lücke im Haushalt schließen!

  15. 71.

    BWL 1.Semester. Angebot und Nachfrage. Die einzige Möglichkeit dieser "Preis Gestaltung" entgegen zu wirken: Nachfrage reduzieren. Geht nicht mehr in die Gastronomie wenn möglich. Zuhause kann man auch lecker (und meist besser) kochen.

  16. 69.

    Die Gerichte werden immer teurer? Ich denke, Sie sind auf die Grundsicherung angewiesen? Ich übrigens auch. Na dann haben Sie doch ein Anrecht auf einen kostenfreien Anwalt vom Staat. Erkundigen Sie sich. Einen gesegneten Ostersonntag!

  17. 68.

    Na dann schaun se mal, was die AfD für ihre Mitmenschen übrig hat !

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