Kontaktverfolgung bei Corona - Wie sicher sind gespeicherte Daten in Restaurants?

Do 28.05.20 | 10:51 Uhr
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Ein Ober mit Gesichtsmaske bedient am 17.05.2020 Gäste in einem gut besuchten Cafe an der Spree in Berlin. (Quelle: imago images/Jochen Eckel)
Audio: Inforadio | 28.05.2020 | Jule Käppel | Bild: imago images/Jochen Eckel

Seit gut einer Woche haben Restaurants wieder geöffnet, aber wegen Corona hat sich so einiges verändert. Maske, Desinfektionsspray, laminierte Speisekarten und die Frage nach den Kontaktdaten der Gäste. Ist das sinnvoll oder eine Gefahr für den Datenschutz? Von Jule Käppel  

Über seine Stammgäste Bescheid zu wissen, bedeutet seit rund einer Woche, nicht mehr nur die Vorliebe beim Steak zu kennen, sondern "Name, Adresse, Aufenthaltszeit, Telefonnummer, Unterschrift und die Tischnummer". Das alles erfährt Kellner Ali im argentinischen Ecklokal "Doreedos" in Berlin-Steglitz.

Den Restaurants und Cafés macht diese Kontakt-Aufnahme mehr Arbeit. Die Kellnerinnen und Kellner teilen nicht nur Zettel aus, in die sich die Gäste eintragen. Die Lokale müssen die persönlichen Daten auch geschützt aufbewahren. Im "Doreedos" gibt es dafür eine Schublade unten im Kassenschrank. "Diese Kiste ist immer voll", sagt der Kellner und er versichert: "Da kommt auf gar keinen Fall jemand ran, denn die Gäste haben hier hinten nichts zu suchen und abends verschließen wir die Daten im Tresor."

Einige Eigentümer entscheiden sich dagegen

Das Steakhaus orientiert sich an der amtlichen Verordnung. Darin wird die Datenabfrage "dringlich empfohlen". Eine Vorschrift ist das nicht und deshalb hat sich ein paar Straßen weiter die Inhaberin des Cafés "Fendricks", Paulina Nicolaou, dagegen entschieden. "Wenn Leute sich einen Kaffee geholt haben und dann Name und Telefonnummer aufschreiben – das war ziemlich kompliziert zu handhaben und deswegen haben wir das gelassen. Wir wussten auch nicht, wo bringen wir die Tonnen an Ordnern unter? Wo lagere ich das? Da gab es nicht viele Infos, sodass man weiß, was man machen soll."

Nur 15 Personen hatten Fragen an die Datenschutzbeauftragte

Mit Fragen zur Datensammlung haben sich bei der Berliner Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk nur 15 Personen gemeldet. In der Abwägung zwischen dem Gesundheitsschutz der Vielen und der Datensicherheit jedes Einzelnen hält sie die Informationsabgabe für gerechtfertigt. "Allerdings muss natürlich sichergestellt sein, dass diese Daten datenschutzgerecht erhoben und aufbewahrt werden. Das ist ganz klar."

Die Grenze zieht Berlins Datenschützerin unter anderem bei folgender Handhabung: "Es ist zum Beispiel nicht zulässig, dass Listen ausgelegt werden, in denen alle Gäste ihre Adressen eintragen, sodass andere Gäste die Adressen von ihnen fremden Personen sehen und abfotografieren können." Es genügen die Namen und die Telefonnummern der Gäste, um sie im Ernstfall erreichen zu können.

Café "Fendricks" in Berlin-Steglitz (Quelle: rbb/Jule Käppel)Café "Fendricks" in Berlin-Steglitz

Kontaktinformationen müssen nach vier Wochen vernichtet werden

Die Berlinerinnen und Berliner machen unterschiedliche Erfahrungen in den Restaurants. "Ich wusste gar nicht, dass man darauf verzichten kann, aber ich finde es sinnvoll, wenn wir unsere Daten hinterlassen. Falls sich hinterher herausstellen sollte, dass hier etwas passiert ist, ist es doch gut, wenn man das nachverfolgen kann", sagt eine Besucherin nach ihrem Mittagessen. Am Nachbartisch sagt ein Gast: "Sobald es nützlich ist, nicht nur für den Staat, sondern auch für die Gastronomen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln – warum nicht? Die Wirtschaft ist wichtiger als die einzelne Person und ihre Daten."

Alle persönlichen Kontaktinformationen müssen die Gastronomen exakt vier Wochen nach dem Besuch vernichten oder löschen.

Sendung: Inforadio, 28.05.2020, 08:50 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Der Staat kann auf so viele Daten zurückgreifen wie er möchte. Ich bin vor ein paar Jahren von einer Behörde angeschrieben worden bezüglich einer Sache, mit dere ich nichts zu tun hatte (Namensgleichheit). Auf meine Frage hin woher die Dame meine Daten hätte, sagte sie: "von einem Einkauf in dem Geschäft ... anhand Ihrer Kontodaten". Hab dann aufgelegt und die Behörden informiert. Danach kam nicht mehr. Soviel dazu.

  2. 9.

    Ich halte nichts von Kontaktverfolgung oder Weitergabe an Dritte, insbesondere an Gesundheitsämter. Statt Daten sammeln wäre es sinnvoller, eine vernünftige Gesundheitsreform durchzuführen, in Form von Aufhebung der Trennung ambulant und stationär, Stärkung der Ambulanz, der Notaufnahme, der ambulanten Betreuung, des Verbots von privaten Betreibern, Gesundheit darf keine Ware sein. Daten auch nicht aber bereits unsere geliebte Kanzlerin hat verkündet, dass Daten das neue Gold sind. Ich möchte nicht, das meine Trainingszeiten gesammelt werden und ich möchte nicht, dass mein bewegungsprofil erstellt und gesammelt wird. Ich finde die Überwachung durch die Sim-Karte des Telefons schon unerträglich genug.

  3. 8.

    Ich kann Daniela nur Recht geben. Ansonsten sollte als Kontaktverfolgung auch das Namenskürzel z. Bsp. M.W. plus Handynummer genügen. Mehr wäre ich auch nicht bereit anzugeben. Im Ernstfall wird wohl das Gesundheitsamt zuerst eh anrufen. Und mit der Handynummer kann schon mehr als genug Unfug angerichtet werden.

  4. 7.

    "Kontaktinformationen müssen nach vier Wochen vernichtet werden" LOL
    Sammelkrake Deutschland hat bestimmt die alten VDS auch nicht gelöscht.

  5. 6.

    Der Inhaber des Restaurants ist nicht verantwortlich für die Echtheit der hinterlegten Daten. Es besteht keine Pflicht sich auszuweisen.

    Es geht dabei aber noch viel weiter: es geht auch um das Bankgeheimnis. Dürfen Behörden, sich Unterlagen verschaffen wenn die Gäste im Restaurant mit EC / Kreditkarte bezahlen und die hinterlegten Bestuhlungsdaten (Tischreservierung) abgleichen ?!
    Dies hätte sich selbst Orwell im Jahre 1946 beim verfassen seines Buches nicht in seinen kühnsten Träumen ausmalen können.

  6. 5.

    Adressen lassen sich gut verkaufen.... Da können sich die Wirte noch was nebenbei verdienen. Erstaunlich, dass der Datenschützer so locker bleibt. Ich finde das alles sehr fragwürdig. Erst verschärft sich das Recht auf EU Ebene, aber bei der erste Krise reicht eine Schublade, um die Daten aufzubewahren.

  7. 4.
    Antwort auf [N.P.] vom 28.05.2020 um 12:34

    Und wieder ein Mitläufer

  8. 3.

    So schnell weicht man eben die DSGVO auf... Beim Friseur bekam ich auch ein Ordner wo ich mich eintragen sollte und man hat schön all die anderen Kundendaten gesehen. Aber was man einträgt ist ja noch jedem selber überlassen...

  9. 2.

    Die Daten in Cafés und Restaurant preiszugeben ist m.E. Augenwischerei. Wieso müssen das nicht auch Supermärkte und Drogerien, Bioläden, Tankstellen, Postämter (lange Schlangen, auch drinnen!), Bibliotheken, Optiker (man muss eine Weile warten, bis man dran kommt) Bäckereien u.v,m. tun? Ich kann nicht im Laden einkaufen gehen, ohne dass ich an irgendeinem Regal mit jemandem fast kollidiere, weil der Sicherheitsabstand trotz oder wegen des Mundschutzes nicht eingehalten wird! Ich verbringe in einem Supermarkt mindestens 30 Minuten und wieviel enger man da zwangsläufig in Kontakt kommt, weiss jeder. Die Obst- und Gemüsestände z.B. stehen ja nicht plötzlich weiter auseinander, sodass man sich aus dem Weg gehen könnte, die anderen Läden bauen logischerweise auch nicht extra um, sodass es da permanent zu engen weil unvermeidbaren Kontakten kommt.
    Ich jedenfalls gehe in kein Restaurant, was meine Daten erheben möchte. Mundschutz beim Ankommen und für die Servicekräfte ok - aber ohne Daten.

  10. 1.

    Und nicht vergessen den Pin der EC Karte mit drauf zu kritzeln.

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