Interview | IBB-Vorstandschef Jürgen Allerkamp - "Wir verlangen kein ausgetüfteltes Sanierungskonzept"

Mi 25.03.20 | 09:48 Uhr
Leeres Café / Quelle: picture alliance/Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB
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Auf die Investitionsbank Berlin kommt ein Ansturm von Kleinunternehmern zu, die wegen des Coronavirus dringend Hilfe brauchen. Wie Anträge gestellt werden müssen und wann das Geld fließt, erklärt der IBB-Vorstandsvorsitzender Jürgen Allerkamp im rbb|24-Interview.

Was Sie jetzt wissen müssen

rbb|24: Herr Allerkamp, Klein- und Kleinstunternehmer brauchen jetzt mehr Geld, um die laufenden Kosten zu decken. Sind Auszahlungen bis zum Monatsende noch realistisch?

Jürgen Allerkamp: Wir gehen davon aus, dass das bei den Darlehensprogrammen funktionieren wird, soweit die Anträge gestellt und bearbeitet sind und die Unterschrift eingeholt ist. Wir müssen aber damit rechnen, dass sich die Auszahlung beim Großteil der Darlehen auch in den April hinein erstrecken wird.

Anders ist das bei den Zuschüssen im Rahmen der Soforthilfe. Hoffentlich bleiben die Systeme stabil. Dann gehen wir davon aus, dass die Anträge, die dann eingehen, mit einigen Prüflogiken versehen automatisch bearbeitet und bewilligt werden können. Dann kann die Auszahlung binnen drei Tagen erfolgen. Das Geld müsste spätestens in den ersten Apriltagen auf den Konten eingehen.

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Das politische Schlagwort ist, "unbürokratisch" zu helfen. Was machen denn diese beiden Sofortprogramme, also die Zuschüsse und die zinslosen Darlehen, zu unbürokratischen Programmen?

Zunächst einmal haben wir Berufsgruppen in die Programme einbezogen, die vorher nicht einbezogen waren. Das sind Tourismus, Gastgewerbe, Einzelhandel, also genau diejenigen Berufsgruppen, die jetzt unter besonderen Schwierigkeiten leiden.

Dann haben wir die Antragsfragen, die wir sonst bei einem Kredit stellen, etwa auf ein Viertel reduziert. Wir verlangen beispielsweise kein ausgetüfteltes Sanierungskonzept, sondern wir wollen lediglich eine Liquiditätsvorschau für die nächsten zwölf Monate oder den Jahresabschluss, soweit er bereits vorliegt. Wir sind da etwas zurückhaltender, als wir das bisher waren.

Zudem haben wir die Laufzeiten von sechs auf 24 Monate erhöht, den Zins auf null Prozent reduziert, es gibt keine Bearbeitungsgebühr. Das kann und soll unbürokratisch von uns geändert werden. Denn die Unternehmer haben keine Zeit zu verlieren. Dafür haben wir großes Verständnis.

Warum prüfen Sie die Darlehensanträge überhaupt? Warum nicht einfach das Geld ausschütten?

Wir vergeben öffentliche Mittel. Das sind die Mittel der Steuerzahler und der Steuerzahlerinnen. Wir alle haben Anspruch darauf, dass das trotz der Krise halbwegs seriös und zielgenau funktioniert. Wir wollen natürlich auch vermeiden, dass Nicht-Begünstigte hier Mittel bekommen, die ihnen dann noch nicht zustehen.

Einige Unternehmen sagen, dass es schneller ginge, wenn sie sich die zu überprüfenden Daten vom Finanzamt holen. Wäre das nicht ein guter Vorschlag?

Die Idee ist grundsätzlich gut. Diese Idee haben wir sogar mal mit dem Finanzsenator besprochen. In der Tat haben die Finanzämter viele Informationen. Manche sagen, zum Glück haben sie auch nicht alle Informationen über die Kunden. Sie haben vor allem nicht die Informationen, die wir für die Liquiditätsplanung brauchen, die einfach sehr wichtig ist. Außerdem müssten wir 20 Finanzämter harmonisieren, die die Daten liefern. Wir haben uns dann in Abstimmung mit der Finanzverwaltung dagegen entschieden. Ich denke auch, es ist zumutbar, dass Unternehmen ihre eigenen Steuerdaten angeben.

Einige Unternehmer beklagen, dass sie sich auf den Webseiten nicht anmelden können und die Förderanträge nicht ausfüllen können. Was können Sie denen sagen?

Wir verzeichnen zurzeit etwa den 20-fachen Zugriff auf unser System, insofern glühen die Drähte. Die Systeme sind in der Tat überlastet. Gleichwohl haben wir bereits mehrere hundert Anträge bekommen. 4.000 Kundinnen und Kunden sind dabei, online ihre Anträge zu stellen. Das sind schon große Zahlen.

Im Moment können wir unser System nur ein bisschen hochfahren. Das versuchen wir. Gleichzeitig müssen wir die Antragsteller bitten, möglichst auf Tagesrandzeiten auszuweichen und abends, morgens oder auch mitten in der Nacht ihre Anträge zu stellen. Der Ausbau der Systeme, gleichzeitig Verständnis und Nutzung der Tagesrandzeiten sind zurzeit das probate Mittel der Wahl.

Das Interview mit Jürgen Allerkamp führte Jan Wiese.

Sendung: Inforadio, 24.03.2020, 13 Uhr

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