Corona-Auswirkungen - Flughafengesellschaft will fast jeden fünften Job streichen

Mi 22.07.20 | 14:13 Uhr
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Symbolbild: Techniker und Arbeiter sind in der Abflughalle des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg Willy-Brandt unterwegs. (Quelle: dpa/Michael Kappeler)
Bild: dpa/Michael Kappeler

Die Corona-Krise mit dem temporären Zusammenbruch des Flugverkehrs trifft die Beschäftigten der Berliner Flughäfen hart: 400 der rund 2.170 Stellen sollen in den nächsten Jahren abgebaut werden.

Nach dem beispiellosen Einbruch des Luftverkehrs in der Corona-Krise steht die Berlin-Brandenburger Flughafengesellschaft (FBB) vor dem Abbau Hunderter Arbeitsplätze. Sowohl in der Verwaltung, im Betrieb und der Operation müsse erheblich gespart werden, heißt es in einem Mitarbeiterbrief vom Mittwoch, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Gehaltsverzicht bei leitenden Angestellten

"Nach unserer Einschätzung geht es um einen Abbau von 400 Stellen in den nächsten Jahren", schreiben Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup und Personalchef Michael Halberstadt. Derzeit hat das staatliche Unternehmen rund 2.170 Stellen.

Betriebsbedingte Kündigungen sollen "unter allen Umständen" vermieden werden, heißt es in dem Brief. Die leitenden Angestellten und Geschäftsführer verzichten demnach auf zehn Prozent ihres Gehalts. Die Gespräche mit Aufsichtsrat, Gesellschaftern, Betriebsrat und der Gewerkschaft Verdi sollen nun beginnen. Die Mitarbeiter sollen bei einer Videokonferenz am Freitag ihre Fragen stellen können.

"Luftverkehr und Flughäfen stecken in schwerster Krise seit Zweiten Weltkrieg"

Viele Fluggesellschaften bauen Personal ab, darunter Easyjet. Der größte Kunde der Berliner Flughäfen will weltweit 30 Prozent seiner Arbeitsplätze streichen und Flugzeuge auch aus Berlin abziehen. Auch die Billigairline Ryanair will in der Corona-Krise in Deutschland Stellen streichen.

"Der Luftverkehr und damit auch die Flughäfen stecken in der schwersten Krise ihrer Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg", heißt es im Brief an die Berliner und Brandenburger Flughafenmitarbeiter. Derzeit gebe es in Tegel und Schönefeld 20 bis 25 Prozent der üblichen Passagiermenge. 35 Millionen Fluggäste im Jahr wie zuletzt werden erst 2023 wieder erwartet.

Mehr als 1.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit

Die Krise treffe die FBB besonders, weil die Kostensteigerungen beim Bau des BER zu hohen Schulden führten. "Durch den sehr teuren Bau des BER haben wir keinerlei finanziellen Puffer und sind auf die finanzielle Unterstützung unserer Gesellschafter angewiesen", betonte Lütke Daldrup.

Die Hälfte der rund 2.200 Mitarbeiter ist in Kurzarbeit. Diese werde trotz BER-Inbetriebnahme verlängert, hieß es. Seit März gilt ein Einstellungsstopp. So bleibt etwa die Stelle des Technikchefs unbesetzt. Die leitenden Angestellten und Geschäftsführer verzichten laut Mitarbeiterbrief auf zehn Prozent ihres Gehalts.

Finanzbedarf steht noch nicht fest

Nach dem Konzernabschluss, den die Flughafengesellschaft im Juni veröffentlichte, rechnet das Unternehmen in diesem Jahr mit einem Verlust von Hunderten Millionen Euro - eine verlässliche Schätzung sei noch nicht möglich, hieß es. Im ganzen Monat Mai beispielsweise wurden in Tegel und Schönefeld nur 52.000 Passagiere abgefertigt - so viele wie sonst an einem halben Tag.

Darüber hinaus hatte ein Bericht rbb24 Recherche enthüllt, dass die FBB die Erlöseinnahmen aus dem reinen Flugverkehr zu hoch angesetzt hat. Schon im Jahr 2021 hätte die FBB demnach 135 Millionen Euro geringere Einnahmen als prognostiziert – ohne den Corona-Effekt.

Sendung: Abendschau, 22.07.2020, 19.30 Uhr

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20 Kommentare

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  1. 20.

    Ich bin nicht traurig darüber, dass der alte "Filz" sich dann endlich mal auflöst. Hoffentlich bringen die verbleibenden jüngeren frischen Wind in das ganze. Mit diesen Altlasten hat der BER meiner Meinung nach jedenfalls keine Chance. Wenn ich mir nicht darüber im klaren wäre, dass alle gehenden sehr weich fallen werden, würde ich nicht so schreiben... nur für den Fall, dass es jetzt einen großen AUfschrei gibt

  2. 19.

    zzgl. der Läden die schon beim ersten Öffnungstermin in die Röhre guckten. Und "Verlust" ist überhaupt nicht bekannt - da man Null Umsatz hat und hatte, da fängt schon mal der Unsinn der Rechnereien schon an.

  3. 18.

    Das sehe ich genauso. Mir tun auch die Menschen leid, die in dieser Branche jetzt ihre Jobs verlieren. Es erstaunt mich jedoch immer wieder, dass Menschen einfach nicht objektiv urteilen können. Versteht ihr wirklich alle nichts von Wirtschaft? Ist doch ganz logisch, dass die Luftfahrtbranche zur Zeit Stellenabbau betreiben muss.

    Wenn 75% der Einnahmen wegfallen, kann ich doch als Unternehmen nicht alle meine Mitarbeiter behalten und weiter bezahlen. Wovon denn? Das ist einfach eine Rechenaufgabe. Ich verdiene kein Geld, also kann ich meinen Mitarbeiterstamm nicht aufrecht erhalten. Demnach muss ich leider schweren Herzens eine Anzahl an Mitarbeitern kündigen.

  4. 17.

    …mir klingt es noch in den Ohren - der BER der "Job-Motor" für die Region Berlin-Brandenburg
    Alles nur heiße Luft und Motorschaden...

  5. 16.

    „Ihre egoistische Haltung gegenüber der Wirtschaft..“... Bitte? Die Arbeitnehmer haben eine egoistische Haltung gegenüber der Wirtschaft? Meinen Sie, was Sie da schreiben?

  6. 14.

    Scheint wirklich immer noch Menschen hier zu geben die tatsächlich glauben, dass wir einen unendlichen Fundus an Geld irgendwo lagern und diese ganzen Corona Einschränkungen überhaupt keine Auswirkungen auf das weitere Leben haben werden.
    Ich denke da werden sich doch viele wundern und vielleicht mal ihre egoistische Haltung gegenüber der Wirtschaft überdenken.

  7. 13.

    Leider wird immer noch der zweite Weltkrieg zur Zeitrechnung genutzt. Pfui Flughafenmitarbeiter! Das geht anders z.B. seit 75 Jahren .

  8. 11.

    In der Diskussion über den Standort Schönefeld wurde mittlerweile jahrzehntelang (!) die "Jobmaschine", damals BBI, heute BER, gepriesen und gepredigt, besonders um die Kritiker der falschen Standortentscheidung zu entkräften.

    Wer rechnen kann, dem wird klar, dass die damalige Prognose durch die Zusammenlegung von drei Standorten auf einen "Singleairport" eher zu Entlassungen denn zu Einstellungen führen würde.

    Dank Corona kann man jetzt die Lüge der Jobmaschine kommentarlos abstreifen.

  9. 10.

    So ein Quatsch, erst zu klein, jetzt zu groß...bleiben Sie mal auf dem Teppich....
    Die Rückkehr zu Vor-Corona Fluggastzahlen werden für 2022, spätestens 2023 prognostiziert.
    Die Talsohle ist bereits durchschritten, fast alle Airports melden steigende Umsätze.

  10. 9.

    Dieser Flughafen (sollte er eröffnet werden) ist eine Totgeburt. Da müßten die Fluggastzahlen beim BER ganz schnell ansteigen und auf die nächsten 15 Jahre hoch bleiben um aus den roten Zahlen zu kommen. Was eher unwahrscheinlich ist, auch bei der Lage abseits von Berlin.

  11. 8.

    Wenn keiner mehr fliegen will, wird das Flughafenpotential weniger genutzt und kann verkleinert werden (das Angebot an Leistungen folgt der Nachfrage). So funktioniert u.a. die Marktwirtschaft.
    Keiner behält/bezahlt Arbeitskraft wenn diese nicht zum Einsatz kommt.

  12. 7.

    Ganz einfach. Die Arbeitskraft wird am ArbeitsMARKT wie jede Ware gehandelt.
    Entsprechend Angebot und Nachfrage bemisst sich der Wert = Entlohnung der Arbeitskraft.
    Wird eine Arbeit sehr dringend benötigt aber nicht nachgefragt (keiner will es machen, keiner ist qualifiziert)wird sie "wertvoller" angeboten. Der Wert/Entlohnung wird so lange gesteigert bis einer das Angebot annimmt. So in diesem Fall auch.
    Anderes Beispiel: Zu Beginn der Corona wurden dringend Pflegekräfte gebraucht. Sie waren Helden der Nation.Es sollte die Entlohnung erhöht werden um mehr für diese Arbeit zu gewinnen. Inzwischen ist der Bedarf scheinbar nicht mehr so groß, keiner redet mehr über bessere Bezahlung. Die Ware Pflegearbeitskraft wird scheinbar nicht mehr so stark nachgefragt, der Wert sinkt.

  13. 6.

    Da braucht man nichts auf Corona zu schieben. Tatsache ist, dass deutliche Einbrüche im Flugverkehr zu verzeichnen sind. Die Fluggesellschaften haben ihre Flugpläne zusammengestrichen und weniger Flüge bedeuten weniger Passagiere und somit auch weniger Einnahmen und auch weniger Arbeit. Die Konsequenz ist logischerweise Personalabbau. Das gleiche passiert auch in anderen Branchen.

  14. 5.

    "Die leitenden Angestellten und Geschäftsführer verzichten demnach auf zehn Prozent ihres Gehalts."
    Das ist im Fall von Herrn Engelbert Lütke Daldrup ja wohl eher ein Witz.
    Er verdient über 503.000,- Euro und könnte doch locker deutlich mehr abgeben und damit einige andere Arbeitsplätze sichern.

  15. 4.

    Noch nicht mitbekommen! Bei jedes, was negativ ist, geben die Verantwortlichen heutzutage Corona die Schuld! Obwohl davor schon vieles im Argen gelegen hat! Wirklich echt lustig diese billige Ausrede! Die Leidtragenden sind leider wieder die kleinen Angestellten! Sie verlieren nämlich Ihren Job! Traurig aber Wahr! Herr Daldrup braucht sich bestimmt keine Gedanken mach, wie es für Ihn weiter geht!

  16. 3.

    Die Überschrift assoziiert bei mir Willkür. Alle Mitarbeiter müssen sich eine Reihe aufstellen und fast jeder 5. muss vortreten.

  17. 2.

    Ich verstehe was nicht! Warum ist dann das Gehalt für Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup so hoch? Angeblich soll er ja mehr verdienen als Bundeskanzlerin Frau Merkel? So stand es vor einiger Zeit in verschiedenen Zeitungen!

  18. 1.

    Hat man endlich einen Sündenbock gefunden: Corona.

    Schlimm genug, dass es diese Pandemie gibt. Aber diese nun für perfide Pläne und als Grund zum Gesundstoßen herhalten zu lassen, ist an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu überbieten.

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