BER-Flughafen im Stillstand - FBB-Aufsichtsrat berät über finanzielle Corona-Folgen
Leere Terminals, kaum noch Starts und Landungen: Die Corona-Pandemie hat den Betrieb am BER nahezu zum Erliegen gebracht. Die finanzielle Situation der Flughafengesellschaft spitzt sich damit weiter zu. Am Montag berät der Aufsichtsrat. Von Thomas Rautenberg
Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft FBB tagt wieder einmal im Krisenmodus. Flugreisen in den Urlaub sind im Moment passé, auch auf viele Dienstreisen wird verzichtet. Der neue Flughafen BER befindet sich nahezu im Stillstand. Viele Geschäfte, die Ende Oktober des vergangenen Jahres im Hauptterminal eröffnet hatten, sind inzwischen wieder geschlossen.
Corona-Krise letztlich schlimmer als erwartet
Die Flughafengesellschaft hatte Mitte des vergangenen Jahres mit einem Rückgang der Passagierzahlen auf durchschnittlich rund 35 Prozent gerechnet. Doch am 7. November platzte die Hoffnung: Easyjet als größte Airline am BER kündigte an, den Flugbetrieb weitgehend einzustellen. "Das war der Punkt, an dem wir merkten, dass uns Corona noch viel härter treffen wird", sagte Betriebsleiter Patrick Muller.
Inzwischen haben sich die Passagierzahlen bei mageren fünf bis zehn Prozent eingependelt. Sind vor Corona an einem durchschnittlichen Tag also etwa 100.000 Passagiere von und nach Berlin geflogen, sind es derzeit nur noch zwischen 5.000 und 10.000 Reisenden täglich.
Kosten laufen aus dem Ruder
Mit jedem Tag fährt, oder treffender gesagt fliegt die FBB ein Minus von rund einer Million Euro ein. Die Infrastruktur muss in Gang gehalten werden, ob die Leute fliegen oder nicht - und das kostet Geld. Im vergangenen Jahr hat die FBB rund 300 Millionen Euro staatliche Corona-Hilfen bekommen. Für 2021 schätzt Flughafenchef Engelbert Lütke-Daldrup den coronabedingten Finanzbedarf auf 660 Millionen Euro. Wo das Geld herkommen soll, darüber muss sich der Aufsichtsrat verständigen.
Sparpotentiale weitgehend ausgereizt
Die Flughafengesellschaft versucht, die Betriebskosten am BER zu senken. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird um etwa 500 auf künftig noch 1.700 Angestellte reduziert. Auf betriebsbedingte Kündigungen will die FBB nach Möglichkeit verzichten. Im neuen Hauptterminal wurden das Pier Süd und Pier Nord geschlossen. Das neu gebaute Billigflieger-Terminal T2 ist mit der BER-Eröffnung gar nicht erst ans Netz gegangen. In den kommenden Wochen soll auch das BER-Terminal 5, der frühere Flughafen Schönefeld Alt, eingemottet werden. "Wir sind mit den Nutzern in Gesprächen, vielleicht ist schon Ende Februar Schluss", bestätigte BER-Betriebschef Muller.
Krisensitzung statt Finanzklausur
Eigentlich wollte der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft in einer zweitägigen Klausur über die Finanzprobleme der FBB insgesamt beraten. Die Gesellschaft hat keinerlei Finanzpuffer mehr. Die Flughafeneigentümer Berlin, Brandenburg und Bund müssen in absehbarer Zeit mit weiteren Steuer-Millionen aus der Klemme helfen. Käme es möglicherweise noch zu einer so genannten Bilanzberichtigung, weil der Flughafenbau in Schönefeld die Kosten von über sechs Milliarden Euro nicht widerspiegelt, stünden die Eigentümer noch vor viel höheren Forderungen.
Der Bund als Miteigentümer der Flughafengesellschaft könnte sich offenbar vorstellen, private Investoren mit ins Boot zu holen, um die Kosten zu teilen. Berlin ist bislang dagegen. Mit Privatisierungen öffentlicher Infrastruktur hat man in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht.
Die grundsätzlichen Entscheidungen zur weiteren Flughafenfinanzierung werden Eigentümer und Aufsichtsrat zu einem späteren Zeitpunkt treffen. Am Montag wird es erst einmal darum gehen, den Betrieb an einem Flughafen ohne Passagiere aufrecht zu erhalten.
Sendung: Inforadio, 23.01.2021, 9:25 Uhr