Ein Lokal im Lockdown - Scheitern wegen Corona ist keine Option

Mo 06.04.20 | 06:05 Uhr | Von Thomas Rautenberg
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Gastsstätte zur Hecke Woltersdorf (Quelle: rbb/Thomas rautenberg)
Aufio: Inforadio | 05.04.2020 | Thomas Rautenberg | Bild: rbb / Thomas Rautenberg

Seit zwei Wochen findet das öffentliche Leben praktisch nicht mehr statt. Gaststätten wie das Waltersdorfer Lokal "Zur Hecke" sind geschlossen. Thomas Rautenberg hat einen Gastwirt im Zwangs-Ruhestand besucht.

Was Sie jetzt wissen müssen

Die Türen der Gaststätte und Pension "Zur Hecke" in Waltersdorf bei Berlin stehen weit offen. Doch die Stühle im Gastraum sind hochgestellt, der Tresen glänzt in der Sonne. Um die Mittagszeit sitzen sonst mindestens 40 Gäste hier, viele aus der Umgebung oder aus dem benachbarten Einkaufszentrum Walterdorf. Heute aber steht Gastwirt Frank Hecke mit einer Tasse Kaffee in der Hand allein im Schankraum.

Biergarten Zur Hecke Woltersdorf (Quelle: rbb/Thomas Rautenberg)
Sonst können im Biergarten 80 Leute sitzen | Bild: rbb/Thomas Rautenberg

Vor zwei Wochen, sagt er, habe er hier mit seinen fünf Kollegen zusammengesessen. Es war Freitag der 13., Corona-Freitag, erinnert er sich. Jeder hatte einen Kloß im Hals, sagt der 40-Jährige. Besonders schwer aber war es für die Servicekräfte. Über die Wintermonate hatten sie schon weniger verdient, auch das Trinkgeld war nicht üppig. Und nun würde es nur 60 oder auch 67 Prozent Kurzarbeitergeld geben.

Es wird in jedem Fall eng

Auch für ihn selbst wird es jetzt eng werden, weiß Frank Hecke. Die Gaststätte und der Biergarten sind zu, die Pension ist leer, keine Einnahmen mehr - aber viele Kosten laufen weiter. Seine Verzweiflung sei von Tag zu Tag größer geworden, sagt Frank Hecke. "Ich musste Löhne zahlen und zwar voll. Eine Erstattung des Kurzarbeitergeldes wird es vom Amt erst sehr viel später geben. Die Hilfspakete, von denen immer die Rede ist, die sind zwar nett, aber die kommen nicht an, zumindest bei mir nicht." Seine Hausbank habe ihm geholfen und den Dispokredit auf eine "astronomische Summe" erweitert. "Das ist schön, aber auch unglaublich teuer."

Frank Hecke hat für sein Unternehmen Kurzarbeitergeld beantragt. 50 Prozent im März, in den kommenden Wochen, sagte er, werde er weiter sehen. Wie seine Leute mit dem Geld auskommen sollen? Sein junger Mitarbeiter beispielsweise, der gerade Vater geworden ist und dessen Frau noch zu Hause ist. Wie sollen die über die Runden kommen, fragt er sich.

Warten auf Hilfe

Aber auch für ihn selbst, weiß Frank Hecke, steht alles auf dem Spiel. Da liegen die Nerven schon mal blank, räumt er ein: "Ich habe mit meiner Schwester telefoniert. Das war nicht leicht. Da war ich auch am Weinen. Solange ich denken kann, gibt es die Gaststätte und die Pension als Familienbetrieb. Ich bin ja nicht dumm und kann rechnen." Frank Hecke weiß genau, wann der Punkt kommt, an dem er nicht mehr zahlungsfähig ist. "Die Rettungspakete hin oder her, ein kleines Unternehmen, wie dieses, braucht die Hilfe sofort. Und wenn die nicht kommt, dann ist das schon dramatisch und das möchte man nicht erleben."

Frank Hecke (Quelle: rbb/Thomas Rautenberg)
Frank Hecke will nicht so schnell aufgeben | Bild: rbb / Thomas Rautenberg

Noch ist kein Euro Zuschuss bei Frank Hecke angekommen. Allein auf das Geld der anderen will er sich auch nicht verlassen. Stattdessen kocht er nun selbst und versucht mit einem Gaststättenbetrieb auf Sparflamme über die Runden zu kommen.

Essen außer Haus für Senioren - dieser Service, sagt Hecke, läuft weiter: "Die alten Leute verlassen sich auf uns. Und dann habe ich eine kleine Mittagskarte angeboten. Ich bin jetzt in der Firma Kaufmann, Buchhalter und Koch in einer Person. In der Hoffnung natürlich, dass ich es hier irgendwie am Laufen halten kann."

Die Gaststätte und Pension "Zur Hecke" in Walterdorf ist ein Familienbetrieb in dritter Generation. Höhen und Tiefen, sagt Frank Hecke, gab es schon viele. Als Kind ist er hier aufgewachsen, die Eltern hatten es nicht immer leicht. Auch die Wende hat das Familienunternehmen gut überstanden. Das Scheitern an einem Virus sei also keine Option.

Sendung: Inforadio, 06.04.2020, 07:45 Uhr

Beitrag von Thomas Rautenberg

3 Kommentare

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  1. 3.

    Ich drücke allen Gastronomen und ihren Angestellten die Daumen, dass die Maßnahmen ihnen nicht die Existenzgrundlage nimmt.

  2. 2.

    @ Angelina
    Kann ich absolut bestätigen!
    Seit Jahren eine gute Küche zu sehr fairen Preisen.

  3. 1.

    Ich bin derzeit leider zu weit weg.
    Das Knusperschnitzel ist aber immer der Hammer, hoffentlich schafft es die Gaststätte "Zur Hecke"!

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