80 Prozent Umsatzeinbußen - Berliner Großhändler Früchte Franz bangt um die Existenz
Ein Jahr Corona bedeutet für viele Unternehmer ein Jahr Überlebenskampf. Das Berliner Traditionsgeschäft Früchte Franz etwa versorgt seit 1945 Restaurants, Kitas oder Kantinen mit frischem Obst und Gemüse. Jetzt steht das Unternehmen vor der Pleite. Von Max Kell
Es fällt Thomas Franz nicht leicht, das Tor zu seinem Großlager aufzumachen. Denn er weiß, was ihn erwartet: "Sieht mal wieder traurig aus. Wir müssen uns dran gewöhnen, dass das Kühlhaus leer ist." Thomas Franz leitet das Berliner Traditionsunternehmen Früchte Franz. 1945 hat es sein Großvater gegründet. Durch Corona steht es nun kurz vor der Pleite. Denn viele Betriebe, Kantinen und Dienstleister, die Früchte Franz sonst beliefert, haben geschlossen.
Vereinzelt liefert er ein wenig frisches Gemüse an ein paar Pflegeheime. Das ist für das Unternehmen zwar nicht wirtschaftlich. Aber Franz macht es trotzdem, wegen der sozialen Verantwortung.
"Wie soll man da überleben"
Normalerweise seien die Regale gefüllt mit Waren. "Wir sind bei fünf Prozent der Ware, die wir sonst haben", sagt Franz. "Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke."
Leere Paletten stehen auf einer Fläche von 1.600 Quadratmetern - die bittere Realität der Pandemie. Und es wird von Monat zu Monat härter. Denn die Rücklagen sind mittlerweile alle aufgebraucht. "Das ist mit nichts zu vergleichen. Wir sind bei 80 Prozent Umsatzeinbußen. Wie soll man da überleben", sagt Franz. "Es hat kein Restaurant mehr auf. Wir machen viel mit Schulcaterern, Kindergärten. Wir haben ganz viele Kantinen in öffentlichen Gebäuden, das Lageso ist Kunde bei uns. Die Lufthansa ist ein großer Kunde. Man kann sich vorstellen, dass wir gar nicht wissen, wie wir über die Runden kommen sollen."
"Das ist alles weg"
Zwei seiner Konkurrenten mussten schon aufgeben. Thomas Franz hat wegen seiner 45 Mitarbeiter Angst, es nicht zu schaffen. Aber auch für ihn hätte eine Insolvenz dramatische Auswirkungen. "Wir sind keine GmbH. Ich bin voll selbsthaftend. Wenn dieses Unternehmen pleite geht, bin ich in Privatinsolvenz, und dann habe ich nichts mehr."
58 Jahre sei er nun alt. Aber was er sich in 38 Jahren Arbeitsleben mit dem Großmarkt aufgebaut habe, sei verloren. "Ich bin kein wohlhabender Mann, aber konnte ganz gut leben, das ist nun alles weg. Das macht ganz viel mit einem. Es gibt viel Kopfkino, man schläft schlecht, wird nachts fünf bis sechs Mal wach. Ich hänge ständig an irgendwelchen Quellen, um zu erfahren, wie es weitergeht".
Thomas Franz hat trotz seiner dramatischen Lage Verständnis für die Maßnahmen, auch für die Verlängerung des Lockdowns. Woran er aber fast verzweifelt, sind die staatlichen Corona-Hilfen. "Die Hilfen kommen nicht an. Der Zeitfaktor ist ein Problem." Aktuell könne er die Überbrückungshilfe III beantragen. "Seit Montag sollte das möglich sein. Am Freitag kam ein Schreiben von der IHK, es hat sich um vier Wochen verschoben."
Erfährungsgemäß ist das Geld dann erst im Mai auf seinem Konto. Bis dahin, schätzt Franz, ist er aber pleite.
Sendung: Abendschau, 20.01.2021, 19:30 Uhr
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