Corona-Krise - Klöckner will Arbeitslose und Geflüchtete als Erntehelfer einsetzen

Fr 20.03.20 | 18:03 Uhr
  16
Symbolbild: Arbeiter auf den Spargelfeldern, Beelitzer Land, Brandenburg. (Quelle: dpa/Schoening)
Bild: dpa/Schoening

Was Sie jetzt wissen müssen

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will den drohenden Mangel an ausländischen Erntehelfern wegen der Corona-Krise auch mit Arbeitslosen und Geflüchteten auffangen. Einen entsprechenden Vorschlag machte Klöckner Medienberichten zufolge in Schreiben an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Ziel sei es, "Engpässe in der Versorgung zu vermeiden".

Klöckner reagierte mit ihrem Vorstoß auf Warnungen des Deutsche Bauernverbands (DBV), der angesichts der Grenzschließungen wegen der Corona-Pandemie einen akuten Mangel an Erntehelfern aus dem Ausland erwartet. Die meisten Saisonarbeitskräfte auf deutschen Feldern kommen aus Rumänien und Polen.

Erntehelfer aus "sicheren Herkunftsländern"

"Bei andauernden Schwierigkeiten, genügend Saisonarbeitskräfte zu bekommen, ist es sinnvoll, die Attraktivität der Landwirtschaft, des Garten- und Weinbaus für geeignete Arbeitskräfte im Inland und auch die Vermittlungstätigkeit zu erhöhen", schrieb Klöckner nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung an Braun. "Dieses Angebot sollte an Kurzarbeitende, aber auch an Arbeitslose und anerkannte Asylbewerber, die noch nicht über eine Arbeitserlaubnis verfügen, gerichtet sein."

Dabei hat Klöckner offenbar Migranten aus bestimmten Ländern im Blick. "Der ein oder andere aus sicheren Herkunftsländern wie Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, aus Nordmazedonien, Montenegro, Serbien oder auch dem Senegal könnte durchaus Interesse an der Arbeit in der Landwirtschaft haben", schrieb Klöckner laut Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) an Heil. "Das Arbeitsverbot könnte ja nicht generell, sondern zeitlich befristet aufgehoben werden." Hierzu habe sie bereits mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Kontakt aufgenommen.

Verband: "Alle willkommen, die uns Bauern unterstützen wollen"

Klöckner empfiehlt dem Bericht zufolge überdies, zu prüfen, ob einheimische Arbeitskräfte, die nun auf Kurzarbeitergeld angewiesen sind und Selbstständige in Kleinstbetrieben, die derzeit keine Einkünfte erzielen, Interesse an einer vorübergehenden Tätigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft haben.

Besonders Spargelbauern aus Brandenburg fürchten, dass zur kommenden Ernte ausländische Saisonarbeitskräfte fehlen. Eine ungewöhnliche Lösung schlug Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) vor: Schüler und Studierende könnten als Erntehelfer arbeiten, um während der Corona-Krise die freie Zeit zu nutzen.

Auch der Deutsche Bauernverband ist um Ersatz für osteuropäische Saisonarbeiter bemüht. "Es sind alle willkommen, die uns Bauern unterstützen wollen und können - egal aus welcher Branche sie kommen", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied dem RND.

Jede Hand werde benötigt, nicht nur für Saisonprodukte wie Spargel. "Wir brauchen die Helfer beispielsweise beim Auspflanzen von Gemüse, bei der Pflege unserer Kulturpflanzen und natürlich bei der Ernte. Auch in den Ställen, etwa beim Melken, sind diese Unterstützer notwendig", sagte Brandenburgs Landesbauernverbandspräsident Henrik Wendorff im rbb-Interview.

DGB fürchtet, dass soziale Standards sinken

Scharfe Kritik an Klöckners Vorschlag kam von Gewerkschaftsseite. "Die Not der Landwirte ist verständlich, aber dies darf jetzt nicht missbraucht werden, um soziale Standards zu schleifen, wie Frau Klöckner es vorschlägt", erklärte Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

"In der Landwirtschaft rächt sich jetzt, dass das gesamte System seit Jahrzehnten auf Billiglohn, Sozialdumping, unzumutbaren Bedingungen und Ausbeutung osteuropäischer Arbeitskräfte ausgelegt ist", erklärte Buntenbach weiter. Die Landwirtschaft müsse für die schwere Arbeit bessere Lohn-, Arbeits- und Unterkunftsbedingungen anbieten, dann ließen sich Arbeitskräfte gewinnen.

Sendung: Inforadio, 20.03.2020, 16:00 Uhr

FAQ zum Umgang mit dem Coronavirus

  • Ich fürchte, infiziert zu sein. Was tun?

  • Wie kann ich mich schützen?

  • Ist das Virus meldepflichtig?

  • Was ist das Coronavirus?

  • Woher kommt das Virus?

  • Wie geschieht die Krankheitsübertragung?

  • Wie ansteckend ist das Virus?

  • Wer ist besonders gefährdet?

  • Wie funktioniert der Test?

  • Was sind die Symptome?

  • Welche Behandlung gibt es für Infizierte?

  • Gibt es Immunität gegen das Virus?

16 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 16.

    Vielleicht sollten die Spargelbauern auch mal umdenken und nicht nur ihren Profit im Fokus haben. Mehr, mehr, mehr, immer mehr verdienen wollen. Mehr verdienen auf Kosten der Billigarbeiter und auf Kosten der Natur. Schaut euch die Landschaften an - überall nur noch diese schlimme Folie. Folie soweit das Auge reicht.
    Wir brauchen keinen Spargel unter Folie nur damit dieser 2 Wochen früher aus dem Boden kommt. Und am Ende der Saison bleibt der Folienmist in der Landschaft oftmals liegen und flattert durch die Wälder und keine Behörde sagt was.
    Einfach mal wieder drei Gänge zurückschalten und Natur und Boden respektvoller behandeln.
    Danke!

  2. 15.

    Hallo ich finde dass die optimale Lösung für die Spargelernte ect. Arbeitslosen bzw Flüchtlinge einzusetzen. Und schon wäre dieses Problem gelöst.

    Denen wurde bisher auch immer geholfen.

  3. 14.

    Ich kann Ihnen garantieren, dass die Landwirte deutsches Personal zu höheren Löhnen beschäftigen würden, wenn a, die deutsche Arbeiterschaft dazu bereit wäre und b, der Marktpreis der Produkte eine höhere Bezahlung erlauben würde. Gerade die Klientel des DGB will doch auch hauptsächlich billig essen.

  4. 13.

    Hallo Herr Neumann , haben Sie diese Arbeit schon mal gemacht? Wenn ja, schenken Sie uns bitte Ihr Geheimrezept, wie man den 2. bis etwa 6 Tag durchhält! Ich habe es zum Glück als Lehrling gelernt und bin trotzdem mal die steile Treppe vom Speicher runtergefallen, weil jeder Schritt ganz irre schmerzt.
    Wenn man Leute auf Feld zwingt, die dann glauben, ein Arzt könnte gegen Muskelkater helfel, und sei es mit Krankenschein, dann verschärfen wir das Problem.

  5. 12.

    Es ist schon unglaublich was hier nach und nach alles an Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Demokratie zerstört wird, nur um angeblich Leute zu retten, obwohl allein in Deutschland tagtäglich 2.500 Menschen einfach so, ganz ohne Virus sterben.

  6. 11.

    Spargel stechen oder Erdberren pflücken ist keine Raketenwissenschaft. Unkundig ist deshalb das kleinste Problem.

  7. 10.

    "gibt's nichts zu ernten"

    Kein Spargel. Keine Erdbeeren. Kein Wein.

  8. 9.

    .... was wird den poln. und rumänischen Gastarbeiter gezahlt und was bekommen Arbeitslose? Was bekommen Geflüchtete an Sozialleistungen, nur, dass sie in Deutschland sind? Dass die Preise für Spargel steigen, ist unwahrscheinlich, denn Hotels, Restaurants nehmen derzeitig keinen Spargel ab. Notfalls muss halt auf das Edelgemüse verzichtet werden. Dies wäre schlimm, aber Opfer muss jeder bringen...

  9. 8.

    Jeder Unternehmer weiß, dass man nicht Person X an eine Arbeit setzt und sie kann es sofort. So geht es Bauern auch. Es geht nicht nur darum, dass die Arbeit gemacht wird, sondern auch dass sie halbwegs ordentlich gemacht wird. Man kann Personen anlernen, das braucht aber Zeit und Leute die anlernen können. Bis die ungelernten das richtig können, ist die Erntezeit um. Selbst wenn man gelernte Kräfte hat, so funktioniert jeder Betrieb anders. Auch hier brauchen neue Mitarbeiter Wochen, um die Abläufe richtig zu können

    Dann könnten wir doch auch einfach die Mediziner, die Gesundheits- oder Arbeitsämter mit ungelernten Kräften unterstützen!

  10. 7.

    Es müssen diejenigen arbeiten, die verfügbar sind. Wenn in der Landwirtschaft heute und morgen nicht gearbeitet wird, gibt's nichts zu ernten. Da nützen auch keine Hamsterkäufe mehr.

  11. 6.

    Es kommt sicher auf die Tätigkeit an. Manches kann funktionieren, anderes nicht. Das Spargelstechen durch Unkundige und Unmotivierte machen zu lassen wurde doch schon probiert und hat nicht funktioniert. Wird selbst durch die Spargelbauern skeptisch gesehen.

  12. 5.

    Im freien Markt würden einfach die Löhne und somit auch die Spargelpreise steigen müssen. Aber wie man hier in den Kommentaren lesen kann, scheut man vor Sklavenarbeit nicht zurück,, um seinen günstigen und lebensnotwendigen Spargel auf den Tisch zu haben. Abscheulich, Menschenverachtend von wegen soziale Marktwirtschaft. Dann bezahle ich halt mehr für meinen Spargel.

  13. 4.

    Arbeitslose und Geflüchtete als Erntehelfer? Das hat in den Vorjahren doch auch nicht funktioniert.

  14. 3.

    Ein sehr guter Vorschlag. Der auch umsetzbar ist.

  15. 2.

    Es mag einen bösen Klang haben, aber in Zeiten wo alles den Bach runtergeht muss jeder anpacken, der verfügbar ist. Es soll ja auch bezahlt werden. Schwere Arbeit, aber dafür darf man dich nicht zu schade sein, wenn man sonst kein Einkommen hat.

  16. 1.

    Frau Klöckner, nicht wollen, einfach mal machen!

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren