Leere Praxen, kaum Schutzmaterial - Corona-Pandemie setzt Zahnärzten zu

Do 23.04.20 | 08:38 Uhr | Von Birgit Raddatz
  19
Zahnarzt Peter Scharf in seiner Praxis in Berlin Schöneberg.
Bild: rbb

Sie arbeiten nah am Patienten - wenn denn mal einer kommt: Dass viele Bürger zurzeit ihre Termine beim Zahnarzt absagen, bringt Praxen in finanzielle Schwierigkeiten. Manch einer findet aber auch, dass es gut ist, wenn Patienten zu Hause bleiben. Von Birgit Raddatz

Zahnarzt sein ist sein Traumberuf - deshalb praktiziert der über 70-jährige Peter Scharf immer noch. Auch in diesen Zeiten, obwohl er selbst eine chronische Lungenerkrankung hat. Die vergangenen drei Wochen hatte er sich daher zunächst in Selbst-Isolation begeben. An seinem ersten Arbeitstag in der Zahnarztpraxis Salzmann in Schöneberg steht nun die Sprechstunde für Kinder an. Es sollen also diejenigen kommen, die das Virus leicht übertragen. An diesem Mittwoch steht allerdings kein Kind auf der Liste. "Wir merken da auch, dass sich das auf das Notwendigste beschränkt", sagt Scharf.

Fast jede Praxis meldet Kurzarbeitergeld an

Das ist Alltag derzeit bei den Ärztinnen und Ärzten. Peter Scharf schätzt, dass bei ihm 50 bis 80 Prozent der Patienten ihre Termine absagen. Der Großteil der Zahnarztpraxen in Berlin biete nicht mehr als einen etwas besseren Notdienst an, so der Vizepräsident der Zahnärztekammer Berlin, Michael Dreyer. Und fast jede Praxis habe für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeitergeld angemeldet. "Das hat es bei Zahnärzten noch nie gegeben", so Dreyer. Die meisten Chefs stockten das Geld derzeit noch aus eigenen Mitteln auf. "Jeder möchte seine Mitarbeiter natürlich behalten", ist er sich sicher.

Auch bei Bertram Steiner ist das derzeit so: Eine seiner zwei Mitarbeiterinnen musste er in Kurzarbeit schicken. "Sie war noch ganz glücklich darüber, so konnte sie ihre Kinder betreuen, die auch zu Hause bleiben müssen." Den Rettungsschirm von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für Therapeuten und Zahnärzte hält er für einen Tropfen auf den heißen Stein. Damit bekommen Zahnärzte 90 Prozent der Vergütung aus dem letzten Jahr gezahlt. Ein Drittel davon dürfen sie am Ende des Jahres behalten, den Rest müssen sie zurückzahlen.

"Vor allem für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die gerade erst in ihre Praxis investiert haben, ist die Situation schwer", so der Zahnarzt. Er selbst habe zwar keine Schulden mehr, das nehme ihm eine große Sorge. "Wenn die Situation allerdings noch für drei oder vier Monate anhält, muss ich mir schon Gedanken machen, wie wir wirtschaftlich überleben sollen."

Kaum Abstand, teures Schutzmaterial

Und noch ein anders Problem treibt Bertram Steiner und seine Kollegen um: Die Versorgung mit ausreichend Schutzmaterial, wie Masken oder sterile Kittel, ist nach wie vor nicht ausreichend gesichert. Zahnärzte bekämen das Material nicht zentral geliefert wie andere Ärzte, sondern müssten es privat besorgen. Vorher habe eine FFP2-Maske 39 Cents gekostet, nun läge sie bei rund 15 Euro, so Steiner. In seiner Praxis reichen die Vorräte das noch circa sechs Wochen, dann werde es knapp.

Peter Scharf hat sich aufgrund seiner Vorerkrankung extra ein eigenes Schutzschild anfertigen lassen. "Der Zahnarztberuf ist ein Hochrisikoberuf, durch das Aerosol überträgt sich das Virus noch einmal viel leichter", sagt er. Aerosol entsteht, wenn der Arzt den Zahn behandelt, also zum Beispiel bohren muss.

Peter Scharf, der auch Mitglied in der Zahnärztekammer Berlin ist, hätte sich eine Lösung gewünscht, wie sie derzeit in der Schweiz praktiziert wird. Dort bieten ausgewählte Praxen eine Notfallversorgung an, alle anderen haben geschlossen. Zum Schutz der Zahnärzte - und der Patienten.

Was Sie jetzt wissen müssen

Beitrag von Birgit Raddatz

19 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 19.

    Ich muss schon sagen, der Herr Kollege Scharf, Mitglied der Zahnärztekammer Berlin sitzt am Behandlungsstuhl mit Jeans und Holzfällerhemd. Handschuhe hat er an aber sein Schutzvisier hat er sich selbst gebastelt... zum Glück ist die Lupenbrille ist dran.
    Welches Signal wird hier in die Öffentlichkeit getragen !!
    Wir Zahnärzte unterliegen seit Jahrzehnten den strengen Hygienerichtlinien des RKI. Nicht erst seit "CORONA" wir sind trainiert professionell Infektionsprävention für unsere Patienten und Mitarbeiter auf höchstem Niveau zu garantieren.
    Diese Darstellung, Behandlung in Alltagskleidung, ist meiner Meinung nach laienhaft und für unseren Berufststand entäuschend.
    Und das von einem Mitglied der berliner Standesvertretung.
    beste Grüße
    Dr. Michl

  2. 18.

    Wissen Sie, ich habe mein halbes Leben in Zahnarztpraxen gearbeitet. Ohne Mundschutz, bei jeder Grippewelle. Ich hab mich nie angesteckt. Das nennt man starke Abwehrkräfte.

  3. 17.

    Ich sehe es genauso wie Sie. Meine Eltern wollen genau wie ich auch leben, bin mit 50 auch Risikogruppe.
    Keiner vom Senat /Bundesregierung denkt noch an diese Menschen. Dabei wäre so Vieles einfach zu regeln z.Bsp. gesonderter Einlass bei Zoo und Tierpark, Einkaufszeiten beim Einkaufen, und und und. Keiner macht sich mehr die Mühe, diesen Menschen zu helfen.
    Alles nur noch online ... usw. Mittlerweile sind viele so eingeschüchtert, dass sie nicht mehr wissen, was richtig ist und werden von der Panikmache unmündig gemacht. Ihre Eltern, meine Eltern und viele andere Senioren und jüngere Risikogruppe wollen nicht an Thrombosen, Schlaganfall oder toxischer Depression sterben ... wenn man so weiter macht, wird das aber passieren. Diese Menschen sterben dann nicht mit, sondern wegen Corona. Vielleicht kann ja RBB das Thema auch mal recherieren ... und thematisieren.
    Die Hoffnung stirbt zuletzt.

  4. 16.

    Ihre Logik ist bestechend. Klar wurde Ihr Termin abgesagt aus welchen Grund ?!, Ach ja, wir haben ein Virus, das scheint bei Ihnen noch nicht angekommen zu sein-oder?!
    Und ich hatte Anfang der Woche schlimme Zahnschmerzen und bin heute beim Zahnarzt gewesen denn jeder Zahnarzt hat tägl 2 Stunden offen für Schmerzpatienen.

  5. 15.

    Ihre Logik ist bestechend. LOL. BTW: Man sollte aufpassen, was man anderen wünscht. Es könnte einem selbst auf die Füße fallen. Ich sagte nichts anderes als dass MIR der Thermin abgesagt wurde. Dann braucht man auch nicht jammern. Ist das jetzt angekommen? Danke.

  6. 14.

    Ich habe den Eindruck, dass die Risikogruppe auch nicht wirklich gefragt wird, ob sie geschützt werden möchte. Auch ich habe Eltern ü 80, die aber nicht eingesperrt werden möchten. Dürfen sie sich aufgrund ihrer Entscheidungsfreiheit frei bewegen (zum Frisör, auch mal selbst mit beim Einkauf dabei sein, die Enkel sehen, Freunde und Bekannte - die eh schon weniger werden - treffen)oder müssen sie jetzt "zwangsverschlossen" werden, weil der Gesundheitsschutz wichtig ist???

    Meine Eltern möchten das nicht. Sie möchten ein Leben führen, das lebenswert ist, so lange es so geht. Das heißt ja nicht, dass sie (und die anderen) sich nicht in Acht nehmen müssen. Das Risiko sollte jedem inzwischen bewusst sein und er sollte danach entscheiden dürfen!

  7. 13.

    Schade, nix kapiert im Leben.
    Zahnärzte werden nicht bezahlt, sie leben von dem, was sie einnehmen.
    Und wenn Niemand kommt, sind auch die Einnahmen gleich Null, aber die Ausgaben laufen weiter. Sicher, das betrifft auch andere Berufsgruppen, aber ich finde den unsachlichen Kommentar, der vor Sozialneid nur so trieft, zum K.......

  8. 12.

    Endlich ein Verbündeter ... wo sind die Rechte der Risikogruppe geblieben ... die anfangs der .... KRISE ... so groß geschrieben wurde?
    Ich kanns nicht oft genug sagen!!!

  9. 11.

    Wir schotten unsere Bewohner nicht ab
    Sondern wir gehen im Dauerlauf über den Wohnbereich und richten Telefonate, Videochats, Face Time Anrufe ein
    Verschicken über Myo App immer wieder Nachrichten und Bilder zu den Angehörigen

    Außerdem herrscht in den Krankenhäusern auch absoluter Besucherstopp
    Und da gibt es überhaupt keine Diskussion

  10. 10.

    Ich hatte ziemliche Schwierigkeiten, bei meinem Zahnarzt einen Termin zu bekommen. Trotz abgebrochenem Zahn (aber ohne Schmerzen) sollte ich drei Wochen warten. Ich musste drei andere Zahnärzte anrufen, bis ich endlich einen zeitnahen Termin bekam.

  11. 9.

    Wir prangern gar nicht die Gehälter der Zahnärzte an
    Aber wenn eine Prophylaxe Behandlung oder ein Kontrolltermin , der zur Erhaltung der Zahngesundheit wesentlich beiträgt - abgesagt wird - aber jetzt über zu wenig Patienten geklagt wird - andere systemrelevante Berufe dieser Situation ständig ausgesetzt sind und sich der Arbeit nicht verweigern können - darf man schon einmal das Verhalten der Zahnärzte in Frage stellen
    Denn die Ansteckung kann nicht nur vom Patienten zum Zahnarzt , sondern auch umgekehrt übertragen werden !
    Vielleicht sollte die vorherigen Kommentatoren einfach mal darüber nachdenken !

  12. 8.

    Mein Zahnarzt einschl. Team hatte schon vor Corona die entspr. Schutzausrüstung und kann nun auch seine Patienten behandeln.
    Auf Prophylaxe kann man aber auch vllt mal ein halbes Jahr verzichten um alle Beteiligten zu schützen. ;-)

  13. 7.

    Also manchmal frage ich wirklich was bei einigen Kommentatoren/innen so im Kopf vorgeht bevor sie schreiben.
    Wie jeder weiss ist vor Jahren durch die Krankenkassen vieles weggefallen, wie Sterbegeld, Zahnersatz, Brillen und noch vieles mehr. Das alles muss nun der Patient alleine bezahlen. Nun will man nicht unbedingt das Modell Hartz IV als Zahnersatz haben sondern es soll schon gut aussehen. Dann sind da noch die Laborkosten. Das alles muss nun aus eigender Tasche bezahlt werden und dardurch ensteht der Eindruck dass Zahnärzte so richtig gut verdienen, stimmt aber nicht. Genauso ist es bei Brillen, das AOK Modell "Klobrille" möchte keiner also wieder Geld ausgeben, aber deswegen verdienen die Ärzte ja nict Unsummen. Man kann auch nach Polen fahren und sich da die Zähne machen lassen, Made in China

  14. 6.

    Dass Zahnärzte am besten von allen Fachrichtungen verdienen scheint eine nicht auszurottende Mär zu sein, die sich allerdings in den Zahlen des Statistischen Bundesamtes völlig anders liest und vieles geraderückt, weil andere Fachrichtungen weit darüber liegen, wie z.Bsp. Urologen, Dermatologen, Ophthalmologen, Chirurgen und Radiologen um mal einige zu nennen. Damit erklärt sich auch, weshalb mir mein Zahnklempner noch Ende März eine 4-stellige Rechnung zugeschickt hat, denn der braucht wohl doch keine neuen Sommerreifen für seinen Cayenne sondern eher ca. 15000 bis über 20000 EUR mtl. für seine Praxis und Gehälter. Sicher verdienen Ärtze gut aber auch zu Recht, denn ich möchte deren Job nicht machen und diese Mega-Verantwortung tragen, "Hut ab!"

  15. 5.

    Ich schließe mich dem oben genannten Kommentar an
    Mir wurde die Prophylaxe Behandlung abgesagt
    Ich bin Pflegefachkraft und jeden Tag dieser Situation ausgesetzt
    Bei schwerstpflegebedürftigen Patienten muss ich auch Mundpflege durchführen
    Wir haben nicht einmal die professionellen Schutzmasken , nur den einfachen Mundschutz
    Was soll ich denn sagen
    Langsam dreht die Menschheit durch

  16. 4.

    Also ich denke das die Zahnärzte am wenigsten Jammern müssen, zumal diese am besten bezahlt werden, da wird es doch mal möglich sein ein halbes Jahr auf Notbetrieb zu arbeiten.

  17. 3.

    Die nächste Branche, die betroffen ist. Wen wundert es???

    Die Politik schaut derweil weiter auf Gesundheitsschutz, was nach wie vor wichtig ist, aber nicht das einzige Problem.

    Insbesondere sollte der Gesundheitsschutz auch würdig sein. Abgeschottete Patienten in Pflegeheimen, die dann allein sterben müssen, weil keiner zu ihnen darf. Selbst im Grundgesetz steht die Würde in § 1, das Recht auf Leben in § 2.

    Derzeit erscheint es mir jedoch fast, dass für die Risikogruppe (ältere) das Recht auf Leben zu einer Pflicht zum Leben umfunktioniert wird, damit die Maßnahmen weiter gerechtfertigt sind. Die Maßnahmen zu treffen, war sicher zunächst erstmal anbetracht der jeweils aktuellen Situation richtig. Um so wichtiger ist nun, zügiges Überdenken der Maßnahmen, um zu schauen, welche überhaupt effektiv sind oder ob man sie durch weniger Einschneidende Maßnahmen ersetzen oder ganz zurücknehmen kann.

  18. 2.

    Wissen Sie was ich Ihnen wünsche, echt dolle und schlimme Zahnschmerzen, mal sehen ob Sie dann immer noch so kommentieren.
    Die Ärzte haben im Moment eine schweren Stand nicht nur Zahnärzte. Jeder schiebt erst mal ein Arztbesuch vor sich her .

  19. 1.

    Das tut mir jetzt aber leid. In meinem Fall war es umgekehrt. Die Praxis hat MIR abgesagt, obwohl ich nur einen Kontrolltermin hatte. Sollen aufhören zu jammern.

Das könnte Sie auch interessieren