Daten gefordert - Potsdam droht Bergmann-Klinikum mit Zwangsgeld

Do 16.04.20 | 21:42 Uhr
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Das Klinikum Ernst von Bergmann (Quelle: imago images/Eberhard Thonfeld )
Bild: imago-images/Eberhard Thonfeld

Nach einem Corona-Ausbruch mit vielen Toten im Klinikum Ernst von Bergmann verschärft sich der Streit darüber mit der Stadt Potsdam. Oberbürgermeister Schubert beklagt unvollständige Unterlagen der Klinikleitung, ein Zwangsgeld steht im Raum.

Die Stadt Potsdam hat nach eigenen Angaben dem Klinikum Ernst von Bergmann mit einem Zwangsgeld gedroht, sollte es mehrfach geforderte Daten zum Coronavirus-Ausbruch in der Einrichtung nicht umgehend übermitteln. Das sagte Pressesprecherin Christine Homann am Donnerstag. Das Zwangsgeld kann nach Angaben der Stadt aufgrund des Infektionsschutzgesetzes zwischen 10.000 und 50.000 Euro betragen. "Nach derzeitigem Stand gehen wir aber nicht davon aus, dass ein Zwangsgeld nötig sein wird", sagte Homann.

Schubert: Unterlagen nicht vollständig

Am Donnerstagabend hat der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) die Aufklärung der gehäuften Corona-Infektionsfälle am Bergmann-Klinikum dann als "sehr, sehr mühsam" bezeichnet.

In der Sendung "Brandenburg aktuell" vom rbb sagte Schubert, es fehle vor allem die Grundlage in Form vollständiger Unterlagen. Zwar seien am Donnerstag geforderte Listen übergeben worden, allerdings ohne den "zentralen Punkt", nämlich welche Mediziner welche Patienten behandelt hätten. Das Klinikum habe zwar an dem fraglichen letzten März-Wochenende die richtigen Maßnahmen ergriffen. Eine Information der Öffentlichkeit sei jedoch unterblieben.

Aktuell 36 Corona-Tote in der Klinik

Das Potsdamer Klinikum steht derzeit wegen einer Häufung von Corona-Fällen dort in der Kritik. Nach Angaben der Stadt gibt es im Klinikum aktuell 36 Todesfälle. In den vergangenen 24 Stunden starben vier Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren (Stand 16.00 Uhr). Alle vier Patienten hatten demnach schwere Vorerkrankungen. Die deutsche Stiftung Patientenschutz hat Strafanzeige gegen die Geschäftsführung und Ärzte des Klinikums gestellt, wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz und wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Sondersitzung am Samstag

Das Verhältnis zwischen ihm und der Geschäftsführung des Klinikums wolle er nicht als "zerrüttet" bezeichnen, sagte Schubert im rbb. Es habe ihm jedoch "zu denken gegeben, dass wir bis zu einer Zwangsgeldandrohung und einer Gesellschafterweisung gehen mussten, dass seitens des Klinikums diese rudimentäre Liste, die da gefordert wurde, rausgerückt wurde".

Nach Angaben der Stadt tagt am Samstag ein außerordentlicher Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung zur Entwicklung am Klinikum.

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9 Kommentare

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  1. 9.

    Da ist möglich und nennt sich Substruktion. Volles Trinkgefäß minus fehlende Menge ist gleich Trinkmenge.

  2. 8.

    Gibt es in Brandenburg nur ein Krankenhaus?
    Welcher Kranke will sich schon in ein Totenhaus einweisen lassen, ausser er hat eine spezielle Krankheit.

  3. 7.

    Anlässlich der "Ereignisse" im Ernst-von-Bergmann-Klinikum will ich die Angelegenheit mit der Dokumentationspflicht sogar noch ausweiten: Das gesamte Pflegewesen legt sich mit einer überbordenden Dokumentationspflicht lahm. Nicht, dass ich der Hemdsärmligkeit das Wort reden will, vielmehr sollte eben unterschieden werden, wo eine Dokumentation Sinn hat und wo nicht. Wo sie nur pedantisch ist und falsche Erwartungen weckt.

    Ob ein zu Pflegender nun 50 ml, 100 ml oder 200 ml trinkt bzw. getrunken hat, wo niemand die ganze Zeit dabeigewesen sein kann die ganze Zeit, ist in meinen Augen irreal. Das System überbordender Dokumentation setzt sich durch nahezu alle Bereiche fort und bindet Energien, die sich für andere Handlungen besser entfalten könnten.


  4. 6.

    Der Oberbürgermeister Schubert hat versagt, ein Rücktritt ist überfällig zumal im Vergleich mit der Ministerin Golze.

  5. 5.

    Es ist weniger das Virus selbst, was die Krankenhäuser belastet. Wir haben aktuell rekordverdächtig viele freie Betten, auch nachdem wir über 10x so viele Infizierte haben wie in Italien, als dort das System zusammenbrach! Das Problem ist der unmögliche bürokratische Aufwand, dass alle Ärzte nun ihre Patientenkontakte nachweisen müssen. So legt man ein Krankenhaus lahm.

  6. 4.

    Jo, klar. Krankenhäuser sind die Übeltäter. Die Politik hat natürlich die Gesundheitsvorsorge immer völlig unabhängig von den Kosten im Blick gehabt. .... Hier wird ein Sündenbock gesucht. Die "Stiftung Patientenschutz" bekleckert sich mit ihrer Klage auch nicht gerade mit Ruhm.

  7. 3.

    Mir ist es mehr als unverständlich, warum der Bürgermeister nicht aktiv mit der Klinik zusammenarbeitet sondern gegen sie! Wohin will er sich selbst wenden, wenn er schwer erkrankt? Nee Schubert, bitte Solidarität und Unterstützung in schwierigen Zeiten.

  8. 2.

    Man fragt sich als Außenstehender schon so langsam hat das Klinikum etwas zu verbergen, oder warum dauert es so lange die Karten offen auf den Tisch zu legen !?

    Man kennt zwar nicht die Hintergründe, aber mehr als eigenartig ist diese Hinhaltetaktik schon...

  9. 1.

    Wenn die angeforderten Unterlagen im KTI in Eberswalde archiviert wurden, dann werden sie wohl nicht mehr aufzufinden sein...

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