Datenprojekt | Wohnungskauf-Atlas für Berlin - Wir geben Ihrer Zukunft kein Zuhause

Do 13.07.17 | 05:45 Uhr
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Eine Visualisierung des Bauprojekts "High Park" am Berliner U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park. Dort entstehen bis Dezember 2017 165 Wohnungen, 38 "Serviced Apartments" und neun Ladenlokale (Quelle: Zabel Property).
Bild: Zabel Property / Juergen Hohmuth, zeitort.de

Viele Berliner träumen von einer eigenen Wohnung, überall in der Stadt wird gebaut. Die Preise sind jedoch für die meisten Normalverdiener inzwischen illusorisch. Wir zeigen im interaktiven rbb|24-Wohnungskauf-Atlas, wo Neubauwohnungen in Berlin wie viel kosten - und warum die Preise so stark gestiegen sind.

Ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen - in Berlin nimmt der heißgelaufene Immobilienmarkt immer mehr Familien, Paaren und Singles diese Entscheidung ab: Sie können Eigentum schlicht nicht mehr bezahlen. In den vergangenen Jahren wurde an der Spree viel zu wenig gebaut, um die Nachfrage der wachsenden Stadt zu bedienen - allein der Bestand reicht schon lange nicht mehr aus.

Im vergangenen Jahr kostete bereits jede dritte Berliner Neubau-Wohnung mehr als 5.000 Euro pro Quadratmeter - Tendenz steigend. 100 Quadratmeter für 500.000 Euro können sich laut Berechnungen des Immobilien-Experten Reiner Braun jedoch 94 Prozent der Berliner Haushalte nicht leisten. Berlin baut am Bedarf vorbei - gemessen am Bedarf der meisten Menschen, die in der Hauptstadt leben. Unser interaktiver Wohnungskauf-Atlas zeigt, wie rasant sich die Preise für Neubauwohnungen in den vergangenen drei Jahren entwickelt haben.

Der Wohnungskauf-Atlas

So funktioniert der Atlas

Die Daten: rbb|24 hat Kaufangebote für Berliner Neubauwohnungen ausgewertet, die in den vergangenen drei Jahren in Immobilienportalen eingestellt worden sind. Diese Daten stellt die empirica Systeme GmbH zur Verfügung. Insgesamt geht es um 22.123 Inserate bei mehr als 100 Anbietern. In diese Berechnung flossen nur Berliner Gebiete ein, in denen Wohnungen gebaut wurden. In rund einem Viertel der Kieze wurden keine Neubauwohnungen errichtet.

Auf unserer interaktiven Karte können Sie sich per Klick für alle 190 Postleitzahlengebiete der Stadt die durchschnittlichen Angebotspreise pro Quadratmeter anzeigen lassen. Im Feld oben links können Sie auch den Namen Ihrer Straße eingeben - und dann sehen, wie teuer Neubauwohnungen in Ihrem Kiez sind.

Wenn Sie auf den jeweiligen Kiez klicken, sehen Sie außerdem, um wieviel Prozent die Durchschnittspreise seit 2014 gestiegen sind.

Mit dem Schieberegler unter der Karte können Sie das Berliner Stadtgebiet auch nach Durchschnittspreisen pro Quadratmeter filtern - und so auf einen Blick sehen, wo sie sich noch Neubauwohnungen leisten könnten. Wer beispielsweise für eine 100-Quadratmeter-Wohnung maximal 350.000 Euro ausgeben kann, stellt den Schieberegler auf 2.000 bis 3.500 Euro ein. Mit Klick auf die Jahreszahlen können Sie sehen, wie sehr sich das Angebot in den vergangenen Jahren verändert hat.

Kaum noch Neubau im bezahlbaren Segment

Unsere Analyse zeigt: Bezahlbare Neubau-Wohnungen sind in Berlin rar, während das Luxus-Segment immer mehr Raum einnimmt.      

- Eine 100-Quadratmeter-Neubauwohnung für bis zu 350.000 Euro war 2014 in fast jedem zweiten Kiez der Durchschnitt, 2016 nur noch in jedem sechsten Kiez.   

- Eine 100-Quadratmeter-Neubauwohnung für mindestens 500.000 Euro war 2014 erst in jedem zehnten Kiez der Durchschnitt, 2016 schon in jedem dritten Kiez.

Baugrundstücke sind knapp - und deshalb so teuer geworden

Weil so viele Projektentwickler in Berlin bauen wollen und weil Flächen knapp geworden sind, haben sich die Preise für Baugrundstücke fast verdreifacht - das liegt auch an Bodenspekulation. Die Flächen werden oft mehrfach weiterverkauft, mit jedem weiteren Abnehmer steigt der Preis - bevor auch nur der Bauzaun steht. Und: An vielen Grundstücksgeschäften haben der Bund und das Land Berlin gut verdient.

Der Neubau in Berlin geht auch deshalb am Bedarf der Mehrheit vorbei, weil die Hauptstädter immer noch weniger verdienen als der deutsche Durchschnitt. Ein Berliner Haushalt hatte im vergangenen Jahr im Schnitt monatlich 2.669 Euro netto zur Verfügung. Doch für dieses Budget bekommt man in den meisten Projekten längst nichts mehr.

Zum Vergleich: Der Käufer einer Berliner Neubauwohnung erwirtschaftete im vergangenen Jahr im Schnitt 5.664 Euro netto pro Haushalt - mehr als doppelt so viel, wie Kreditverträge für Neubauwohnungen aus 2016 zeigen, die der Immobilienfinanzierer Hüttig & Rompf exklusiv für rbb|24 ausgewertet hat. So viel oder mehr verdienen aber nur die reichsten zwölf Prozent der Berliner Haushalte.

Der durchschnittliche Käufer:

Der durchschnittliche Eigennutzer

Und dann sind da noch die Anleger. Sie heizen die Preise zusätzlich an - schon jede fünfte Berliner Neubauwohnung ging 2016 an renditeorientierte Käufer. Viele von ihnen kommen nicht aus Berlin - und auch nicht aus anderen Gegenden Deutschlands. Fast jeder dritte, der eine Berliner Wohnung als Kapitalanlage erwirbt, stammt aus einem anderen Land. Bei Neubauwohnungen jenseits der 5.000 Euro pro Quadratmeter gilt das für jeden zweiten Käufer.

Der Hauptgrund: Die Zinsen sind niedrig, viele Anleger aus dem Ausland möchten ihr Geld im stabilen Deutschland parken. Und da gilt Berlin immer noch als Discounter unter den europäischen Metropolen.

Der durchschnittliche Kapitalanleger:

Der durchschnittliche Kapitalnutzer

Was aber machen die Käufer der teuren Wohnungen mit ihrem neuen Eigentum? Etwa die Hälfte zieht selber ein, die andere vermietet. Einen wachsenden Bereich stellen dabei möblierte Wohnungen dar, in der Regel in Verbindung mit Zeitmietverträgen. Die Eigentümer kaufen das neue Apartment inklusive der Einrichtung, "löffelfertig", nennen die Entwickler das. Für dieses Wohnen auf Zeit können sie viel höhere Mieten aufrufen.

Kaufen per Whatsapp-Nachricht

Um ihre teuren Wohnungen zu vermarkten, arbeiten viele Projektentwickler mit Agenturen zusammen, die vor allem internationale Interessenten anlocken sollen. Sie präsentieren Berliner Immobilien in Shanghai, Moskau oder Istanbul, viele der Kunden waren noch nie in Berlin. Andere kaufen auch mal per Whatsapp-Nachricht. In einem geplanten Wohnhochhaus in der Europacity shoppte ein Chinese 13 Apartments auf einen Schlag - bisher ist dort nur eine Baugrube.

Verdopplung der Preise

Die Preise für Eigentumswohnungen haben sich in Berlin seit 2007 ungefähr verdoppelt – gutes Geld für Grundstücksbesitzer, Projektentwickler und Makler. Doch dieser Zyklus nähert sich dem Ende, so schätzen mehrere Experten die Entwicklung ein.

Die Bundesbank bezeichnet die Kaufpreise in Berlin inzwischen als 15 bis 30 Prozent zu teuer. Und selbst der Dachverband der deutschen Immobilienwirtschaft warnt vor massiven Preisübertreibungen in Berlin.

Wichtigstes Indiz dafür: Die Kaufpreise für Berliner Eigentumswohnungen sind in vergangenen fünf Jahren mehr als doppelt so stark gestiegen wie die Mieten. Insbesondere Kapitalanleger bekommen dadurch ein Problem. Denn für sie lohnt sich das Investment in eine teure Wohnung nur, wenn sie auch hohe Mieten einnehmen können.

Werteverfall möglich

Doch die muss erstmal jemand zahlen können: Denn neue Jobs hin oder her, mit reichen Städten wie München oder Frankfurt lässt sich Berlin längst nicht vergleichen - und das wird bis auf weiteres auch so bleiben, beurteilen Ökonomen die wirtschaftliche Entwicklung an der Spree. 

Der empirica-Immobilienexperte Reiner Braun prognostiziert deshalb im rbb-Interview: Wenn das Wirtschaftswachstum nachlässt und die Zinsen wieder steigen, könnten die Preise für heute gekaufte Berliner Wohnungen in den nächsten Jahren um bis zu 25 Prozent fallen.

Ein Projekt von Robin Avram, Ute Barthel, Jana Göbel, Sebastian Schneider, Jan Wiese (Reporterteam); Götz-Gringmuth-Dallmer,  Dominik Glandorf, Manuel Reich und Arne Schlüter (Datenteam).

Sendung: 13.07.17, radioBERLIN 88.8, 10 Uhr 

12 Kommentare

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  1. 12.

    Ob CDU oder SPD,
    diese Politik tut jedem weh!

  2. 11.

    Und das Land Berlin verdient richtig gut mit...

    Wenn schon ein Signal von der Politik gewünscht wird, warum muss die Grunderwerbsteuer denn überhaupt 6% vom Kaufpreis betragen? Das bedeutet bei immer weiter steigenden Preisen, dass das Land Berlin mehr einnimmt. Und was ist eigentlich die Gegenleistung? Absolut gar nichts, das Geld für die Steuer ist verschenkt. Denn jede Übertragung kostet noch zusätzlich Notar, Gerichts- und Grundbuchkosten. Zumindest dafür gibt eine kleine Gegenleistung, aber defintiv nicht vom Finanzsenator... Komisch dass das keinem auffällt

  3. 10.

    Was in unserer Wohnungspolitik passiert, macht mich unendlich wütend. Der Ausverkauf von Berlin hat begonnen, kann aber noch gestoppt werden. Es gehört verboten, dass Chinesen und Russen unsere Wohnungen kaufen! Doch unsere Politiker sind so abgehoben von der Realität, die merken nix mehr. Alle Gesetze, die sie verabschieden, sind wirkungslos.
    Wenn wir Heerscharen Berliner, die wir uns unsere Wohnungen nicht mehr leisten können, unser Lager im Regierungsviertel aufschlagen, dann ist es zu spät.

  4. 9.

    Es geht auch anders.
    2001 sind wir in eine 92-qm-Wohnung einer Wohnungsbaugenossenschaft eingezogen. Am ruhigen Fennsee in Wilmersdorf. Sechs Minuten Fußweg bis zur U-und S-Bahn. Wir haben 2001 27.000 DM in die Sanierung und Renovierung investiert, besonders in ein modernes Bad. Heute zahlen wir 670,- Euro warm und sind sehr glücklich über unsere damalige Entscheidung. Die Investition hat sich bereits heute doppelt amortisiert.
    Leider wurden solche Wohnungen hunderttausendfach – wie die GSW – von der Politik abgeschafft. Jetzt fällt diese Politik den Bürgern auf die Füße.

  5. 8.

    Allein das Aufzeigen des Problems löst es nicht. Die Politik macht die Augen zu (bzw. ist mit Eigentum versorgt), die Immobilienmakler klatschen jeden Tag in die vergoldeten Hände, der Normalverdiener guckt doof aus der Wäsche. Es ändert sich nichts, so lange die Nachfrage das Angebot bedient. Ich meine, wer ist so bescheuert und kauft ein Reihenhaus von der Stange für Neunhunderttausend Euro (gesehen bei immoscout24 in Lichterfelde), also fast 4000 Euro pro qm? Solche Angebote werden dann noch als "familienfreundlich" definiert ... Der Markt muss dringend reguliert werden. Es gibt da sicherlich schon gute Beispiele in anderen europäischen Ländern.

  6. 7.

    Was macht unser Senat noch für Berliner ? Der Senat verkauft die Stadt bzw sehr drastisch gesagt sie lassen das trojanische Pferd sich frei entfalten .

  7. 6.

    Uns bleibt nur die Hoffnung, dass die noch kritischere Aufhellung der Renditegier im Wohnungsmarkt durch Medien endlich dem verdeckten und größtenteils unsittlichen Vorgehen Einhalt gewährt. Dieser Klüngel muss sich endlich mal beobachtet und vielleicht sogar angeprangert sehen. Wohnen ist für mich ein Lebensgrundrecht und daran mit teils mehr als 300% Kostenaufschlägen sein Vermögen zu sichern bzw. zu mehren ist moralisch anzuklagen. Solche Handelsmargen werden nicht einmal in monopol-produktiven Gewerbe aufgeschlagen. "Wucher" ist eine milde Wortanfechtung für die sogenannten Investoren! und den völlig überzahlten Maklern!, die ohnehin nur mit dem Verkäufer klüngeln und noch Öl ins Feuer giessen. Untersuchen sie mal die Erfolgssteigerungen der Maklerscharr... Die können ja bald Fußballspielervermittler auslachen...

  8. 5.

    Steigende Wohnungspreise bzw. steigende Mieten und dazu ein sinkendes Rentenniveau. Da braut sich eine weitere absehbare soziale Katastrophe zusammen die Millionen Geringverdiener und Rentner/innen betrifft.
    Aber der deutsche Michel bleibt weiter ruhig und sieht dem millionenfachen sozialen Abstieg wehrlos entgegen.

  9. 4.

    Ich muss nicht kaufen, mir würde schon reichen, wenn ich nicht aus meiner Wohnung/meinem angestammten Kiez vertrieben werden würde. Leider kann ich mir an drei Fingern abzählen, wie lange ich die Miete noch zahlen kann. Tragisch, aber ich schätze mal, dass es einem Großteil der Berliner Mieter ähnlich geht.

  10. 3.

    Liebes Inforadioteam,
    ich bin froh, das dieses Thema endlich mal thematisiert wird. Ich ärgere mich schon seit längerem darüber, das fast nur noch Luxus gebaut wird und damit nur Spekulanten und In- und Ausländische Investoren bedient werden, die Grundstücke /Häuser/Wohnungen kaufen können oder mieten. Die Gehälter sind in Berlin definitiv nicht vergleichbar mit dem Süden Deutschlands oder reichen Russen, Chinesen und Arabern, die uns plündern und der Bürger kann nix tun - welche Ironie der Geschichte. Interessant wäre, was gehört eigentlich noch uns - der Bevölkerung in Berlin/ Deutschland, Wir sind Gast im eigenen Land und wir können in den Käuferländern nicht so kaufen. Der Ausverkauf nicht nur von Grund wird zudem von Staaten massiv gestützt. Es ärgert und man fühlt sich ohnmächtig. Ach ja - Grunderwerbssteuer und Maklergebühren (festgelegt durch Politik!) machen jeden Erwerb gleich mal um 15-20% teuere - ohne Mehrwert und teurer als z.b. in München. Das finde unmöglich.

  11. 2.

    Leider hat die Wohnraumversorgung der Bevölkerung keine Priorität. Wohnungen und Baugrund in Ballungsräumen werden von allen Parteien sowohl in den Kommunen als auch im Bund weiterhin im großem Stil an Heuschrecken abgegeben. "Die Bundesregierung soll künftig ausführlicher prüfen können, wenn ausländische Investoren deutsche Unternehmen übernehmen wollen. So soll ... kritische Infrastruktur geschützt werden. ... Die vom Bundeskabinett nun beschlossene Neuregelung zielt auf Rüstungsfirmen, aber auch auf kritische Infrastruktur wie Energie- und Wasserversorger, Krankenhäuser und Verkehrsbetriebe." http://www.tagesschau.de/wirtschaft/bundesregierung-uebernahme-verordnung-101.html

  12. 1.

    Ihr Aufmacherphoto zeigt nicht die Überbauung des Hochbahnhofs Möckernbrücke, sondern jene des Hochbahnhofs Mendelssohn-Bartholdy-Park.

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