Extra-Genehmigung - Rohöl-Raffinerie in Schwedt darf mehr Schadstoffe ausstoßen

Di. 06.05.25 | 17:23 Uhr
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Technische Anlagen zur Rohölverarbeitung auf dem Gelände der PCK-Raffinerie GmbH, aufgenommen am 08.07.2024. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 | 06.05.2025 | Bild: dpa/Patrick Pleul

Wegen des russischen Öl-Embargos nutzt die PCK-Raffinerie mittlerweile einen Mix aus Ölen, die zu viele Emissionen verursachen. Das ist nun teilweise erlaubt, wie das Umweltamt entschieden hat. Die Umwelthilfe möchte gegen den Beschluss vorgehen.

  • PCK verarbeitet seit Importstopp für russisches Öl anderen Rohöl-Mix mit ungünstigerem Schwefelgehalt
  • Landesumweltamt: Raffinerie darf an manchen Tagen mehr Schwefeldioxid ausstoßen
  • Jahresausstoß soll sich nicht erhöhen
  • Deutsche Umwelthilfe prüft rechtliche Schritte gegen Entscheidung

Die Ölraffinerie PCK in Schwedt (Uckermark) hat eine Ausnahmegenehmigung für einen teilweise erhöhten Schadstoff-Ausstoß erhalten. Das entschied das Brandenburger Landesamt für Umwelt nach der Bewertung von Einwänden gegen einen weniger strengen Grenzwert, wie die PCK am Montag mitteilte. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte an, gegen die Genehmigung vorzugehen.

Landesumweltamt sieht Risiko für Überleben der Raffinierie

Bei den Ausstößen geht es um veränderte Schwefeldioxid-Emissionen der Raffinerie. Schwefeldioxid, das zur Luftverschmutzung beiträgt, entsteht überwiegend bei Verbrennungsvorgängen durch Oxidation des im Brennstoff enthaltenen Schwefels. Grund sind laut dem Unternehmen etwa 20 verschiedene Rohöl-Sorten, die seit dem Importstopp für russisches Öl als Folge des Kriegs in der Ukraine verarbeitet werden. Der neue Rohöl-Mix hat demnach einen ungünstigeren Schwefelgehalt.

Das Landesumweltamt stellte fest, "dass die Verarbeitung von alternativen Rohölen durch die PCK gegenwärtig mit besonderen technischen und logistischen Herausforderungen verbunden ist, die weder vorhersehbar noch beeinflussbar waren oder kurzfristig veränderbar sind". Ohne die Ausnahmezulassung gebe es ein hohes Risiko für die Überlebensfähigkeit oder Konkurrenzfähigkeit des Raffinerie-Standortes, heißt es in der Ende April veröffentlichten Genehmigung.

Umwelthilfe: Raffinerie will nicht in wirksame Entschwefelungsanlage investieren

"Es besteht die reale Gefahr einer teilweisen oder kompletten Betriebseinstellung der Raffinerie mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für die Region und auch überregionalen Auswirkungen für die Allgemeinheit", so die Umweltbehörde weiter. Die derzeitigen Lösungen zur Versorgung der Raffinerie mit geeigneten Rohölen seien als Übergangslösungen anzusehen und dienten vordergründig dem Erhalt der Raffinerie. Die Zulassung gilt bis Ende 2027.

Die Umwelthilfe kündigte nach dem Bekanntwerden der Ausnahmeregelung an, dagegen vorgehen zu wollen. Sie werde Widerspruch gegen die Ausnahmegenehmigung einlegen und parallel einen gerichtlichen Antrag gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids einreichen. Ein Argument: Das Unternehmen hätte schon längst in eine wirksame Entschwefelungsanlage investieren müssen.

Die Rechtsexpertin der DUH, Cornelia Nicklas, sagte dem rbb am Dienstag, trotz hoher Gewinne weigere sich die Raffinerie, in eine wirksame Entschwefelungsanlage nach neuestem Stand der Technik zu investieren. Das hätte auch schon vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine passieren müssen, betonte Nicklas.

Jahresausstoß soll sich nicht erhöhen

Die derzeitigen Lösungen zur Versorgung der Raffinerie mit geeigneten Rohölen seien als Übergangslösungen anzusehen und dienten vordergründig dem Erhalt der Raffinerie, so das Landesumweltamt. Die PCK beantragte eine Ausnahmezulassung vom festgelegten Emissionsgrenzwert für Schwefeldioxid (SO2) als Tagesmittelwert. In Einzelfällen - also an einzelnen Tagen - ist nun ein Ausstoß bis maximal 1.000 Milligramm je Kubikmeter Luft möglich.

Der tatsächliche Jahresausstoß soll sich nicht erhöhen: Wenn an einzelnen Tagen höhere Konzentrationswerte zulässig sind, muss die Anlage an anderen Tagen mit geringeren Werten gefahren werden.

Die PCK teilte auf ihrer Internetseite mit, die Schwefelgewinnungsanlagen der Raffinerie würden angepasst. Das Projekt sei "in der Umsetzungsphase". "Unabhängig davon setzen wir alles daran, den SO2 Ausstoß so gering wie möglich zu halten." Immissionsmessungen in Schwedt und im polnischen Widuchowa zeigten, dass die Werte über das ganze Jahr hinweg deutlich unter den gültigen Grenzwerten liegen, hieß es.

Sendung: rbb24, 06.05.2025, 16:00 Uhr

45 Kommentare

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  1. 45.

    Nun, mir steigen da wohl 50 Jahre Russen-Öl-Schwefel zu Kopf.
    Blieb aber anscheinend und glücklicher Weise in der Region.

  2. 43.

    Und ob, liegt doch immer noch im Osten.
    Genau so wie Ost-Berlin immer noch schlechter Luft hat wie Westberlin, und trister ist, und kommunistischer, und rechter, und sauberer, die schlimmsten Brücken hat, das rote Rathaus, den BFC, das Deutsche Museum,

  3. 41.

    "Und so eine Dreckschleuder auf die Bevölkerung loszulassen ist mehr als fahrlässig!" Sie kennen das VEB PCK von früher nicht, das heutige Kombinat ist dagegen sehr sauber und nicht als Dreckschleuder mehr zu bezeichnen.

  4. 39.

    "Strategische Infrastruktur Die Raffinerie gehört zur strategischen Infrastruktur." Und warum gehört sie dann immer noch Shell neben den Treuhandanteilen? Das war doch damals bei den Hydrierwerken auch schon so, daß da Shell mit drinnen hing (neben Standard Oil = SO oder lautmalerisch Esso) - Pölitz war auch ganz in der Nähe vom heutigen PCK.

  5. 38.

    "Am Besten schließt das PCK zeitnah ganz. Das Öl aus Russland brauchen wir sowieso nicht." Das Petrolchemische Kombinat soll aber auf zukünftige Energieträger umgebaut werden, das wäre blöd, das jetzt zu schließen. Shell bezieht doch gar kein Erdöl aus Rußland mehr, wo ist Ihr Problem?

  6. 36.

    Teils ist die Verlogenheit vieler hier bei den Kommentaren unerträglich.
    Will nicht bei denen zu Hause nachsehen, was die, und deren Kids, da alles an Erdölprodukten verwenden bzw. haben.
    Ja und selbst Fahrradreifen-/-schläuche werden nicht mehr aus Naturkautschuk gemacht.
    Aber klar, die ganze Welt benutzt auch nur noch Pumpsprays.

  7. 35.

    Nocheinmal. Man muß es mit aller Klarheit so benennen: wenn der Staat, aus Wirtschaftsinteressen, gegen die Bevölkerung agiert und sie einem hohen Gesundheitsrisiko bewußt aussetzt, ist das kriminell und muß gestoppt werden! Am Besten schließt das PCK zeitnah ganz. Das Öl aus Russland brauchen wir sowieso nicht.

  8. 34.

    Wenn der Staat das Profitinteresse von Konzernen über den Umweltschutz stellt - ja aber dieser ominöse der-die-das Umweltschutz darf-soll über die Zivilisation gestellt werden?
    Alle haben das gleiche zu essen, Alle haben nur zwei Liter Trinkwasser pro Tag zur Verfügung, Alle haben sich nur noch mit dem Fahrrad oder Tieren (Pferde, Esel, Ochsenkarren) fortzubewegen, Alle haben am besten nur noch ins Grüne zu schei..., Alle sollen

  9. 33.

    Ja, wieviele Kilogramm Schwefeldioxid werden denn maximal täglich in unsere Luft geblasen bei maximal 1 Gramm pro Kubikmeter Abgasen? Wo kommt das Zeug wieder runter - als saurer Regen?

  10. 31.

    Strategische Infrastruktur Die Raffinerie gehört zur strategischen Infrastruktur. Sie versorgt große Teile Ostdeutschlands und Polens mit Kraft- und Schmierstoffen, die, im Übrigen, in ihrem Wert oftmals massiv unterschätzt werden. Für den reibungslosen Ablauf der Agrarwirtschaft und des Transportwesens ist die Inkaufnahme einiger mehr Krebskranker hinzunehmen. Es war ja wohl von Anfang klar, dass das Mischen verschiedener Erdöle zu einem Gemisch, das dann von PCK verarbeitet werden kann und muss, immer mehr Dreck bedeutet als pures süßes Erdöl aus der Druschba Rohrlinie.
    Ein Filter auf Dach bedeutet einen Eingriff in die vorübergehend unter staatliche Verwaltung gestellte Infrastruktur der Russischen Föderation. Vergessen wir nicht, dass PCK Eigentum der Russischen Föderation ist. Es ist insgesamt davon auszugehen, dass die Raffinerie unter dem Ölgemisch technischen Schaden nehmen wird, den der Steuerzahler zu zahlen haben wird.

  11. 30.

    Danken sie den US-Sponsoren der NGO DUH und nicht der NGO selbst, die führt nur aus.

  12. 29.

    Öl aus Rußland hat nicht per se einen höheren Schwefelgehalt, es geht speziell um den Urals Blend, auf den die Prozeßführung bisher ausgelegt war. Vergleichbare Blends könnte man aus dem Iran oder Venezuela beziehen. Momentan wird wohl mit sehr schwankenden Gehalten gearbeitet, je nachdem, was Shell oder die Treuhand so beschafft. Der rbb könnte da mal mehr Hintergründe recherchieren.

  13. 28.

    Wusste gar nicht, dass das UBA etwas mit den Grünen zu tun hat.
    Und was hat das mit einem Beschluss des LUA Brandenburg zum PCK zu tun?
    Ganz zu schweigen von dem von Ihnen konstruierten Zusammenhang PCK, Schwefeldioxid und Kriegstauglichkeit.

  14. 27.

    "Überleben der Raffinerie" - was für eine Formulierung des Umwelt(!)amtes. Eine Raffinierie kann nicht sterben oder krank werden. Menschen schon. Zum Beispiel durch Abgase aus diesem Erdöl-Konzern. Ich hoffe, die DUH klagt und bekommt recht. Wenn der Staat das Profitinteresse von Konzernen über den Umweltschutz stellt, muss die DUH her. Habe schon mehrmals für sie gespendet.

  15. 26.

    Das Landesumweltamt sieht Risiko für Überleben der Raffinerie berichtet rbb24. Statt darüber froh zu sein, dass der Markt regelt, was eigentlich Aufgabe der Behörde sein sollte. Das PCK gehört in Brandenburg ganz sicher zu den führenden Betrieben, die die Umwelt belasten. Da ist es völlig belanglos welches Öl das Werk verarbeitet. Es ist vom Umweltamt verabscheuungswürdig statt auf eine Reduzierung der Umweltbelastung zu dringen, dem PCK zugesteht den Umweltfrevel weiter voranzutreiben. Der Behörde sollte das „M“ verliehen werden. Das Amt darf sich nun von Umweltschutzbehörde in UmweltschMutzbehörde umbenennen.

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