Verband mahnt zu Ruhe und Geduld - Handel beobachtet wachsende Aggressivität in Supermärkten
Händler fragen sich inzwischen, wo manche Kunden die ganzen Lebensmittel und das Toilettenpapier lassen, die sie in Berliner und Brandenburger Supermärkten kaufen. Der Handelsverband registriert Spannungen - und ruft die Käufer zu mehr Gelassenheit auf.
Hamsterkäufe, Verkäuferinnen und Verkäufer werden angemotzt: Der Handelsverband Berlin-Brandenburg beobachtet wachsende Spannungen in den Supermarktgängen und an den Kassen. Die Umgangsformen in den Lebensmittelgeschäften würden rauer, sagte der Hauptgeschäftführer Nils Busch-Petersen am Samstag der dpa. "Unsere Verkäufer spüren eine steigende Aggressivität."
Das zeige sich etwa, wenn Verkaufspersonal in der Corona-Krise darauf hinweise, wenn mehr als haushaltsübliche Mengen im Einkaufswagen landen. Dann sei es schon vorgekommen, dass Kunden Mitarbeiter mit dem Wagen abdrängten. "Wir brauchen das Gegenteil: Solidarität", sagte Busch-Petersen. Noch immer kaufen manche Kunden in Berliner und Brandenburger Supermärkten weit mehr, als sie für sich selbst oder ihre Familie eigentlich bräuchten - und andere schauen dementsprechend in leere Regale, suchen tagelang nach alltäglichen Dingen wie Toilettenpapier.
Supermärkte und Lieferanten arbeiten am Limit
Die Nachfrage nach Lebensmitteln und Hygieneprodukten in den Berliner Supermärkten übersteigt momentan das Volumen des Weihnachtsgeschäfts um fast das Dreifache. "Ein großes Zentrallager am Berliner Stadtrand konfektioniert derzeit täglich eine Menge von bis zu 700.000 Einheiten. Zu Weihnachten sind es nur rund 250.000", sagte Busch-Petersen. Die Geschäfte leiden demnach immer noch unter einem "irrationalen Abverkauf" von Waren wie Toilettenpapier, Seife, Drogerieartikeln, Mehl und Pasta.
Das Problem sei also nicht, dass nicht genug Waren in den Lagern lägen. "Der Flaschenhals ist die Belieferung per Lkw. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Fahrzeugen. Die Firmen arbeiten mit Volldampf und Überlast", sagte der Mann vom Handelsverband. Fahrer aus Bereichen wie dem Event- und Messebau würden die Lebensmittellogistik unterstützen, um die Lieferketten aufrecht zu erhalten.
Busch-Petersen:"Leute, entspannt Euch"
Staatliche Vorgaben zur Begrenzung des Kundenansturms seien nicht nötig, betonte Busch-Petersen: "Es ist klüger, das den Häusern selbst zu überlassen". Angesichts der hohen Nachfrage dürfen die Supermärkte und Drogerien jetzt auch am Sonntag öffnen. Der Verband geht aber davon aus, dass die meisten Lebensmittelmärkte dann dennoch geschlossen bleiben. "Wir nutzen den Sonntag, um uns erstmal wieder zu sortieren. Wir gehen auf dem Zahnfleisch." Einzelne Märkte von Edeka und Rewe sowie kleinere Geschäfte und Spätis dürften nach Erwartung des Verbands aber die Gelegenheit nutzen und auch am Sonntag öffnen. Der Senat hatte dies für die Zeit von 12 bis 18 Uhr vorerst bis zum 19. April genehmigt.
Nils Busch-Petersen bittet die Kunden, für ihren Wocheneinkauf mehr Ruhe und Geduld mitzubringen. "Leute, entspannt Euch", sagte der Mann vom Handelsverband. "Wenn es voll ist, kommt später oder kommt am nächsten Tag früh wieder. Es wird niemand verhungern."
Sendung: Antenne Brandenburg, 21.03.2020