"Die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes sind auf absehbare Zeit unverzichtbar" - so steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von CDU, CSU und SPD. Dass dieser Satz nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 so in den Koalitionsvertrag Eingang gefunden hat, dafür soll Ulrich Freese (SPD) verantwortlich sein. Der Bundestagsabgeordnete Freese gilt als rechte Hand von Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke in allen Belangen zur Energiepolitik. Gleichzeitig sitzt Freese im Aufsichtsrat der Vattenfall GmbH und der Vattenfall-Tochterfirma für Braunkohle-Tagebaue.
Ebenfalls in die Koalitionsverhandlungen eingemischt hat sich Wolfgang Dirschauer (SPD), früherer Energiereferent der SPD-Bundestagsfraktion - mit einer Brand-E-Mail an seine Parteikollegen: "75 Prozent EEG-Strom bis 2030? Hat es da Opium geregnet?", fragt Dirschauer. Der Anteil von 75 Prozent an grünem Strom war Ziel der SPD, das jedoch später in den Verhandlungen fallen gelassen wurde. Dirschauer ist heute als Leiter des Bereiches Klimapolitik der Vattenfall Europe AG tätig.
In Brandenburg hat sich die "Wirtschaftsinitiative Lausitz e.V." gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, "den Wirtschaftsstandort Lausitz nachhaltig zu stärken". Der Verein gilt als Braunkohle-Unterstützer. Sein Vorsitzender ist Dr. Hermann Borghorst (SPD), der 2001 bis 2009 im Vorstand der Vattenfall Europe Mining GmbH saß. Borghorst fordert unter anderem ein neues Kohlekraftwerk für Jänschwald und "von der Landesregierung Brandenburg ein klares Bekenntnis zur langfristigen Zukunft der Lausitzer Braunkohleverstromung über 2050 hinaus."
"Ich kann mir die Lausitz nicht ohne Kohle vorstellen", sagt die Umweltpolitikerin Martina Gregor-Ness (SPD), die seit 1994 stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Brandenburg und zugleich umweltpolitische Sprecherin der SPD ist. Und genau wie Borghorst sitzt auch sie als Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat der Vattenfall Europe Mining AG in Cottbus.
In Vattenfalls Vorständen und Aufsichtsräten sitzen laut Greenpeace viele weitere amtierende und ehemalige Politiker, so zum Beispiel Dr. Rolf Linkohr (SPD), der bis 2004 Mitglied des Europäischen Parlaments war und heute ebenfalls im Aufsichtsrat der Vattenfall Europe Mining AG sitzt. Genauso wie Reinhardt Schultz (SPD), der bis 2009 als Abgeordneter im Deutschen Bundestag saß. Schultz gründete danach den Verein "Energiedialog 2050", der als industrienah gilt und regelmäßig Bundestagspolitiker zum "Energiepolitischen Frühstück" einlädt. Als Befürworter für Kohleenergie und die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CCS) gilt auch Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke): "Wer das energiepolitische Viereck - Preisstabilität, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Akzeptanz - beachten will, kommt an CCS und der weiteren Nutzung von Braunkohle nicht vorbei", so Christoffers.